Unternehmen lassen sich bei herkömmlichen Aufgaben in der Finanzabteilung zunehmend von Beratungshäusern unter die Arme greifen. Deloitte, PwC und WTS berichteten in den vergangenen Wochen einhellig, dass sie in diesem Geschäftsfeld zuletzt kräftig wachsen konnten und ihr Angebot an “Managed Services” weiter ausbauen wollen. Die PwC-Studie „Managed Accounting & Reporting Services 2024“ fördert erstmals Hinweise zu den Gründen für diesen Trend zu Tage.
Für die Unternehmen ist der Mangel an hoch qualifiziertem Personal ausschlaggebend, zeigt die Untersuchung. Über drei Viertel der Betriebe aus den Branchen Industrie, Handel und Dienstleistungen gab an, dass es ihnen bereits „sehr stark“ oder „eher stark“ an Fachkräften in der Finanzabteilung mangelt; nur 3 Prozent berichteten von keinerlei Schwierigkeiten. Daraus schließt Dietmar Prümm, Mitglied der Geschäftsführung und Leiter Assurance bei PwC Deutschland, dass „Fachexpertise im Bereich Accounting und Reporting am Markt bereits heute nur noch eingeschränkt verfügbar ist“.
Der Mangel an Fachkräften trifft drei von vier Unternehmen
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Eine klare Konsequenz dieses Mangels ist auch, dass die Berichterstattung nach finanziellen und nicht-finanziellen Kriterien schlechter zu werden droht. Über 70 Prozent der Unternehmen sehen die Qualität ihrer Finanzberichte auf Grund des Fachkräftemangels „etwas“ oder „sehr“ gefährdet.
Qualifizierte Bewerbungen im Rechnungswesen gehen zurück
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In einem Punkt setzen Unternehmen derzeit noch stark auf eigene Kräfte – bei der nicht-finanziellen Berichterstattung, etwa zur Umsetzung der CSRD-Richtlinie. Nur jeder fünfte der an der Studie beteiligten 200 Betriebe beauftragt in diesem Bereich externe Dienstleister. Mirsad Grizovic, PwC-Partner und mit zuständig für die Untersuchung, führt dies auf das aktuelle, „durch die Regulatorik getriebene Vakuum“ zurück: Die CSRD sei noch nicht verabschiedet und betreffe in der ersten Welle auch nur große Unternehmen von öffentlichem Interesse. Die Untersuchung erfasse aber auch kleinere Unternehmen, die die Berichtspflichten erst im zweiten Schritt treffen. Dort habe sich deshalb noch kein Bedarf ergeben, Aufgaben an Dienstleister zu übertragen.
Personalnot in Finanzabteilungen wird sich verschärfen
In den kommenden Jahren wird der Mangel an Fachkräften in den Finanzabteilungen der Unternehmen noch zunehmen, so die PwC-Studie. Eine deutliche Mehrheit der teilnehmenden Firmen geht davon aus, dass sich die Personalnot in den kommenden Jahren verschlimmern wird. Prümm rät Unternehmen deshalb bereits heute, „sich frühzeitig auf den wachsenden Bedarf einzustellen“. Das beinhalte auch, interne Prozesse so zu organisieren, dass sich externe Dienstleister nahtlos einbauen lassen.
Der Fachkräftemangel verschärft sich in den kommenden fünf Jahren
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Grizovic räumt ein, dass die Personalengpässe in den Bereichen Finanzen und Accounting die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungshäuser ebenfalls treffen. PwC stemme sich unter anderem dagegen, indem das Unternehmen stark auf Ausbildung, Spezialisierung und Technologien setze: „Wir schaffen bei den Nachwuchskräften zunächst ein breites Fachwissen, später kommt eine hohe Spezialisierung hinzu“, erläutert der PwC-Partner: „Auch der Einsatz moderner Technologien ist ein Anreiz für die jungen Leute.“
Moderne Technologien, darunter künstliche Intelligenz, kann ein Teil der Lösung sein. PwC selbst sieht in dem Punkt Luft nach oben: „Insgesamt scheint uns die Selbstwahrnehmung der Unternehmen beim Technologieeinsatz eher etwas zu optimistisch zu sein.“ Häufig sei mit digitalen Mitteln schon weit mehr möglich, als die Unternehmen tatsächlich in der Praxis nutzen.
Nur wenige Unternehmen verzichten auf „Managed Services“
Rund ein Drittel der Unternehmen greift bereits regelmäßig oder systematisch auf externe Dienstleister zurück, um finanzielle und steuerliche Aufgaben auszulagern. 63 Prozent geben diese nur gelegentlich oder selten außer Haus. Und nur fünf Prozent verzichten darauf derzeit komplett.
Info
PwC Deutschland untersuchte erstmals das Ausmaß und die Gründe, die Unternehmen zum Einsatz externer Dienstleister in Finanzfunktionen bringen. Die Angaben stammen von 200 Betrieben aus den Sektoren Industrie, Handel und Dienstleistungen; sie kommen überwiegend auf einen Umsatz von 100 Millionen Euro und mehr. Die Angaben stammen vom Frühsommer 2024.
Darin liegt auch ein Potential, das die Beratungshäuser für sich zu nutzen versuchen. Sie haben deshalb inzwischen selbst Abteilungen für diese Dienstleistungen geschaffen, die sie ganz unterschiedlich benennen. WTS fasst sie unter „Business Partnering“ und übernimmt zum Teil ganze Steuerabteilungen. Bei Deloitte nennt sich das Geschäftsfeld „Operate“, bei PwC heißt es „Management Services“ und erstreckt sich über sämtliche Sparten der Beratung, auch die Wirtschaftsprüfung.
Daraus folgt zweierlei: Das Wachstum der Gesellschaften, die auch Wirtschaftsprüfung anbieten, ist in diesem Feld nur bei Unternehmen möglich, deren Abschlüsse sie nicht prüfen. Gleichzeitig macht es die Häuser von diesem Geschäftsfeld unabhängiger: Schwächelt das Prüfungsgeschäft, können die Dienstleistungen zu einem Ausgleich beitragen.
Raphael Arnold ist Redakteur bei FINANCE. Er studierte in Gießen und Alexandria (Ägypten) Geschichte, Geografie und Arabisch. Schon vor und während des Studiums schrieb er für verschiedene Tageszeitungen. Bei den Nürnberger Nachrichten absolvierte er ein Volontariat und arbeitete im Anschluss in deren Wirtschaftsredaktion. Danach war er über 13 Jahre für den US-Investment News Service OTR Global als Researcher und Projektmanager tätig. Beim Juve Verlag verantwortete er bis Oktober 2024 knapp acht Jahre lang die Österreich-Publikationen.