Newsletter

Abonnements

Restrukturierungs-News: Haba, Klingel, Allgaier

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken
Der Spielzeughersteller Haba ist seit 85 Jahren in Familienhand. Nun muss sich das Bad Rodacher Unternehmen sanieren und unterzieht sich drastischen Sparmaßnahmen. Foto: Haba Familygroup
Der Spielzeughersteller Haba ist seit 85 Jahren in Familienhand. Nun muss sich das Bad Rodacher Unternehmen sanieren und unterzieht sich drastischen Sparmaßnahmen. Foto: Haba Familygroup

Haba schließt Zukunftspakt

Die Sanierung des sich seit August in der Insolvenz befindenden Spielwarenherstellers Haba geht voran, bringt allerdings drastische Einsparungen mit sich: Das Unternehmen baut in der Eigenverwaltung von insgesamt 2.000 Stellen rund 500 ab, der Großteil davon am Firmensitz in Bad Rodach bei Coburg. Rund 1.000 Stellen bleiben am Firmensitz in Oberfranken erhalten. Zuvor gab es intensive Gespräche zwischen der Inhaberfamilie und dem Betriebsrat, wie das Unternehmen mitteilte. Die Beschäftigten sollen ein Übernahmeangebot in eine Transfergesellschaft erhalten haben.

Zum Januar trennt sich das Unternehmen zudem von seiner Produktionsstätte in Lutherstadt Eisleben, die an den Investor der Mansfeld Anlagenbau und Umwelttechnik verkauft wurde. Mit mehr als 70 Mitarbeitern übernimmt die Firma mehr als drei Viertel aller dort tätigen Arbeitnehmer. „Um die Haba Familygroup zukunftsfähig aufzustellen und das Traditionsunternehmen in Richtung seines 100. Geburtstags erfolgreich zu transformieren, waren und sind grundlegende und für alle Beteiligten überaus schmerzhaft Einschnitte nötig“, erklärt Generalbevollmächtigter Martin Mucha (Grub Brugger).

Haba hat Anfang Dezember sein Sanierungskonzept namens ‚Zukunftspakt 2023‘ gelauncht. Dieses sieht vor, das Haba-Sortiment auf hochwertige Spielwaren und Spiele zur Entwicklungsförderung von Kindern zu fokussieren. Haba Pro, bekannt für Kindergartenbedarf, will seine Marktführerschaft bei Möbeln für Kindertagesstätten und Ganztagseinrichtungen weiter ausbauen. Mithilfe des Sanierungskonzeptes und der Fokussierung der Produktpalette will das Unternehmen nach erfolgreicher Eigenverwaltung effektiver agieren.

Klingel-Marken erfolgreich verkauft

Im September gab die Klingel-Gruppe ihr endgültiges Aus ab Januar bekannt. Nun sind für die Hauptgesellschaft sowie ihre Schuhmarke Vamos doch noch Käufer gefunden worden. Ab Februar werden die bekannte Marke Klingel sowie dazugehörige Kundenadressen und Domains in den Händen von Bruno Bader liegen. Bader ist ebenfalls ein traditionelles Versandhaus mit Sitz in Pforzheim und vertreibt, wie einst Klingel, Mode, Schuhe, Schmuck, Living- und Technik-Artikel. Klingel wurde dabei von dem Pluta-Sanierungsexperten Marcus Katholing begleitet, der zuletzt auch die Geschäftsführung interimistisch innehatte. Sachwalter ist Rechtsanwalt Martin Mucha (Grub Brugger). Ende November hatte Bader bereits die Klingel-Modemarke Mona aufgekauft.

Auch die Klingel-Schuhmarke Vamos ist verkauft. Zum Februar übernimmt die Weltbild D2C Gruppe das Geschäft, um damit ihr Produktangebot gesunder Schuhe in ihre Marke Orbisana zu integrieren. Zur Angebotspalette von Vamos gehören auch Pflegeprodukte für Schuhe, Taschen, Geldbörsen, Gürtel und Handschuhe, womit Orbisana sein Engagement im Gesundheitssegment weiter vorantreiben will.

Damit ist der Ausverkauf der Klingel-Gruppe allerdings noch nicht abgeschlossen. Die Geschäftsführung soll sich bereits in Verhandlungen für den Verkauf weiterer Marken der Gruppe befinden. „Der Verkauf der einzelnen Marken ist wichtig und für uns auch eine Verpflichtung, die bestmöglichen Ergebnisse für die Gläubiger zu erzielen. Vor diesem Hintergrund freut mich die erneut erzielte Einigung“, so Katholing. Die Hauptgesellschaft der Klingel-Gruppe, K – Mail Order, ist seit Mai in der Eigenverwaltung. Im August ging darauffolgend auch das Pforzheimer Versandhaus Klingel in die Insolvenz in Eigenverwaltung.  

Allgaier Process Technology in letzter Minute verkauft

Die Prozesstechniksparte der insolventen Allgaier Gruppe hat einen neuen Eigentümer gefunden. Allgaier Process Technology und alle 160 Arbeitsplätze gingen zum Jahreswechsel an Siebtechnik, eine Tochtergesellschaft von Stafag International. Damit konnte der Betrieb unmittelbar vor Fristablauf gerettet werden, da die Transaktion aus finanziellen Gründen vor Weihnachten abgeschlossen werden musste. „Buchstäblich in letzter Minute haben wir eine Lösung für die Allgaier Process Technology erzielt. […] Die Mitarbeiter haben die Fortführung von Beginn an unterstützt und ich freue mich, dass wir alle Arbeitsplätze erhalten können“, so Insolvenzverwalter Michael Wahl (Pluta).

Seit Juni befindet sich die Allgaier Gruppe in einem Insolvenzverfahren. Der Geschäftsbetrieb wurde seither fortgeführt und sämtliche Kunden weiter beliefert, so Pluta. Zum Transaktionsvolumen gehören auch Assets der insolventen Allgaier Werke, die von Rechtsanwalt Fritz Zanker (Pluta) verwaltet werden. Nach dem Verkauf von Mogensen in Schleswig-Holstein durch Rechtsanwalt Christian Heim (Pluta) wurde die zweite Allgaier-Gesellschaft veräußert. Für Allgaier Automotive, die größte Gesellschaft der Gruppe, laufen ebenfalls Gespräche mit mehreren Interessenten. Bei dieser Gesellschaft ist Sanierungsexperte Michael Pluta (Pluta) als Insolvenzverwalter tätig. Rechtsanwalt Heinz-Joachim Hombach (Pluta) ist Verwalter der Allgaier Sachsen in Oelsnitz und führt ebenfalls Verhandlungen mit Investoren. Fritz Zanker ist Insolvenzverwalter der Holdinggesellschaft Allgaier Werke und koordiniert die Arbeit des Pluta-Teams.

Softline restrukturiert sich mit Starug

Das börsennotierte IT- und Software-Unternehmen Softline aus Leipzig hat eine finanzielle Neuausrichtung mit dem Starug-Verfahren durchgeführt. Im Rahmen dieses Restrukturierungsplans erfolgten eine Kapitalherabsetzung, gefolgt von einer Kapitalerhöhung ohne Bezugsrechte für die Altaktionäre sowie eine Umwandlung in eine GmbH. Die Zustimmung der Aktionäre gab es mit der erforderlichen 75-Prozent-Mehrheit der Abstimmungsberechtigten. Das Restrukturierungsgericht Dresden hat den Plan bereits bestätigt.

Somit wird die von dem Kanzleiteam um Georg Streit und Boris Dürr (Heuking Kühn Lüer Wojtek) beratene Softline künftig als GmbH firmieren. Sämtliche Anteile werden zukünftig vom Großaktionär Noventiq Holdings gehalten, der von einem Team um Christopher Kranz (Simmons & Simmons) rechtlich begleitet wurde. Weitere Aktionäre scheiden gegen Zahlung einer Abfindung durch Noventiq Holdings aus. Die Vergleichsrechnung im Restrukturierungsplan zeigt, dass die Aktionäre mit der Abfindung besser dastehen als im Alternativszenario ohne Restrukturierungsplan. Noventiq Holdings wird Softline außerdem mit frischer Liquidität ausstatten, um das Sanierungskonzept umzusetzen.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Die Insolvenzmeldungen aus dem Pflegesektor lassen nicht nach. Wesentliche Teile der Pflegegruppe Villa Vitalia haben Ende Dezember einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Malte Köster (Willmerköster) wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. In einem ersten Schritt soll die pflegerische Versorgung in den fünf stationären Einrichtungen der Gruppe sowie dem zur Gruppe gehörenden ambulanten Pflegedienst „Cairful“ mit neun Standorten sichergestellt werden. Aktuell laufen Pflege und Versorgung weiter. Die Gehälter der Beschäftigten sind bis einschließlich Februar 2024 über das Insolvenzgeld abgesichert. „Wir haben uns lange gegen die Branchenkrise gestemmt. Letztlich mussten wir erkennen, dass es nicht reicht. Der Schritt, die Restrukturierung der Gruppe unter dem Schutz des Insolvenzrechts fortzusetzen, ist uns schwergefallen. Aber die Zahlen sprechen nun einmal eine eindeutige Sprache“, so Wolfgang Röhr, Gründer und Vorstand von Villa Vitalia.

Auch das Insolvenzaufkommen in der Textilbranche reißt nicht ab. Die Modemarke Lieblingsstück hat einen Antrag auf Sanierung in Eigenverwaltung gestellt. Derzeit sind die Generalbevollmächtigten Detlef Specovius und Michael Böhner (Schultze & Braun) auf der Suche nach einem Investor. „Das Sanierungsverfahren in eigener Regie soll dem Unternehmen die Möglichkeit geben, an den richtigen Stellschrauben zu drehen und sich an die veränderten Marktgegebenheiten anzupassen“, so die Generalbevollmächtigten. Dafür wollen sie in den kommenden Wochen ein Sanierungskonzept erstellen, um die Schritte zu definieren, die für eine Neuaufstellung notwendig sind. Aktuell könne die Kundschaft wie gewohnt vor Ort aber auch online einkaufen.

Im Sommer ist der Anbieter von Massivhäusern, Helma Eigenheimbau, eine finanzielle Restrukturierung mit seinen Banken eingegangen. Im Dezember hat die Immobiliengesellschaft eine Einigung über ihre Sanierungsvereinbarung für „die Neuausrichtung des Unternehmens im Sanierungszeitraum bis Ende 2027“ erzielt, so das Unternehmen. Konkrete Details zu der Sanierungsvereinbarung nennt Helma aber nicht, mit Ausnahme der bereits angekündigten Kapitalerhöhung sowie eines Ausschüttungsverzichts für den Sanierungszeitraum. Darüber hinaus kündigt der Eigenheimbauer lediglich eine „Anpassung von Darlehens- und Tilgungsstrukturen der bestehenden Schuldscheindarlehen und Betriebsmittelkreditlinien, Zinsstundungsoptionen und die Prolongation von Projektfinanzierungen“ an. Helma Eigenheimbau wolle das Restrukturierungsvorhaben kurzfristig ankündigen und anschließend Details veröffentlichen.

Der Spirituosenhersteller Altenburger Destillerie aus Gera musste Ende Dezember in die Insolvenz. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Rolf Rombach (Rombach). Nach ersten Erkenntnissen hat die Altenburger Destillerie mit der generellen wirtschaftlichen Abschwächung, steigenden Energiekosten und dem nach wie vor vorhandenen Inflationsdruck zu kämpfen, so die Kanzlei. „Aufgrund der anstehenden Feiertage war die Ausgangslage äußerst herausfordernd. Dank des Zusammenspiels aller Beteiligten konnten die Lohnzahlungen für den Monat November sichergestellt werden. Nach dem Weihnachtsfest werden wir alle weiteren notwendigen Schritte einleiten, um das Unternehmen und den Geschäftsbetrieb zu stabilisieren“, teilt Insolvenzverwalter Rombach mit.

Seit Mai befindet sich der Elektroautohersteller Sono Motors in der Insolvenz. Zum Jahresende haben die Insolvenzgläubiger sowie das zuständige Gericht dem Insolvenzplan zugestimmt. Das Solartechnologieunternehmen hatte bereits im November mithilfe der Sanierer Holger Ellers, Arne Friel und Dirk Schoene (Dentons) Verträge mit dem US-Investor Yorkville Advisors unterzeichnet. Auf der Grundlage dieser Verträge hat Sono Motors Anfang Dezember einen Insolvenzplan beim Amtsgericht München eingereicht. Mit der Umsetzung des Insolvenzplans kann Sono Motors fortgeführt und weiterentwickelt werden.

Distressed-M&A-Deals

Das biopharmazeutische Unternehmen Paion und seine deutsche Tochtergesellschaft werden seit November von Insolvenzverwalter Mark Boddenberg (Eckert) im Rahmen eines Insolvenzverfahrens abgewickelt. Nun wurden Paion und Paion Deutschland an die Human Well Healthcare Gruppe verkauft. Der Verkaufserlös fließt den Insolvenzmassen der beiden Gesellschaften zu. Aktionäre der Paion Aktiengesellschaft werden dem Unternehmen zufolge voraussichtlich keine Zahlungen erhalten.

Die insolvente EnBW-Tochter BMP Greengas steht vor einer konzerninternen Übernahme. Die Gläubigerversammlung stimmt dem von EnBW vorgelegten Übernahmeangebot zu, das vorsieht, dass die Biogasaktivitäten künftig bei der VNG Handel und Betrieb konzentriert werden – einer hundertprozentigen Tochter des zu EnBW gehörenden Leipziger Gaskonzerns VNG. Damit kann die Insolvenz des Biomethanhändlers nach einem entsprechenden Beschluss des Amtsgerichts beigelegt werden. EnBW hatte im Oktober als einzige Bieterin ein verbindliches Angebot zur Finanzierung des Insolvenzplans vorgelegt. Grund für die Einleitung des Schutzschirmverfahrens im Mai waren Marktverwerfungen und der Ukraine-Krieg, die es BMP Greengas unmöglich gemacht haben sollen, die vertraglich vereinbarten Mengen an Biomethan zu liefern.

Zwei Monate nachdem der Pkw-Räderhersteller BBS in Schiltach einen Insolvenzantrag gestellt hat, hat Insolvenzverwalter Martin Mucha (Grub Brugger) Mitte Dezember einen Investor gefunden. ISH Management Services wird den gesamten Geschäftsbetrieb des Räderherstellers übernehmen. Die Käuferin mit Sitz bei Istanbul beheimatet rund 20 Tochterunternehmen aus unterschiedlichen Branchen. ISH hat zugesagt, alle Arbeitsplätze zu erhalten und darüber hinaus in den kommenden fünf Jahren in erheblichem Umfang in BBS zu investieren.

Die Kommunikationsagentur Looping Group hat einen neuen Gesellschafter: Die Isartal Health Media, ein Unternehmen der Wort & Bild Verlagsgruppe, steigt als Gesellschafterin ein. Damit ist die Zukunft der Kommunikationsagentur gesichert. Die bisherigen Gesellschafter bleiben an Bord. Ende Oktober hatte sich Orlando, die Muttergesellschaft der Looping Group, in ein vorläufiges Insolvenzverfahren begeben. In der Folge hatte der vorläufige Insolvenzverwalter Ivo-Meinert Willrodt (Pluta) mithilfe der Geschäftsführung die Geschäfte geordnet, die Kundenbeziehungen gesichert und einen systematischen Investorenprozess gestartet. Dieser Prozess konnte nun binnen zwei Monaten beendet werden. Die Assets der insolventen Orlando werden an die bereits gegründete Looping Brand Media Group übertragen. Verbindlichkeiten und Forderungen verbleiben in der alten Orlando.

Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Dass es auch Rettungslösungen für die Modebranche gibt, zeigt aktuell der Fall Peter Hahn. Das schwäbische Bekleidungshaus hat sich seit Oktober unter einem Schutzschirm saniert. Und das trägt jetzt Früchte: In den vergangenen zwei Monaten hat Peter Hahn zusammen mit dem Beraterteam um die beiden Sanierungsbevollmächtigten Andreas Kleinschmidt und Nicolai Fischer (beide White & Case) sowie dem Sanierungsgeschäftsführer Detlef Specovius (Schultze & Braun) die Sanierungschancen ausgelotet. Das Ergebnis: Das Modehaus wird eigenständig, ohne Investor, fortgeführt, losgelöst von der bisherigen Gruppe des Trismo-Konzerns und mit rund 400 Mitarbeitenden weniger. 600 Mitarbeitende verbleiben in der neuen Struktur. „Unser Ziel ist es, dass das Unternehmen im späten Frühjahr 2024 strukturell und finanziell gestärkt das Schutzschirmverfahren wieder verlassen kann“, so Fischer.

Eine zügige Rettung gibt es auch für das Modehaus Aachener. TEH Textilhandel, welches das Modehaus Aachener und zwei Outlets betreibt, hatte Anfang Dezember Insolvenz angemeldet. In kürzester Zeit haben der Restrukturierungsexperte Oliver Nobel (Görg) und der vorläufige Insolvenzverwalter Christoph Schulte-Kaubrügger (White & Case) die sieben Modehäuser und zwei Outlets stabilisieren und ordnungsgemäß fortsetzen können. Zudem wurden zwischenzeitlich in Coburg und Cottbus neue Filialen eröffnet. Weitere Geschäftseröffnungen in Leverkusen und Nürnberg sind aktuell in Vorbereitung. „Die Mitarbeiter sind kompetent und motiviert, die Geschäfte laufen gut und wir erwarten in den nächsten Monaten positive Ergebnisse“, lautet die aktuelle Zwischenbilanz von Schulte-Kaubrügger.

Whitefield Investment soll als Mehrheitsaktionär den Münchner Immobilieninvestor Omega liquidieren, berichten mehrere Anleger-Fachmedien. Erst im Oktober hat der Immobilieninvestor seine sechswöchige Restrukturierung abgeschlossen. Doch wegen unerwartet komplexer Gegebenheiten und signifikanten Defiziten in der Dokumentation verschiedener Vorgänge soll Omega nun liquidiert werden. Eine „außerordentlich undurchsichtige Kreditwirtschaft“, „verwehrte Jahresabschlüsse für 2022“ und „fragwürdige Transaktionsverträge durch den Voreigentümer“ wurden in den Berichten angeführt.

Weitere Restrukturierungen und Branchen-News

Die Insolvenzantragspflicht greift ab 2024 wieder in vollem Umfang. Das heißt, die Lockerungen beim Insolvenzgrund der Überschuldung sind zum Jahresende ersatzlos ausgelaufen. Ab Januar müssen Geschäftsleiter einen Finanzierungsnachweis über zwölf Monate erbringen. „Wenn klar ist, dass ein Unternehmen für die kommenden zwölf Monate nicht durchfinanziert ist, müssen Geschäftsleiter innerhalb der gesetzlichen Frist einen Insolvenzantrag stellen – gerade auch, um sich vor einer möglichen persönlichen Haftung zu schützen“, sagt Jürgen Erbe, Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht bei Schultze & Braun. Darüber hinaus müssen sie notwendige Restrukturierungen oder Sanierungen rechtzeitig angehen, wenn noch finanzielle Reserven vorhanden sind.

Die Höchstfrist für einen Insolvenzantrag wegen Überschuldung umfasst ab Januar 2024 wieder sechs Wochen. Unternehmen können während dieser Zeit eine außerinsolvenzliche Sanierung – zum Beispiel auf Basis eines nachvollziehbaren und belastbaren Restrukturierungsplans – angehen, auch wenn sie für die kommenden zwölf Monate nicht durchfinanziert sind. „Für Geschäftsleiter ist aber wichtig, dass sie die Frist nicht ausschöpfen, wenn bereits während der sechswöchigen Frist feststeht, dass die Überschuldung mit der außerinsolvenzlichen Sanierung aller Voraussicht nach nicht beseitigt werden kann“, so Erbe.

Der Chef-Sanierer des Fußball-Zweitligisten Hertha BSC, Tim Kauermann, hat seine Tätigkeit frühzeitig beendet. Das ehemalige Mitglied des Präsidiums des Fußball-Zweitligisten hört zum Jahresende auf eigenen Wunsch auf. Das teilten die Berliner ohne Angabe von weiteren Gründen mit. Er wolle „jeden Einzelnen bestärken, den notwendigen Weg der Restrukturierung weiterzugehen“, wurde Kauermann in einer Pressemitteilung zitiert. Er hatte die Aufgabe im August übernommen und dafür seinen Posten im Präsidium niedergelegt. Ursprünglich wollte Kauermann ein Jahr lang an der ökonomischen Restrukturierung des finanziell angeschlagenen Traditionsvereins arbeiten. Das Sanierungsgremium wird weiterarbeiten, die Aufgaben Kauermanns wurden auf andere Mitglieder verteilt, hieß es von der Hertha.

Alles zum Thema

Signa-Krise

Die Signa Holding, das Firmenimperium von René Benko, bröckelt. Speziell das Immobiliengeschäft steht unter Druck. Wie gefährlich ist die Lage?

Die neuesten Restrukturierer-Personalien

Der europäische Dachverband nationaler Insolvenzverwaltervereinigungen EIP (European Insolvency Practitioners Association) hat ihren Präsidenten, Ivo-Meinert Willrodt, in seinem Amt bestätigt. Seit Anfang 2022 ist er Präsident und wurde erneut einstimmig gewählt, um die Geschicke der EIP in den kommenden zwei Jahre zu leiten. Der Rechtsanwalt ist bereits seit 2018 im Präsidium des EIP vertreten. Dazu ist Willrodt Managing Partner der Kanzlei Pluta. Er konstatiert als wichtigstes Ziel seiner kommenden Amtszeit „die Harmonisierung des Insolvenzrechts in Europa weiter voranzutreiben und die Umsetzung der europäischen Richtlinie zu fördern“. Die EIP wurde 2016 gegründet und ist ein unabhängiger Verband mit Sitz in Brüssel. Bestehend aus rund 5.000 Einzelmitgliedern setzt sich der Verband in zwölf europäischen Ländern für die Förderung von Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren sowie für deren Effizienz ein.

Die Stuttgarter Kanzlei Menold Bezler hat ihren Bereich Sanierung, Restrukturierung & Insolvenz mit einem Partner und einer Counsel aus den eigenen Reihen gestärkt. Zum neuen Jahr wurde Clemens Mauch in die Partnerschaft bei Menold Bezler aufgenommen. Er ist insbesondere auf die steuerliche Beratung von Unternehmens- und Immobilientransaktionen sowie Umstrukturierungen spezialisiert. Zur Counsel wurde Julia Braun ernannt. Sie begleitet Unternehmen in Krisensituationen sowie von Zuliefererinsolvenzen betroffene Kunden und ist als Insolvenzverwalterin tätig.

Info

Esra Laubach ist Redakteurin bei FINANCE und widmet sich schwerpunktmäßig den Themen Transformation, Restrukturierung und Recht. Sie ist Sprach- und Kommunikationswissenschaftlerin. Vor FINANCE war sie rund fünf Jahre als Legal-Journalistin für den JUVE Verlag in Köln tätig, wo sie auch ihr journalistisches Volontariat absolvierte. Esra Laubach arbeitete während ihres Studiums multimedial u.a. für das ARD-Morgenmagazin, mehrere Zeitungen und moderierte beim Hochschulradio Kölncampus.