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Berenberg verlegt Corporate-Finance-Geschäft nach London

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Überraschender Move: Berenberg zieht das komplette Corporate-Finance-Geschäft nach London. Foto: William - stock.adobe.com
Überraschender Move: Berenberg zieht das komplette Corporate-Finance-Geschäft nach London. Foto: William - stock.adobe.com

Überraschung bei Berenberg: Die Hamburger Privatbank baut ihr europäisches Corporate-Finance-Geschäft um und geht dabei gegen den allgemeinen Brexit-Trend. So soll das Geschäft künftig aus London heraus gesteuert werden, wie Fabian de Smet, Leiter des Investmentbankings für Kontinentaleuropa, gegenüber FINANCE bestätigt. „Wir werden die Corporate-Finance-Einheit für Kontinentaleuropa nach London verlegen.“ Zuerst hatte Bloomberg darüber berichtet.

Bislang hatte Berenberg das Corporate-Finance-Geschäft auf Frankfurt, Paris und Brüssel und Stockholm verteilt und in diesem vornehmlich Small-Caps betreut. Zuletzt hatten die Hamburger jedoch verstärkt den Mid-Cap-Bereich in ihren Fokus gerückt. Für diese Unternehmen ist der bisherige lokale Ansatz der Bank jedoch weniger von Bedeutung, heißt es.

Berenberg setzt auf sektororientierten Ansatz

Das dürfte auch dazu geführt haben, dass Berenberg nun seine Ausrichtung im Corporate-Finance-Geschäft anpasst. Dabei bewege die Bank sich von einem „generalistischen lokalen Ansatz hin zu einem sektororientierten zentralisierten Ansatz“, so de Smet. So setzt Berenberg in Sachen Corporate-Finance vor allem auf die fünf Sektoren Tech, Consumer, Industrials, Healthcare und Real Estate, für die es in London künftig eigene Expertenteams eben soll.

Damit richtet sich die Privatbank nach eigener Auskunft stärker an den Bedürfnissen der Kunden aus, wie de Smet betont. „Für diese ist unsere Sektorkompetenz wichtiger als die lokale Nähe“, ist er überzeugt. Denn wie die Privatbank selbst, die im vergangenen Jahr mit 125 Transaktionen (2020: 65) ein Rekordjahr hingelegt hat, seien auch viele ihrer Kunden in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen, was sich auch auf die Anforderungen im Bereich Corporate Finance auswirke.

Mit der Entscheidung für London als Sitz der neuen Expertenteams will die Bank auch von Synergien profitieren, heißt es. Schon jetzt ist die britische Hauptstadt der Hauptsitz der Investment-Banking-Einheit, dort sitzen auch Berenbergs 125 Research-Analysten. Da mache es nur Sinn, auch die Banker dort zusammenzuziehen, erläutert der Investmentbanker. So sollen auch einige Banker von den übrigen Standorten in Europa an die Themse wechseln und das dortige Corporate-Finance-Team von aktuell 10 auf 20 bis 25 Mitarbeiter verstärken. Insgesamt bleibe die Mitarbeiterzahl in diesem Segment jedoch unverändert, heißt es.

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ECM-Geschäft von Berenberg bleibt unberührt

Betroffenen Mitarbeitern biete die Bank den Wechsel nach London oder andere Aufgaben an ihren aktuellen Standorten an. Einige Kollegen hätten sich bereits für einen Umzug entschieden. „Offen sind vor allem noch Stellen für die Sektoren Gesundheitswesen und Finanzen“, berichtet Fabian de Smet. Den Sitz in der britischen Hauptstadt hatte Berenberg bereits im vergangenen Jahr verstärkt und die Zahl seiner Mitarbeiter dort von 430 auf 490 ausgebaut.

Damit geht Berenberg genau den umgekehrten Weg, den zahlreiche Banken im Zuge des Brexits gegangen waren. So hatten etwa die US-Banken JP Morgan und Citigroup ihr Personal in Frankfurt verstärkt und im Gegenzug Banker aus London abgezogen.

Mit der Verlagerung des Corporate-Finance-Geschäfts nach London geht die Privatbank in diesem Bereich zudem einen weiteren Schritt in Sachen Internationalisierung. Außerdem rückt der Umbau die Bank näher an den bislang wichtigsten Kapitalmarkt in Europa heran – ohne allerdings die Nähe im deutschen Markt zu verlieren, wie de Smet betont. „Die Änderungen betreffen nur unser Corporate-Finance-Geschäft, unsere Kundenbetreuer und das ECM-Geschäft bleiben vor Ort.“

thomas.holzamer[at]finance-magazin.de

Thomas Holzamer ist Redakteur bei FINANCE sowie Chef vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Banken-Sektor, speziell das Firmenkundengeschäft. Er hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Thomas Holzamer mehr als 12 Jahre in den Redaktionen der Mediengruppe Offenbach-Post, zunächst als verantwortlicher Redakteur für Sonderpublikationen, später im Lokalen.