Die Rekordjägerin: Rheinmetall-CFO Dagmar Steinert

Im Februar 2022 greift Russland die Ukraine an. Kurz danach setzt Bundeskanzler Olaf Scholz ein Bundeswehr-Sondervermögen von 100 Milliarden Euro frei. Damit kommt Deutschlands Rüstungsindustrie wieder in Fahrt. Aber: Zu diesem Zeitpunkt ist beim Rüstungshersteller Rheinmetall bereits klar, der langjährige Finanzchef Helmut P. Merch wird Ende 2022 in den Ruhestand gehen. In der geschäftigsten Zeit des Unternehmens übernimmt im Januar 2023 die erfahrene Finanzerin Dagmar Steinert das Ruder. Sie ist konfrontiert mit dem akuten Handlungsbedarf der Finanzabteilung, der mit vollen Auftragsbüchern und dem größten Vermögen der Firmengeschichte einhergeht. Rheinmetall prosperiert zum Zeitpunkt des CFO-Wechsels Die 59-Jährige erbt bei Rheinmetall eine äußerst gute Geschäftslage. Mit Beginn des Angriffskrieges in der Ukraine sind die Produkte des in der Sicherheits- und Automobilbranche tätigen Unternehmens gefragt wie nie. Eineinhalb Jahre später kommt der Konflikt in Israel und dem Gaza-Streifen hinzu. Ein Rekordauftrag der Bundeswehr ist erst kürzlich aufgeschlagen: Im Juli bestellte sie für 3,5 Milliarden Euro 6.500 Lkw. Auch Nato-Staaten sind Kunden bei den Düsseldorfern, die Panzer, Militär-Lkw, Munition, Rettungsstationen oder Granaten, aber weiterhin auch Teile für die Automobilindustrie, fertigen. Ex-CFO Merch schloss das Geschäftsjahr 2022 mit einer Umsatzsteigerung von 13 Prozent auf 6,41 Milliarden Euro ab. Der operative Vorsteuergewinn (Ebit) stieg um 27 Prozent auf 754 Millionen Euro. Steinert kauft für Rheinmetall kräftig ein CFO Steinert nutzt die finanzielle Hochzeit von Rheinmetall und ergreift die Chance zur Expansion des zweitgrößten deutschen Rüstungsherstellers. Mitte August schloss Steinert den Deal mit der amerikanischen Firma Loc Performance ab. Der Fahrzeugspezialist mit einem Unternehmenswert von fast 1 Milliarde Euro soll den Düsseldorfern den Weg zu Geschäften mit dem US-Militär ebnen. Erste Aufträge hat das Unternehmen bereits im Blick. Dies ist nicht der erste Deal in diesem Jahr. Bereits im Februar sicherte sich der Rüstungshersteller 72,5 Prozent an dem rumänischen Militärfahrzeug-Hersteller Automecanica Medias. Damit wolle Rheinmetall seinen „Footprint in Zentraleuropa“ stärken und „neue, aussichtsreiche Kundenländer“ erschließen, so das Unternehmen. Damit nicht genug: Neben der Fahrzeug-Division des Konzerns hat sich Rheinmetall zuletzt auch im Bereich Munitionsherstellung verbreitert und seine Munitionsfabrik in der ungarischen Stadt Várpalota von 20 auf 150 Hektar erweitert. Im Oktober nimmt das Werk mit zusätzlichen 200 Arbeitsplätzen seinen Betrieb auf. Erst rund ein Jahr zuvor haben die Düsseldorfer den spanischen Munitionshersteller Expal Systems für rund 1,2 Milliarden Euro gekauft. Wir müssen […] immer darauf achten, nicht zu sehr in Vorleistung zu gehen. Dagmar Steinert, CFO Rheinmetall Dagmar Steinert setzt Expansion von Rheinmetall fort Unermüdlich arbeitet die Finanzchefin mit ihrem Team an der weiteren Expansion von Rheinmetall. Derzeit setzt sie finanzielle Mittel frei für ein neues Hochregallager in Neuenstadt, womit der Materialfluss optimiert werden soll. Darüber hinaus baut Rheinmetall eine Fertigungsstätte für Teile eines Kampfflugzeugs am Flughafen Weeze und errichtet ein Solarkraftwerk in Südafrika, um an diesem Standort „zukunftsträchtige Geschäftsfelder zu erschließen“, wie CEO Armin Papperger verlauten ließ. Zudem ist ein Joint Venture mit dem südafrikanischen Anlagenbauer Resonant Holdings geplant. Doch parallel dazu ist sie vor die Herausforderung gestellt, die bislang getätigten Zukäufe adäquat in den Konzern zu integrieren. Der militärische Teil des Konzerns bleibt allerdings nicht ihre einzige Wirkungsstätte. In einem Gespräch mit dem unternehmenseigenen Magazin verrät sie im Februar, dass Rheinmetall im zivilen Bereich noch Potentiale in der Profitabilität habe. „Hier sind wir nicht so sanft gebettet“, moniert die CFO. Rheinmetall verzeichnet weitere Rekordwerte Für den Zukauf von Expal Systems hatte Steinert gleich zu Beginn ihrer Amtszeit Ende Januar 2023 eine Wandelanleihe im Gesamtvolumen von 1 Milliarde Euro begeben. Das Geld sollte zudem die strategische Flexibilität für Wachstumsinitiativen sicherstellen, wie das Unternehmen damals bekannt gab. Trotz der zahlreichen Investitionen, die sich im vergangenen Jahr laut dem Unternehmen auf rund 550 Millionen Euro beliefen, reißen die positiven Umsatzergebnisse des Rüstungsherstellers nicht ab. Die neue Finanzchefin kann nicht nur positive Ergebnisse im Jahresabschluss 2023 präsentieren, sondern gleich auch mehrere Rekorde: Der Konzernumsatz stieg um 12 Prozent auf 7,18 Milliarden Euro und das Vorsteuerergebnis (Ebit) verbesserte sich erneut um 19 Prozent auf 918 Millionen Euro. Und einmal mehr kann der Konzern einen Rekordwert an Aufträgen in Höhe von 38,8 Milliarden Euro einfahren. Das ist eine 44-prozentige Steigerung zum Vorjahr. Das beschert der Rheinmetall-Aktie ihr Allzeithoch seit ihrem Börsendebüt 1990: In den vergangenen zwölf Monaten gewann die Aktie 119 Prozent an Wert, aktuell notiert sie bei über 540 Euro. Seit Steinerts Amtsantritt ist die Rheinmetall-Aktie um stattliche 167,49 Prozent gewachsen. Rheinmetall steigt in den Leitindex Dax auf Weitere Motivation für ihre zunächst dreijährige Amtszeit dürfte Steinert im März 2023 mit dem Aufstieg Rheinmetalls in den Leitindex Dax gewonnen haben. 1996 waren die Düsseldorfer Gründungsmitglied im MDax, wo sie seither gelistet waren. Und der Aufstieg trägt erste Früchte: Seither spüre die CFO ein stark gestiegenes Interesse der Banken, berichtet Steinert im Februar im unternehmenseigenen Magazin. Und für ebenjene und die Rheinmetall-Aktionäre konnte Finanzchefin Steinert im ersten Halbjahr 2024 bereits ein äußert positives Ergebnis präsentieren: In diesem Zeitraum kletterte der Konzernumsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 33 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Das Ebit ist um außergewöhnliche 91 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 404 Millionen Euro gewachsen. Neben dem Umsatzwachstum sei dafür auch der Ertrag der spanischen Akquisition verantwortlich gewesen, so Rheinmetall. CFO Steinert ist Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin Damit präsentiert sich Steinert als genau die Richtige auf dem CFO-Posten von Rheinmetall. Sie kennt den Rüstungshersteller gut. Nach sieben Jahren an der Finanzspitze des Schmierstoffherstellers Fuchs Petrolub hatte sie das Unternehmen auf eigenen Wunsch verlassen. Vor ihrer Zeit dort war sie bereits in den Jahren 2003 bis 2013 als Leiterin des Bereichs Accounting für Rheinmetall tätig. Auch deswegen wurde die neue Finanzchefin vermutlich mit offenen Armen empfangen und von Aufsichtsratschef Ulrich Grillo für ihre „exzellente Expertise und auf allen Gebieten des Finanzwesens“ und ihre „Erfahrung am Kapitalmarkt“ wertgeschätzt. Sie hat sich bereits in vielen Metiers behauptet: Als Steinert 2016 in den Vorstand von Fuchs Petrolub einzog, war sie die erste Finanzchefin in der mehr als 90-jährigen Firmengeschichte. Als Rheinmetall-CFO ist sie zudem eine der wenigen weiblichen Dax-Vorstände. Ein männerdominiertes Umfeld war Steinert bereits gewohnt. Sie startete ihre Karriere bei verschiedenen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, zuletzt bei PwC, und legte Examina zur Steuerberaterin und Wirtschaftsprüferin ab. Ihre größte Herausforderung aktuell: die Lieferfähigkeit. In besagtem Gespräch mit dem unternehmenseigenen Magazin gewährt sie Einblicke, dass besonders das Lagern von kritischen Teilen oder Materialien Finanzmittel binde und den freien Cashflow belaste: „Wir müssen […] immer darauf achten, nicht zu sehr in Vorleistung zu gehen und genug Anzahlungen von den Kunden zu bekommen, um den Finanzierungsbedarf zu begrenzen“, so Steinert. Das scheint der Finanzchefin und Rekordjägerin bislang gut zu gelingen. Denn dass Rheinmetall weiterhin positive Zahlen schreibt, ist auch ein Verdienst von Dagmar Steinert – unsere CFO des Monats.

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