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The War for Talents – Was CFOs jetzt tun müssen

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Der Fachkräftemangel und der damit verbundene War for Talents wird die Finanzbranche in den kommenden Jahren beschäftigen. Foto: Maksym Yemelyanov - stock.adobe.com
Der Fachkräftemangel und der damit verbundene War for Talents wird die Finanzbranche in den kommenden Jahren beschäftigen. Foto: Maksym Yemelyanov - stock.adobe.com

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und die daraus resultierende Lieferkettenproblematik, Inflation und die grundlegende Unsicherheit der Weltwirtschaft – die Liste der Herausforderungen, mit denen sich Personalverantwortliche und Unternehmensvorstände zuletzt auseinandersetzen mussten, ist lang. 

Ein anderes strukturelles Problem rückte dabei in den Hintergrund: Der Fachkräftemangel. Die Zahlen steigen laut Bundesagentur für Arbeit. Im ersten Quartal 2022 gab es 1,74 Millionen offene Stellen, im zweiten Quartal waren es bundesweit 1,93 Millionen offene Stellen. Vor Beginn der Pandemie hatte sich die Zahl der offenen Stellen zwischen 1,2 und 1,4 Millionen bewegt. 

Die Gründe, dass sich der Fachkräftemangel verschärft, sind ebenso nachvollziehbar wie schwer zu bekämpfen. Da ist einerseits der demographische Wandel und die Rentengänge der Generation Babyboomer in den kommenden Jahren. Andererseits wird aber auch die Rekrutierung von geeignetem Personal angesichts des steigenden internationalen Wettbewerbs auf dem Arbeitsmarkt erschwert.

Fachkräftemangel überschattet Inflation und Co.

Speziell in den Finanzabteilungen ist die Erkenntnis über die Wucht, mit der der „War for Talents“ einschlagen wird, unlängst gereift, wie die CFO-Insights-Studie der Stuttgarter Unternehmensberatung Horváth zeigt. Das Ergebnis: 85 Prozent der Befragten sehen in dem Fachkräftemangel „das größte mittelfristige Unternehmensrisiko“ – noch vor Inflation, Preissteigerungen sowie Lieferketten- und Wachstumsproblemen. Diese makroökonomischen Faktoren prägen zwar aktuell das Tagesgeschäft, aber der Fachkräftemangel wird „perspektivisch zum Hauptproblem“, ordnet Horváth-Partner und Studienautor Achim Wenning die Ergebnisse ein.  

Die betriebswirtschaftlichen Risiken glauben die meisten der Finanzverantwortlichen bis 2025 wieder in den Griff bekommen zu können.

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Die Prognosen für den „War for Talents“ fallen hingegen deutlich düsterer aus: Zum einen rechnen 90 Prozent der befragten CFOs mit einem Anstieg der Personalkosten – und das ohne Berücksichtigung der gestiegenen Inflation. Zum anderen sei der Nachschub an geeignetem Fachpersonal selbst ein Problem: Im Schnitt jede zehnte Stelle werde man in den Finanzabteilungen nicht besetzen können, erklärt Wenning.

Fachkräftemangel heißt nicht nur fehlendes Personal

Zwei Bereiche trifft es aus Sicht der CFOs dabei besonders hart: Das Controlling und die Bereiche Data Center/IT. Rund 73 Prozent der befragten Finanzchefs gehen davon aus, dass das Controlling am stärksten betroffen sein wird, 68 Prozent prognostizieren für den Bereich Data Center/IT die größten Personalprobleme. Das Accounting sehen hingegen nur 32 Prozent der Finanzverantwortlichen betroffen. Für die Bereiche Tax (22 Prozent), Legal (16 Prozent) und Risk Management (11 Prozent) gehen die Finanzchefs von den wenigsten Nachwuchsproblemen aus. 

Fehlende Fachkräfte stellen dabei nicht nur ein Personalproblem an sich dar. Es sind die vielen negativen Nebeneffekte, die den Unternehmen zusetzen dürften: Eine erhöhte Arbeitslast für die kleiner werdenden Finanzabteilungen erwarten 93 Prozent der von Horváth befragten CFOs. Kaum weniger als 90 Prozent befürchten mangelnde Kapazitäten für die Umsetzung von Innovationen und/oder neuen Regularien im Finanzbereich. Und 88 Prozent rechnen mit steigenden Lohnkosten.

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Was CFOs in der Finanzfachkraft von Morgen suchen

Wenn geeignetes Finanzfachpersonal ein rares Gut ist, beziehungsweise wird, stellt sich die Frage: Welche Fähigkeiten sollen Fachkräfte im Finanzwesen überhaupt mitbringen, damit das Unternehmen zukunftssicher aufgestellt ist?

Zwei Skill-Sets sind den Finanzentscheidern bei den Fachkräften von Morgen besonders wichtig: Einerseits sehen 63 Prozent der CFOs unternehmerische Fähigkeiten als besonders wichtig an, darunter Verständnis für das Geschäft, Kenntnisse im Bereich digitale und Datenstrategie sowie Umsetzungsstärke. Neben diesen Kompetenzen stehen Soft Skills noch höher im Kurs: 66 Prozent der Befragten gaben an, dass interaktive Fähigkeiten am Wichtigsten sind. Innerhalb dieses Skill-Sets bewerten 71 Prozent der Studienteilnehmer Kommunikationsstärke und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit als sehr wichtig.  

Lösungsorientiertes Arbeiten (60 Prozent) und Fähigkeiten im Bereich Konfliktmanagement (28 Prozent) werden als weitere sehr wichtige interaktive Skills gesehen. Diese Soft Skills werden angesichts kleinerer Finanzabteilungen, die voraussichtlich ein höheres Arbeitspensum bewältigen müssen, sicherlich notwendig sein.

So gewinnen CFOs begehrte Talente

Wie wollen Finanzchefs die Besten anziehen? Die deutliche Mehrheit, nämlich 70 Prozent der Teilnehmer der Horváth-Studie, wollen künftig stärker auf digitale Lösungen setzen, die Zusammenarbeit und Prozesse vereinfachen sollen. 54 Prozent planen ihre Finanzabteilungen auf organisationaler Ebene umzustrukturieren, um mit dem Problem fertig zu werden. Ebenso viele möchten flexiblere Arbeitsbedingungen wie mobiles Arbeiten und Gleit- oder Teilzeitmodelle in ihrer Organisation integrieren. Die Möglichkeit zu internen Weiterbildungen (32 Prozent) und die Zusammenarbeit mit externen Personalvermittlern (27 Prozent) gehören dagegen zu den am wenigsten befürworteten Maßnahmen im Kampf um die besten Fachkräfte.

„Ein hohes Gehalt allein wird in diesem Wettbewerb nicht ausreichen“

Achim Henning, Horváth

Insgesamt, so scheint es, wollen und müssen CFOs ihren Mitarbeitern vor allem bessere Arbeitsbedingungen bieten, wenn sie im Wettbewerb um das beste Humankapital nicht ins Hintertreffen geraten wollen.  

„Ein hohes Gehalt allein wird in diesem Wettbewerb nicht ausreichen“, mahnt Wenning. Vielmehr sieht der Finanz-Experte agile, moderne Finanzorganisationen, die es schaffen, die Arbeitslast durch interdisziplinäre Zusammenarbeit und automatisierte, digitale Prozesse auf akzeptablem Level zu halten, als deutlich attraktiver für die begehrten Fachkräfte. Eine proaktive Personalpolitik wird ein Schlüssel bei der erfolgreichen Umsetzung dieser Maßnahmen sein. Höchste Zeit, dass sich die Finanzentscheider an die Arbeit machen.