EU will Banken leichter abwickeln können

Ein Fall wie der, der italienischen Bank Monte dei Paschi di Siena, soll sich nach Willen der EU-Kommission und Parlament nicht mehr wiederholen. Während der Finanzkrise 2008 geriet das Bankhaus in finanzielle Schwierigkeiten, von denen es sich in den folgenden Jahren nicht erholen konnte. Im Jahr 2016 saß die Bank auf faulen Krediten in Höhe von rund 47 Milliarden Euro, während die liquiden Mittel nur noch knapp über 10 Milliarden Euro betrugen. Eine Kapitalerhöhung scheiterte. Gemäß den europäischen Regeln zur Bankenabwicklung (BRRD und SRMR) hätte das Bankhaus abgewickelt werden müssen, indem die Gläubiger an den Verlusten beteiligt werden. Doch stattdessen wurde das älteste Bankhaus der Welt mit Steuergeldern am Leben gehalten. Die dafür vorgesehenen nachrangigen Anleihen, wurden größtenteils von italienischen Kleinanlegern gehalten, die entsprechende Verluste hätten hinnehmen müssen. „Das wollte die Regierung in Rom seinerzeit politisch nicht verantworten müssen, obwohl die Bank ausreichend klein und regional gewesen wäre, die damals neuen Regeln zur Bankenabwicklung einem Praxistest zu unterziehen“, sagt Tobias Bauerfeind, Rechtsanwalt und Senior Associate im Finanzaufsichtsrecht bei Ashurst. Vor allem kleine und mittlere Banken sind betroffen Dem will die EU jetzt einen Riegel vorschieben und hat die Regeln zur Bankenabwicklung geändert. Damit sollen künftig auch kleine und mittlere Bankhäuser leichter abgewickelt werden können. Betroffen sind vor allem Bankengruppen mit Holdingstruktur. Mehr zum Thema Commerzbank schlägt Deutsche Bank im Firmenkundengeschäft Die Commerzbank ist abhängiger vom Firmenkundengeschäft als die Deutsche Bank. Aktuell hat sie aber ihre Kosten besser im Griff und performt besser als die Mitbewerberin, wie die FINANCE-Analyse zeigt. Mehr lesen Anders als etwa im deutschen Insolvenzrecht versteht die EU unter der Abwicklung einer Bank nicht die gleichmäßige Befriedung von Gläubigern, sondern die Anwendung von Maßnahmen, die negative Auswirkungen für die Finanzstabilität oder die Rettung von Finanzinstituten durch Steuergelder vermeiden sollen. Banken in der EU müssen Mindestanforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten, den sogenannten „MREL“ einhalten, damit sie theoretisch abgewickelt werden können. Begab bislang innerhalb einer Bankengruppe eine Tochter ein MREL-fähiges Instrument, das von der Mutter gezeichnet wurde, musste dieses von Eigenmitteln abgezogen werden, um die Verlustabsorptionsfähigkeit zu erhalten. Das benachteilige aber Finanzholdings, hat die EU festgestellt. Bankenholdings sollen nicht benachteiligt werden „Der Schwerpunkt der Änderungen liegt nun darin, das interne MREL auf konsolidierter Basis festlegen zu können. So soll verhindert werden, dass zwischengeschaltete Tochterunternehmen weiter verpflichtet sind, ihre internen MREL-Bestände von ihren Eigenmitteln abziehen zu müssen“, erläutert Bauerfeind. Die neuen Änderungen sollen demnach sicherstellen, dass Verluste von Unternehmen innerhalb einer Bankengruppe auf die eigentliche Abwicklungseinheit – das heißt in der Regel die Unternehmensmutter – im MREL-Rahmen übertragen werden, ohne dass es zu einer formellen Abwicklung solcher Unternehmen kommt. Mit anderen Worten: Die Muttergesellschaft soll zunächst für eine mögliche Rettung herangezogen werden. Alles zum Thema Firmenkundengeschäft Margendruck, Restrukturierungen, angriffslustige Auslandsbanken: Alles Wichtige zum harten Kampf im deutschen Firmenkundengeschäft. Mehr lesen Neu ist zudem, dass Behörden und Regierungen künftig nachweisen müssen, dass eine Abwicklung gerade nicht im öffentlichen Interesse ist, um den Anwendungsbereich von Abwicklungsmaßnahmen zu erweitern. Bislang war es umgekehrt. „Bankenabwicklung ist mehr Politik als Recht” Bauerfeind bezweifelt jedoch, ob die Änderungen wirklich den gewünschten Effekt erzielen werden. „Der rechtliche Rahmen sieht das sicherlich vor. Allerdings ist die europäische Bankenlandschaft ebenso unterschiedlich wie die jeweiligen nationalen Vorstellungen und Interessen, ob und wann eine Bank gerettet, abgewickelt oder liquidiert werden sollte“, gibt der Rechtsanwalt zu bedenken. In Deutschland gelte das allen voran für Sparkassen und Genossenschaftsbanken. „Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, Bankenabwicklung ist mehr Politik als Recht“, so Bauerfeind. Die größten Schwächen der bisherigen EU-Abwicklungs-Richtlinie BRRD (Banking Recovery and Resolution Directive) wären zwar damit ausgeräumt und es würde leichter, die Höhe der Bail-In-fähigen Mittel zu bestimmen. „Aber das ändert vermutlich nichts daran, dass es seitens der EU und ihrer Behörden grundlegend mehr Mut und Vertrauen in die eigene Regulierung bedürfte, um im Fall der Fälle die gemachten Regeln auch anzuwenden“, so Bauerfeind. Immerhin: Auf die Höhe der geforderten Eigenmittel wirken die Änderungen nur indirekt durch angepasste Abzugsregeln. Banken müssen also nicht grundsätzlich mehr Eigenmittel zurücklegen. Bauerfeind empfiehlt Finanzinstituten daher zu prüfen, inwiefern sie den konsolidierten MREL-Anforderungen entsprechen. Auch erwartet er nicht, dass die MREL-Änderungen sich negativ auf die Kreditvergabe im Firmenkundengeschäft auswirken werden.

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