Womit Private Debt aktuell zu kämpfen hat

Private Debt hat aufregende Jahre hinter sich. Einst als Nischenprodukt mit einem schlechten Ruf gestartet („Schattenbanken“), haben es die alternativen Kreditgeber in den zurückliegenden Jahren geschafft, sich zu einem Standardfinanzierungsinstrument von Private-Equity-Fonds hochzuarbeiten. Noch vor wenigen Monaten machten Debt-Fonds über 60, zeitweise sogar nahezu 70 Prozent des gesamten Leveraged-Finance-Marktes in Deutschland aus. Die Banken wurden immer mehr in die Ecke gedrängt, vor allem, weil sie risikoreichere Investments gar nicht erst eingehen konnten. In einigen Fällen sprangen Private-Debt-Fonds auch bei liegengebliebenen Underwritings von Banken ein – zu teils aggressiven Konditionen. Doch mittlerweile ist die Party-Stimmung bei den Kreditfonds vorbei. Das hat einerseits mit dem Kapitalmarkt zu tun, der seit einigen Monaten wieder leichter zugänglich ist, auch für mittelklassige Unternehmen. Doch auch die LBO-Banken regen sich langsam wieder. Der Marktanteil von Debt-Fonds und Banken im LBO-Geschäft ist wieder nahezu paritätisch, lediglich mit einem leichten Vorteil für die Kreditfonds. Können die Debt-Fonds diesen Vorsprung auch im Jahr 2024 weiter halten? „Cherry Picking“-Zeit für Private Debt ist vorbei „Debt-Fonds werden 2024 wieder vermehrt zum Zuge kommen“, so die Meinung von Thomas Weitkamp, Partner bei Latham & Watkins. Der Rechtsanwalt rechnet wieder mit einem anziehenden M&A-Markt sowie steigendem Refinanzierungsbedarf – beides Punkte, die Private Debt erst einmal grundsätzlich in die Karten spielen. Ein Private-Debt-Manager, mit dem FINANCE gesprochen hat, ist für die kommenden Monate ebenfalls verhalten positiv gestimmt: „Debt-Fonds schauen zurzeit auch bei Plain-Vanilla-Deals ganz genau hin, doch der Markt ist aktiv. Gleiches gilt für den Special-Situations-Bereich. Hier bekommen wir seit dem zweiten Halbjahr 2023 deutlich mehr Anfragen.“ Mehr zum Thema Private Equity im Krisenmodus Der mittelständische Private-Equity-Markt ist 2023 erneut stark eingebrochen. Einige sprechen hinter vorgehaltener Hand gar von einer handfesten Branchenkrise. Wie kommt Private Equity da wieder heraus? Mehr lesen Ein zweiter Blick verrät: Ganz so einfach ist die Lage am Private-Debt-Markt nicht. Zunächst wäre da das Thema Wettbewerb. Der Kapitalmarkt beginnt sich gerade wieder zu öffnen, wodurch High-Yield-Bonds und Leveraged Loans wieder zu einer echten Alternative für nicht-geratete Unternehmen mit Finanzierungsbedarf werden. Auch die Banken legen wieder mehr Deal-Appetit an den Tag. Zudem haben in den vergangenen Monaten immer mehr Private-Debt-Player aus dem Ausland in Deutschland ihre Zelte aufgeschlagen. „Die Cherry-Picking-Zeit ist vorbei“, fasst es ein Marktteilnehmer zusammen, mit dem FINANCE gesprochen hat. Und auch Rechtsanwalt Weitkamp glaubt, dass „das Wiederauftauen der Kapitalmärkte Private Debt unter Druck setzen könnte“. Refinanzierungen setzen Private Debt unter Druck Der anziehende Wettbewerb ist jedoch nicht die einzige Herausforderung für die Branche. Das Verhalten der Kreditfonds in den zurückliegenden Boom-Jahren könnte ihnen außerdem noch zum Verhängnis werden. „Wir haben einige Fonds gesehen, die zuletzt äußerst aggressiv unterwegs waren“, hat ein Finanzierungsexperte beobachtet, der anonym bleiben möchte, um offen sprechen zu können. „Die zum Teil sehr teuren Finanzierungen dürften nun nach und nach durch solche mit günstigeren Konditionen abgelöst werden.“ Was zunächst Rückzahlungen in Ausschau stellt, hat jedoch auch eine Kehrseite. Denn erstens dürften die Limited Partners wenig begeistert sein, ihr Geld früher als geplant zurückzubekommen, schließlich bedeutet das, dass sie ihr Kapital neu allokieren und angesichts attraktiverer Alternativen gegebenenfalls ihre Anlagestrategie überdenken müssen. Und zweitens ist fraglich, wie gut es Private Debt gelingt, die Cashbacks in dem wettbewerbsintensiven Umfeld erneut anzulegen. Debt-Fonds können sich Ausfälle nicht leisten Auswirkungen wird dies nicht nur auf die Management Fees haben, sondern auch auf die Margen für Private-Debt-Finanzierungen. Marktexperten berichten von Margen für eine Unitranche zwischen 5 und 7 Prozent – je nach Sektor, Unternehmensgröße und dem jeweiligen Asset beziehungsweise Finanzierungsanlass. Die Preise dürften in dem angespannten Wettbewerbsumfeld aber wieder sinken, was den Wettbewerb nochmals erhöhen dürfte. Und zurückrudern – etwa beim Leverage – ist für die Private-Debt-Anbieter keine Option. Schließlich haben sie ihren Investoren wiederum bestimmte Returns versprochen – und diese können sie nur mit einem gewissen Margen- und Leverage-Profil aufrechterhalten. Mehr zum Thema Warum sich Debt-Fonds jetzt warm anziehen müssen Banken warten mit smarten Lösungen auf, um im Leveraged-Finance-Geschäft langfristig bestehen zu können. Debt-Fonds wiegen sich trotz der Vorstöße in Sicherheit. Das könnte ein Fehler sein. Mehr lesen Große Probleme dürften dabei zunächst jene Fonds bekommen, die einen Ausfall im Portfolio verkraften müssen. „Wenn einem Fonds ein Deal vor die Füße fällt, ist das sehr schlecht. Dann müssen alle anderen Investments extrem gut performen, damit der Fonds seine Zielrendite noch erreicht“, sagt ein Marktexperte, der um Anonymität gebeten hat. Kommen allerdings noch weitere Ausfälle hinzu, werde es schnell existentiell – und kommt es auch noch zu einem Debt-Equity-Swap, sei fraglich, ob die Kreditfonds die Ressourcen und die Skills dazu haben, als Equity-Investor zu agieren. Mehrere Marktteilnehmer, mit denen FINANCE gesprochen hat, haben ihre Zweifel angemeldet. Um Ausfälle vorzubeugen, wird in einigen Verträgen bereits über einen zweiten Covenant – etwa eine Interest Service oder Debt Service Coverage Ratio – verhandelt. Nachrangfinanzierungen & Co.: Private Debt wird kreativ Was müssen Private-Debt-Fonds jetzt tun, um nicht noch weitere Marktanteile an die Konkurrenz zu verlieren? Sie müssen noch kreativer und flexibler werden, sind sich die meisten Marktteilnehmer einig. Und das tun sie auch: „Private Debt sucht mit viel Kreativität neue Modelle für Finanzierungsstrukturen“, so die Meinung von Latham-Anwalt Weitkamp. Schon in den vergangenen zwei, drei Jahren hat er beobachtet, dass Private-Debt-Fonds neue Wege einschlagen: „Debt Fonds gehen nun auch Minderheitskreditbeteiligungen ein, wodurch größere Darlehensvolumina durch mehrere Kreditgeber möglich sind.“ Auch Private-Debt-Clubs werden dem Rechtsanwalt zufolge vermehrt eine Rolle spielen, vor allem bei größeren Finanzierungen im oberen dreistelligen Millionen-Euro-Bereich und darüber hinaus. „Teilweise sind Debt-Fonds bereit, auf Gesellschafterebene mit dem Sponsor ins Eigenkapital zu gehen“ Dominik Spanier, Managing Director bei Lincoln International Finanzierungsberater Dominik Spanier von Lincoln International sieht noch weitere Strukturen, auf die sich immer mehr Debt-Fonds einlassen, speziell im Nachrangbereich: „Holdco-Pik-Finanzierungen und Term Loan Cs mit einer Bank zusammen kommen immer mal wieder vor. Teilweise sind Debt-Fonds auch bereit, neben einer Akquisitionsfinanzierung auch auf Gesellschafterebene mit dem Sponsor ins Eigenkapital zu gehen.“ Darüber hinaus beobachtet Spanier aber auch, dass Debt-Fonds in andere Nischen vorpreschen. „Wir sehen spezialisierte Kreditfonds, die Infrastruktur-light- beziehungsweise -nahe Investments eingehen.“ Die zu finanzierenden Unternehmen haben in der Regel einen hohen Anteil wiederkehrender Umsätze, verfügen über eine starke Preissetzungsmacht, und das teilweise kombiniert mit einer starken Asset-Base, so Spanier. „Das ermöglicht es dem Fonds, auch vor Laufzeitende regelmäßige Ausschüttungen an die LPs zu tätigen.“ Diese Strategien nennt Lincoln International „Core+ Finanzierungen“, als Beispiele führt Spanier Unternehmen aus den Bereichen Logistik und Lagerhaltung, digitale Infrastruktur oder Abfallwirtschaft an. FINANCE-TV Private-Debt-Manager Hagemann: „Wir sind nach wie vor lieferfähig“ Hat das harte Jahr 2023 Spuren bei Private Debt hinterlassen? Lars Hagemann, Head of Structured Finance bei Berenberg, sagt bei FINANCE-TV: „Ja – aber Private Debt ist nach wie vor lieferfähig.“ Mehr lesen Erste Private-Debt-Fonds kippen um Auch das Auflegen von Senior-Fonds ist eine mögliche Strategie, die Spieler wie die Allianz oder Arcos Capital aus Skandinavien fahren. Für Kreditfonds, die es nicht schaffen, sich den neuen Marktbedingungen anzupassen, wird es indes schwierig. „Es wird eine Auslese geben“, glaubt ein Debt-Fonds-Manager, der anonym bleiben möchte. Spürbar ist die angespannte Marktlage schon jetzt, wenn es um Fundraisings geht. Einige Häuser haben dem Vernehmen nach große Schwierigkeiten damit, hinreichend viel Kapital einzuwerben. Wiederum andere Anbieter sind nach FINANCE-Informationen bereits gänzlich von der hiesigen Bildfläche verschwunden. Nichtsdestotrotz: „Private Debt wird weiterhin ein wichtiger Bestandteil des deutschen Leveraged-Finance-Marktes bleiben, dafür ist das Finanzierungsinstrument zu etabliert. Letztlich wird es ein bitteres Spiel um Marktanteile werden“, glaubt ein Marktbeobachter, mit dem FINANCE gesprochen hat. Und das Jahr 2024 wird wegweisend dafür sein, wer im Leveraged-Finance-Markt Oberwasser gewinnt.

Wirecard-Ticker: Ex-Wirecard-Chef Markus Braun weiter in Haft

Bund will nach 16 Jahren raus aus der Commerzbank

CFO-News: Dr. Wolff, Hansa Rostock, TK Elevators

Wie Volkswagen aus der Sackgasse kommen will

Womit Private Debt aktuell zu kämpfen hat

Aktuelle Artikel

Wie Volkswagen aus der Sackgasse kommen will

Die Rekordjägerin: Rheinmetall-CFO Dagmar Steinert

FINANCE Daily

Weitere Inhalte zum Thema

Das Problem mit Debt-Equity-Swaps

Private-Debt-Manager Hagemann: „Wir sind nach wie vor lieferfähig“

Debt-Equity-Swaps: Kalkulierte Schlüsselübergabe

Aktuelle FINANCE Multiples

Gefragte Energiebranche

Spezialisierte Food-Anbieter hoch im Kurs

Textil- und Bekleidungsbranche aus der Mode

Nachrichten

Themen

Unternehmen

FINANCE TV

FINANCE Köpfe

FINANCE Podcast

FINANCE Magazin

Research

Multiples

Events

Newsletter

Abonnements

Mediadaten

Redaktion

Stellenmarkt

Partner

Kontakt