Goldman-Dealmaker Prieto: Vom Netzwerkingenieur zum Netzwerker

Wenn man über einen prominenten Banker einer großen Investmentbank etwas herausfinden möchte, reicht meistens eine kurze Google-Recherche. Wie sieht der Lebenslauf aus? Welche M&A-Deals hat er begleitet? Mit wem ist er auf „Linkedin“ vernetzt? Diese und weitere Fragen lassen sich in der Regel sehr schnell beantworten. Nicht so bei Macario Prieto: Der Goldman-Sachs-Banker scheint für Google ein Buch mit sieben Siegeln zu sein. Bei „Linkedin“ existiert zwar ein Profil mit seinem Namen, aber es sieht unbenutzt aus. Und ein Foto des „Goldmanns” findet man online auch nicht (abgesehen von einem, das erst kürzlich im Rahmen der Top-Dealmaker bei FINANCE veröffentlicht wurde). Das ist ungewöhnlich, denn als Managing Director und Head of TMT in der EMEA-Region bei Goldman Sachs ist Prieto einer der wichtigsten Dealmaker – bei der Investmentbank selbst, im TMT-Sektor und vielleicht sogar grundsätzlich im (europäischen) M&A-Geschäft. Info Dieser Artikel ist der erste Teil der zweiten Staffel unserer Serie „Deutschlands Top-Dealmaker“, in der wir Ihnen die Macherinnen und Macher hinter den spannendsten Deals in der Bundesrepublik vorstellen. Seien Sie gespannt! Die Teile der ersten Staffel aus dem Jahr 2023 sowie alle künftigen Dealmaker finden Sie hier. Macario Prieto ist regelmäßig in den League Tables Stattdessen lässt Prieto lieber seine Deals für sich sprechen. Denn der Goldman-Banker taucht in zahlreichen M&A-Rankings auf, und das regelmäßig auf den Spitzenpositionen. So ergatterte der 49-Jährige im Jahr 2022 jeweils den zweiten Platz im Ranking der „Top Investment Banker DACH“ sowie der „Top 10 Telecoms & Media Banker EMEA“ von Mergerlinks. Im vergangenen Jahr war Prieto der viertbeste Telekom-Banker in dieser Kategorie sowie ebenfalls der viertbeste Investmentbanker in der EMEA-Region allgemein. In der FINANCE-Auswertung der Top-Dealmaker Deutschlands 2023 sicherte sich Prieto den ersten Platz. Und das ist nur ein kleiner Ausschnitt seiner Arbeit in den vergangenen Jahren. An die Spitze des Rankings auf DACH-Ebene 2023 katapultierte Prieto einer der größten Deals des Jahres: Die Übernahme des Festnetzgeschäfts von Telecom Italia (Netco) durch KKR für umgerechnet rund 22 Milliarden Euro. Mehr zum Thema Das sind Deutschlands Top-Dealmaker 2023 Die Unsicherheit am M&A-Markt hat die League Tables der Top-Dealmaker 2023 durchgeschüttelt. Einige alte Bekannte sind zwar wieder dabei, doch es gibt auch zwei Newcomer, zeigt das exklusive Ranking. Mehr lesen Die Transaktion, bei der Goldman Sachs als Sell-side-Berater das Management und den Vorstand von Netco beriet, ist nicht ohne: Im Vorfeld des Deals hagelte es ordentlich Kritik vom Hauptaktionär Vivendi. Das französische Medienunternehmen ist mit 24 Prozent an Telecom Italia beteiligt und hält das KKR-Gebot für zu niedrig. Doch der Verkauf ist für die Italiener von großer Bedeutung, denn sie brauchen das Geld dringend zum Schuldenabbau. KKR kauft Netco: Prietos Leuchtturm-Deal 2023 Mittlerweile befindet sich der Deal auf der Zielgeraden (das Closing soll im Sommer stattfinden), und das vermutlich auch dank des Verhandlungsgeschicks der engagierten Berater. Allerdings nicht ohne Zugeständnisse: Der italienische Staat hat sich an der Transaktion minderheitlich beteiligt, um Kontrolle über das strategisch wichtige Infrastrukturgeschäft zu behalten. Und auch der italienische Infrastrukturfonds F2i ist mit an Bord. Darüber hinaus begleitet Prieto, der – anders als seine Kollegen – kein eigenes Auto besitzt, auch das milliardenschwere Delisting von Telefónica Deutschland. Im vergangenen Jahr mischte der Goldmann zudem bei der Minderheitsbeteiligung am Telekomunternehmen Cornerstone durch den britischen Finanzinvestor Glil Infrastructure sowie bei dem Kauf des südeuropäischen Funkmastengeschäfts der United Group, hinter der der Private-Equity-Investor BC Partners steht, durch die Saudi Telecom Company mit. Macario Prieto startete als Netzwerkingenieur Dass Macario Prieto bei den größten Telekom-Deals in Europa die Fäden zieht, ist kein Zufall. Die Karriere des in Leon geborenen Spaniers, der auch die britische Staatsbürgerschaft besitzt, begann nämlich nicht wie für einen Investmentbanker üblich mit einem Studium der Wirtschaftswissenschaften oder einer vergleichbaren Ausbildung, sondern mit dem Studium des Fachs „Telecommunications Engineering“ an der Universität Politécnica in Madrid. Dieses schloss Prieto im Jahr 1998 mit einem Master of Science. „Ich habe ein tiefes Interesse und Leidenschaft für Technik und das Ingenieurswesen“ Danach arbeitete Prieto für einige Zeit als Netzwerkingenieur im Forschungs- und Entwicklungszentrum von Telefónica in Madrid, wo er kodierte und die Steuerung des Kerntelekommunikationsnetzwerks von Telefónica entwickelte. Der Banker, der leidenschaftlich gerne läuft, Ski fährt und Bergsteigen geht, kennt die Branche also so gut wie kaum ein anderer Investmentbanker. Bis heute hat Prieto „ein tiefes Interesse und Leidenschaft für Technik und das Ingenieurswesen“, wie der Banker auf Nachfrage von FINANCE sagt. Was bei seinen Mandaten sicherlich besonders gut ankommen dürfte: Der Berater kann mit ihnen nicht nur über wirtschaftliche und finanzielle Themen, sondern auch über ihre operativen Herausforderungen sprechen. Nächster Halt McKinsey Sein erster Berührungspunkt mit der Corporate-Finance-Welt war McKinsey, wo er Kunden aus dem Telekommunikationssektor beriet. Mit etwa 25 Jahren hörte Prieto das erste Mal den Namen Goldman Sachs – ein entscheidender Moment in seiner Karriere. „Ich habe meine technische Karriere mit Leidenschaft verfolgt, aber dann bin ich auf die Finanzwelt gestoßen und habe festgestellt, dass es das ist, was ich wirklich tun wollte“, öffnet sich der sonst aufmerksamkeitsscheue Banker gegenüber FINANCE. Im Jahr 2002 legte Prieto einen MBA der Sloan School of Management am Massachusetts Institute of Technology (MIT) nach. Seine erste Station direkt nach dem MBA: Goldman Sachs. „Für mich ist es ein Privileg, die Gelegenheit bekommen zu haben, bei diesem Unternehmen zu arbeiten und die Mentoren gehabt zu haben, die mich beruflich begleitet haben“, sagt der Investmentbanker heute. „Als ich auf die Finanzwelt gestoßen bin, habe ich festgestellt, dass es das ist, was ich wirklich tun wollte“ Der Bulge-Bracket-Bank hält er nach wie vor die Treue, und seine Loyalität wurde belohnt: 2010 stieg Prieto zum Managing Director auf, sechs Jahre später wurde er in die Partnerriege gehoben. Heute ist der dreifache Familienvater einer von vier Partnern bei Goldman Sachs in Deutschland und Österreich – neben CEO Wolfgang Fink, Tobias Köster und Alexander Mayer. Goldman Sachs muss sich in München behaupten Das Thema Ortswechsel zieht sich indes durch Prietos beruflichen Werdegang. Ursprünglich war der Goldmann in London stationiert. Aus der britischen Hauptstadt heraus steuerte er Goldmans wichtigste Telekom-Deals in Europa. Insgesamt hat der 49-Jährige bis heute rund 90 M&A-Transaktionen für Goldman Sachs eingefädelt. Im Jahr 2021 musste Prieto schließlich beruflich nach Frankfurt umziehen – mutmaßlich wegen des Brexits, in dessen Folge Goldman Sachs ganze Teams in andere europäische Städte auslagerte. Der Umzug an den Main sollte aber nicht der letzte bleiben. Ende 2022 gab Goldman Sachs als erste der großen Investmentbanken bekannt, eine Niederlassung in München eröffnen zu wollen, und Prieto und sein TMT-Team mussten gemeinsam mit Partner Tobias Köster in die bayerische Landeshauptstadt umziehen. Das Ziel: Man will näher an die Dax-Konzerne, Tech-Start-ups, aber auch an die Finanzinvestoren rücken, die neben Frankfurt vor allem in München ansässig sind. Mehr zum Thema Goldman Sachs will Niederlassung in München eröffnen Münchens Nobeladresse bekommt neue Mieter: Rund 50 Goldman-Sachs-Banker werden an der Maximilianstraße ein neues Büro beziehen. Die Amerikaner geben damit mehr Gas in Deutschland. Mehr lesen Seit März dieses Jahres ist Prieto nun schon vor Ort – und muss sich dort gegen den Wettbewerb behaupten. Denn auch Morgan Stanley will demnächst eine Präsenz in München aufbauen, ebenso die Investmentbank PJT. Das Financial Advisory von Lazard hat bereits eine Dependance in der süddeutschen Hauptstadt. Und Häuser wie Perella Weinberg sind ohnehin schon seit 2019 an der Isar ansässig. Kann Goldman den M&A-Nachwuchs an sich binden? Eine weitere Herausforderung: Nachwuchstalente für den neuen Standort zu gewinnen. „Aus dem europäischen Ausland betrachtet, ist München sicherlich attraktiv. Aber wenn man seine Karriere im Banking beginnt, fühlen sich viele Kolleginnen und Kollegen in Frankfurt schnell zu Hause“, bringt es Goldmans Deutschlandchef Wolfgang Fink gegenüber Reuters auf den Punkt. Wie schwierig das Recruiting im Süden tatsächlich werden könnte, darauf deuten Online-Forendiskussionen unter Studenten und Uni-Absolventen hin. „Von dem, was ich so gehört habe, möchte niemand aus dem Frankfurter Office nach München“, lästert dort etwa ein Forenteilnehmer anlässlich der Eröffnung des Münchener Büros. „Die schieben dort wohl hauptsächlich ‚New Hires‘ oder ‚Low Performer‘, die nicht widersprechen können, hin“, vermutet er weiter. Goldman Sachs will auch in München rekrutieren Aber es gibt auch Gegenstimmen in den Foren: „In München wird signifikant Substanz aufgebaut. Das ist nicht nur etwas Herumgeplänkel mit ‚Relationship Coverage‘ für ‚Low Performer‘.“ Goldman Sachs betont auf Nachfrage von FINANCE die Vorteile des bayerischen Standorts: „Wir gehen in München mit einer bereichsübergreifenden Aufstellung an den Start. Das Team von rund 30 Bankern wollen wir im Laufe der Zeit schrittweise ausbauen. Dies beinhaltet auch Neueinstellungen vor Ort.“ Goldman Sachs sei sehr attraktiv für junge Talente und „wir erwarten großes Interesse an unserem neuen Büro“, auch weil München eine „pulsierende Stadt“ sei, die „viel zu bieten“ habe. So oder so: Will Goldman Sachs in München Fuß fassen, muss sich die Investmentbank ohnehin mit dem Nachwuchs auseinandersetzen. Schließlich ist sie dort nicht die einzige prominente Adresse. In der bayerischen Landeshauptstadt ist also nicht nur Prietos Sektorexpertise gefragt – dass er über diese verfügt, muss er wohl keinem mehr beweisen. Vielmehr muss der Top-Dealmaker nun auch als Netzwerker brillieren, um die Mandantschaft, aber auch den Nachwuchs für Goldman Sachs zu begeistern.

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