Deutsche Bank: Titelverteidigung mit Schönheitsfehlern

Der FINANCE-Banken-Survey 2024 weist ein Novum auf: Es gibt diesmal einen Titelverteidiger! Lieferten sich in den vergangenen Jahren Commerzbank und Deutsche Bank jeweils ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Titel der führenden Bank im deutschen Firmenkundengeschäft mit stets wechselndem Ausgang, konnten die „Blauen“ im aktuellen Banken-Survey den Titel nicht nur verteidigen, sondern den Vorsprung auf die zweitplatzierte Commerzbank gehörig ausbauen. 63 Prozent der Befragten sehen die Deutsche Bank als führende Firmenkundenbank an. Satte 9 Prozentpunkte liegt sie damit vor der Commerzbank. Im Vorjahr trennte lediglich 1 Prozentpunkt die beiden Frankfurter Rivalen; 2022 betrug der Unterschied 5 Prozentpunkte. Deutsche Bank mit konstanten Zustimmungswerten Die Deutsche Bank vergrößerte ihren Vorsprung jedoch nicht aufgrund eigener Stärke, sondern vor allem wegen des deutlich schlechteren Abschneidens der Commerzbank. Der aktuell in einer Übernahmeschlacht verstrickte Mitbewerber sackte in der Gunst der befragten CFOs und Treasurer um 10 Prozentpunkte ab. Derweil verlor die Deutsche Bank, der selbst immer wieder Übernahmeambitionen nachgesagt werden und die vielleicht doch noch als weißer Ritter auftreten wird, um zu verhindern, dass ein ebenbürtiger oder gar größerer Konkurrent im Firmenkundengeschäft heranwächst, nur 2 Prozentpunkte. Empfohlener externer Inhalt An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Datawrapper, der von der Redaktion empfohlen wird. Sie können den Inhalt mit einem Klick aktivieren. Inhalt entsperren Immer entsperren Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte von Datawrapper angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu erfahren Sie bei Datawrapper und unserer Datenschutzerklärung. Nichtsdestotrotz fällt der diesjährige Sieg der Deutschen Bank deutlich aus. Denn neben dem Gesamtsieg konnte sie sich auch als verbreitetste Hausbank bei den Corporates platzieren. Mehr als sechs von zehn Finanzentscheidern zählen die Deutsche Bank zu ihren Kernbanken – damit konnte sie die Commerzbank ablösen, die 2022 am häufigsten als Hausbank genannt wurde. In den Produktsegmenten sehen die Befragten das Geldhaus in sechs und damit in mehr als die Hälfte aller Kategorien als führend an. Besonders viel Zustimmung erfährt die Deutsche Bank bei den Unternehmen jenseits der 1-Milliarde-Euro-Umsatz-Schwelle. Hier halten sieben von zehn Finanzentscheidern die „Blauen“ für führend im Firmenkundengeschäft; im Hausbanken-Ranking ist der Zuspruch sogar noch etwas größer. Diese Kundengruppe hat die Deutsche Bank seit ihrem 2019 begonnenen Umbau der Unternehmensbank besonders in den Fokus genommen, wie deren Europa-Chef Jan-Philipp Gillmann Anfang des Jahres im Interview mit FINANCE nochmals betonte: „Unser Fokus muss darauf liegen, unsere 700 Kolleginnen und Kollegen, die in Deutschland den gehobenen Mittelstand betreuen, in die Lage zu versetzen, unseren Kunden alles anbieten zu können, was wir im Portfolio haben: unsere starken Produkte, auch in den privaten Bereich hinein, und unsere globale Präsenz.“ Deutsche Bank führend im Cash Management Diese Strategie scheint sich nun auszuzahlen. So konnte die Deutsche Bank die Commerzbank als führende Bank im Cash Management ablösen. Lediglich in der Kundengruppe mit einem Umsatz zwischen 250 Millionen bis 1 Milliarde Euro mussten die „Blauen“ den „Gelben“ den Vortritt lassen. Im Gegensatz zur Commerzbank gelang es der Deutschen Bank aber, ihren Stimmenanteil konstant zu halten. Alles zum Thema Inside Corporate Banking Schauen Sie mit uns auf das Schachbrett des Corporate Banking:Wie bewerten die wichtigsten Kunden ihre Banken? Welche Institute führen mit ihrer Strategie das Ranking an? Jede Woche neue Insights – von Juli bis Oktober. Mehr lesen Ebenfalls an der Spitze konnte sich das Bankhaus in der Kategorie „Beste Handels- und Exportfinanzierung“ positionieren, auch wenn es an dieser Stelle an Zustimmung verlor. Überraschenderweise waren es hier die Unternehmen mit einem Umsatz bis 250 Millionen Euro, die den „Blauen“ halfen, sich vor der Commerzbank zu halten. Jeder zweite Finanzentscheider dieser Umsatzgruppe sieht die Deutsche Bank als führenden Handels- und Exportfinanzierer an. Deutsche Bank mit Top-Dealmakern Gewohnt gut lief es für das an der Frankfurter Taunusanlage residierende Geldhaus in den Sparten des Investmentbankings. In der M&A-Beratung eroberte die Deutsche Bank den Spitzenplatz von JP Morgan zurück und platzierte sich vor den US-Geldhäusern Goldman Sachs, Morgan Stanley und dem ehemaligen Spitzenreiter. Dass das globale M&A-Geschäft der „Blauen“, das zuletzt von Berthold Fürst und Bruce Evans nur interimistisch geführt wurde, seit Jahresbeginn wieder fest von einer Person – der ehemaligen Citigroup-Bankerin Alison Harding-Jones – geleitet wird, dürfte dabei sicher nicht geschadet haben. Auch nicht, dass Deutschlands größte Privatbank neben Fürst mit Johannes Hermanns einen weiteren Top-Dealmaker in ihren Reihen weiß, der im vergangenen Jahr unter anderem bei Schaefflers Übernahme von Vitesco beteiligt war. Mehr zum Thema Top-Dealmaker Johannes Hermanns: Der Zwischentondeuter Johannes Hermanns von der Deutschen Bank zählt zu Deutschlands Top-Dealmakern. Sein Erfolgsrezept: Aus den Zwischentönen den Kundenwunsch herausfiltern. Mehr lesen Jeweils den Spitzenplatz räumten Deutschlands Finanzentscheider dem Bankhaus zudem im Eigen- und Fremdkapitalgeschäft ein. Auch wenn die Deutsche Bank etwa beim prestigeträchtigen Porsche-Börsengang nicht im Lead war, sahen die befragten Corporates die „Blauen“ in der Kategorie „Beste Beratung im ECM-Geschäft/Börsengängen“ als führend an und wählten sie vor Goldman Sachs und JP Morgan. Alles zum Thema FINANCE-Banken-Survey 2024 Produkte, Hausbanken und Servicelevel in unsicheren Zeiten: das große Banken-Ranking von Deutschlands Finanzentscheidern. Mehr lesen Ähnlich sieht es beim DCM-Geschäft aus, mit zwei Unterschieden: Auf dem zweiten Platz landete in dieser Kategorie keine US-Bank, sondern die Schwaben der LBBW, und der Vorsprung beträgt nicht nur 2 Prozentpunkte, sondern mit 19 Prozentpunkten mehr als doppelt so viele. Mit anderen Worten: Bei der Platzierung von Anleihen kann aus Sicht der befragten Finanzentscheider kein anderes Geldhaus der Deutschen Bank das Wasser reichen. Deutlich knapper fiel das Ergebnis in der Kategorie „Beste Beratung bei nachhaltigen Finanzierungen/ESG“ aus – einem Geschäftsfeld, von dem sich der deutsche Firmenkundenchef Gillmann „viel Ertragspotential“ erhofft. Hier mussten Nachkommastellen über den Spitzenplatz entscheiden, den sich die Deutsche Bank knapp vor der Commerzbank und Hypovereinsbank/Unicredit sicherte. Deutsche Bank hat zwei große Baustellen Doch obwohl die Deutsche Bank augenscheinlich viel richtig macht, gibt es zwei große Baustellen: die Digitalisierung und der Service. Zwar landete die Deutsche Bank bei der Frage nach dem führenden Haus bei der Digitalisierung des Firmenkundengeschäfts auf Platz 3, doch die Kritik der Survey-Teilnehmer fiel zum Teil geharnischt aus. „Ein einziges Fiasko“ sei die Integration Postbank/Deutsche Bank, urteilt ein Befragter. „Mit welcher Ignoranz den Problemen der Privat- wie Geschäftskunden von Seiten der Deutschen Bank begegnet wurde, war eine Beleidigung auch nur durchschnittlicher Kundenansprüche.“ Ein anderer schreibt: „Die Integration der Postbank in die Deutsche Bank war katastrophal.“ Jene der Dresdner in die Commerzbank sei seinerzeit hingegen „deutlich besser“ gemanagt worden. Ein Finanzentscheider beklagt „sehr viele Fehler und sehr umständliche Umsetzung“. Sein Fazit: Die Digitalisierung stecke immer noch in den Kinderschuhen. Die Schwierigkeiten mit der Postbank-Integration scheinen auch auf das Serviceempfinden abgefärbt zu haben. Bei der Bewertung des Servicelevels stürzte die Deutsche Bank regelrecht ab. Nach Rang 4 im Vorjahr, landete die Bank 2024 nur auf Platz 14. Die Bewertung liegt im Schnitt bei 6,47 Punkten auf einer Skala von 1 (sehr schwach) bis 10 (sehr stark). 2023 wurde der Servicelevel von den befragten Treasurern und CFOs noch mit 7,1 bewertet. Alles in allem fährt die Deutsche Bank trotz dieser Schönheitsfehler einen ungefährdeten Sieg im diesjährigen FINANCE Banken-Survey ein. Da Commerzbank und HVB/Unicredit sich in den nächsten Monaten mit ihrer möglichen Übernahmeschlacht selbst ein Stück weit lähmen könnten, stehen die Chancen gut, dass die „Blauen“ diesen Erfolg im nächsten Jahr wiederholen und den Three-peat einfahren können. Es wäre ein weiteres Novum in der Geschichte des FINANCE-Banken-Survey. Info Am FINANCE-Banken-Survey 2024 haben 206 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Finanzabteilungen von Unternehmen in Deutschland teilgenommen. Die Befragung fand im Mai statt. Rund ein Drittel der Teilnehmer sind CFOs, 40 Prozent Treasurer und ein Viertel Leiter Finanzen. Die meisten Befragten arbeiten für Großunternehmen: Etwa 70 Prozent kommen aus Firmen mit einem Jahresumsatz ab 250 Millionen Euro. Die detaillierten Ergebnisse des FINANCE-Banken-Survey finden Sie hier. Alle Teile unserer Serie „Inside Corporate Banking“ lesen Sie hier.

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