Banken blüht Disruption durch KI

Christian Sewing und Manfred Knof könnten EZB-Chefin Christine Lagarde einen Liebesbrief schreiben, wenn sie auf die Ergebnisse ihrer Institute blicken. So weit wird es wohl nicht kommen, aber speziell die Großbanken in Deutschland konnten enorm von der Zinswende profitieren. Das ist das Ergebnis der neuesten Banken-Studie von Bain & Co., die die Unternehmensberatung bereits zum neunten Mal aufgelegt hat. Spannend ist dabei, dass es eine „größere Spreizung zwischen Spitzenreitern und schwächeren Banken gibt“, sagt Bains Deutschlandchef Walter Sinn. Die Rentabilität der deutschen Banken sei im Untersuchungszeitraum 2022 gegenüber dem Vorjahr auf 3,8 Prozent angestiegen, so die Studie. Speziell die Großbanken profitierten nun davon, dass sie wie etwa die Commerzbank in den vergangenen Jahren große Sparanstrengungen und eine „tiefgreifende Transformation“ unternommen haben. Die Cost-Income-Ratio lag nach der Bewertung von Bain bei 67 Prozent und damit „unter der Schallmauer von 70 Prozent“, betont Sinn. Das zeigt: Die deutschen Banken kommen voran. Im internationalen Vergleich sei der Wert von 3,8 Prozent aber nicht gut, meint Sinn, denn viele Banken verdienten ihre Kapitalkosten nicht. Die Kapitalkosten taxierte er zwischen 7 und 9 Prozent. Top-US-Banken erwirtschaften hingegen zweistellige Renditen. Etwas mehr als die Hälfte (53 Prozent) der knapp 1.380 in Deutschland tätigen Kreditinstitute musste sich allerdings auch im Jahr der Zinswende mit einer Rendite von weniger als 2 Prozent begnügen. CFOs und Treasurer fragen Kredite und Hedging nach Dazu zählten aber nicht die Großbanken. Ihnen halfen der Studie zufolge besonders die hohen Kreditvolumina, die sie 2022 ausgereicht haben. Unternehmen hatten in Reaktion auf Lieferengpässe und den Ukraine-Krieg vor allem kurzfristige Kredite benötigt. Auch KfW-Sonderprogramme und die Stützung der Energiekonzerne trugen zu einer hohen Nachfrage bei. Großbanken wie Deutsche und Commerzbank konnten zudem auf ein besseres Handelsergebnis pochen. Speziell Zins- und Währungssicherungen waren bei CFOs und Treasurern in Zeiten ansteigender Zinsen begehrt. Hiervon profitierten auch die Landesbanken, die sich in den vergangenen Jahren stärker konzentriert haben, statt wie früher einen Bauchladen an Produkten mit sich herumzutragen. Speziell BayernLB, LBBW und Helaba hatten sich zuletzt deutlich auf Geschäfte wie das Zinsmanagement oder den Zahlungsverkehr fokussiert – und Nichtkerngeschäft abgegeben. Info Banking dramatisch im Wandel Wie aktiv die Banken bei Kostensenkungen waren, zeigen langfristige Betrachtungen. So seien in den vergangenen Jahren fast 60 Prozent der Filialen geschlossen worden, allein 1.300 im Jahr 2022. Die Corona-Pandemie und eine zunehmend Online-affine Klientel hat dazu beigetragen. In den vergangenen 20 Jahren habe sich die Zahl der Beschäftigten „sehr materiell“ (Walter Sinn) um 30 Prozent reduziert. Es gibt eine schleichende weitere Konsolidierung im Markt. Vor allem die Zahl der Sparkessen und Volks- und Raiffeisenbanken hat sich in den vergangenen 20 Jahren halbiert. Genossen und Autobanken als Verlierer Allerdings gibt es laut Bain nicht nur Gewinner. Als Verlierer sieht die Bain-Studie die einst so profitablen Autobanken sowie die Genossenschaftsbanken, besonders deren Spitzeninstitut DZ Bank. Ihnen sei es beispielsweise weniger gelungen, die Verwaltungskosten zu senken und von steigenden Zinsen zu profitieren. Bei den Autobanken dürften die Corona-bedingten Lieferengpässe von Neuwagen eine Rolle gespielt haben. Die Banken hatten zudem mit Gegenwind zu kämpfen. So sei das Bewertungsergebnis stark getrübt gewesen. Abschreibungen mussten etwa auf festverzinsliche Wertpapiere vorgenommen werden. „Die Kehrseite des sonst positiven Zinseffekts“, so Sinn. Nicht zuletzt die Kursverluste auf sonst sicher geglaubte US-Staatsanleihen hatte in Kombination mit einem Bank-Run zum Kollaps der Silicon Valley Bank im Frühjahr 2023 geführt. Die galoppierende Inflation hatte zudem steigende Löhne zur Folge, die wiederum die Verwaltungskosten steigerten. Weniger Filialen, mehr Online-Banking Wenn Banken erfolgreich bleiben wollen, dürfen sie sich nicht ausruhen. „Nur wer entschlossen handelt, kann seine Rendite steigern“, erklärt Sinn. „Es bahnt sich eine Zweiteilung des Markts an. Proaktive Banken setzen sich von der Konkurrenz ab.“ Der Bain-Studie zufolge hat sich die Kluft zwischen den renditestärksten und -schwächsten Instituten binnen eines Jahres nahezu verdoppelt. Die Berater von Bain sehen aber durchaus Geschäftschancen, speziell im Bereich ESG. „Durch Transition Finance sehen wir ein zusätzliches Ertragspotential im Firmenkundengeschäft“, sagt Bain. Die Dekarbonisierung zum Klimaschutz werde die nächsten zehn Jahre das Geschäft bestimmen. Aber auch KI ist im Banking allgegenwärtig. Mit ChatGPT von Open AI, mit denen Bain eine strategische Partnerschaft hat, gab es laut Sinn einen „iPhone-Moment“ im Frühjahr. „KI ist im Mainstream angekommen“, sagt Sinn. „Wir erwarten im Firmenkundengeschäft eine hohe Effizienzsteigerung“. Dabei denkt Bains Deutschlandchef aber nicht nur an generative KI, sondern auch an klassisches Machine Learning. Hier sei mit Disruption zu rechnen: Wer nicht darauf setze, dürfte zu den Verlierern gehören.

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