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Darum ist die Credit Suisse ein Problem für uns alle

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Credit Suisse im Abwärtsstrudel – das bedeutet die Krise für CFOs und Treasurer. Foto: rarrarorro - adobe.stock
Credit Suisse im Abwärtsstrudel – das bedeutet die Krise für CFOs und Treasurer. Foto: rarrarorro - adobe.stock

Wer hätte vor kurzem gedacht, dass die Credit Suisse aufgefangen werden müsste? Ja, die Bank war angeschlagen und in einem kritischem Zustand. Sie befand sich seit Jahren im Abwärtsstrudel, speziell das düstere Kapitel um die Pleite der Greensill Bank offenbarte schwere Mängel in der Corporate Governance der Bank. Zudem soll Credit Suisse wissentlich Kriminelle als Kunden akzeptiert haben. Binnen weniger Tage – nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank – nahm die Krise ihren Lauf. Am Wochenende wurde in Windelseile eine Schweizer Lösung unter Zuhilfenahme der UBS gefunden.

Man kann nun über die Details der Übernahme diskutieren – nicht existente Due Diligence, Übernahmepreis (Schnäppchen für UBS?), Rolle der Bondholder und vieles mehr. An den größeren Fragestellungen gehen diese Überlegungen jedoch vorbei: Wie geht die Bankenkrise weiter? Was droht nun in den USA? Und  warum hat die Regulierung infolge der Finanzkrise den Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und die drohende Schieflage der Credit Suisse nicht verhindern können? Hier werden sich speziell die Finanzaufsichten in der Schweiz und in den USA kritischen Fragen stellen müssen.

Folgen für CFOs und Treasurer

Für CFOs und Treasurer hat die Bankenkrise ganz akute Folgen. Auch deshalb waren Top-CFOs und Treasurer, mit denen wir in den vergangen Tagen gesprochen haben, höchst alarmiert. Viele Unternehmen sitzen auf hohen Liquiditätspolstern – als Sicherheitsmaßnahme in den derzeit ohnehin krisenhaften Zeiten. Doch wo sind diese Gelder jetzt noch gut aufgehoben? Das zu beurteilen wird eine knifflige Aufgabe sein, denn Stand jetzt kann die Rettung der Credit Suisse den Bankenmarkt nicht beruhigen. Kurse von Bankaktien- und Anleihen befinden sich im Abwärtsstrudel. Es wird nun darauf ankommen, dass Zentralbanken und Staaten die Lagen ganz schnell klären, sonst droht ein Dominoeffekt.

Im Finanzmanagement zählen weiterhin die traditionellen Werte: Kontrahentenrisiken genau messen über CDS, Aktienkurse und Ratings. Limite für jede Bank vergeben. Gelder breit streuen und nicht, wie offenbar Start-ups aus dem Silicon Valley, nur auf eine Karte setzen. Selbst viele deutsche Kämmerer tappten in die Greensill-Falle und legten bei der späteren Pleitebank Millionengelder an (eine gute Übersicht über die Vorkommnisse bietet unsere Schwesterpublikation Der Neue Kämmerer im Greensill-Ticker). Bittere Ironie des Ganzen – in den Greensill-Skandal war damals auch die Credit-Suisse involviert.

Fragen nach der Regulatorik

Konnte man den Fall der Silicon Valley Bank noch als Episode im fernen Amerika abtun, geht das bei Credit Suisse nicht mehr. Die große Frage ist: Wie kann es 15 Jahre nach der Pleite der Investmentbank Lehman wieder zu einer Bankenkrise kommen. Die kurze Antwort ist: Weil Banken erneut Risiken nicht im Griff hatten oder sie falsch gesteuert haben. Der Silicon Valley Bank wurde etwa die Fristentransformation zum Verhängnis. Die Probleme auf eine scharfe Zinswende zu schieben, wäre zu kurz gegriffen. Dass diese kommen würde, war länger abzusehen – ob für die „real Economy“ oder Finanzdienstleistungen. Die Unternehmen müssen damit umgehen können, dafür beschäftigen sie viele hochbezahlte Spezialisten.

Das Problem des Bankensektors bleibt nach wie vor, dass das Missmanagement in einem einzigen Institut zu einem Dominoeffekt und Bank Run führen kann. Und dagegen ist das Finanzsystem noch zu schlecht gewappnet, wie die Vorfälle der vergangenen Tage zeigen. Silicon Valley Bank und Credit Suisse werden zum Problem für alle – und können nicht einfach ignoriert oder abgewickelt werden. Man wird sich auch als Gesellschaft überlegen müssen, ob man sich einen so anfälligen Bankensektor leisten kann und will.

Markus Dentz ist Chefredakteur von FINANCE und der Fachzeitschrift DerTreasurer. Seine journalistischen Schwerpunktthemen sind Unternehmensfinanzierung, Restrukturierung und Treasury. Nach dem Studium und dem Volontariat beim F.A.Z.-Institut stieß Dentz zur FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH, einer Tochter der F.A.Z.-Verlagsgruppe und Herausgeberin von DerTreasurer und FINANCE. Mehrfach wurden seine Artikel aus den Bereichen Private Equity und M&A mit Journalistenpreisen ausgezeichnet.