Newsletter

Abonnements

Melanie Kreis: Die Cash-Queen

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
Teilen auf LinkedIn
Teilen per Mail
URL kopieren
Drucken
Wohin mit der ganzen Liquidität der Deutschen Post? Unsere CFO des Monats Melanie Kreis hat gute Verwendung dafür gefunden.
Wohin mit der ganzen Liquidität der Deutschen Post? Unsere CFO des Monats Melanie Kreis hat gute Verwendung dafür gefunden. Foto: Deutsche Post

16 Jahre hat es gedauert, bis sich die Deutsche Post wieder an einen großen M&A-Deal getraut hat: Der Dax-Konzern hat die Übernahme des Mainzer Logistikers Hillebrand angekündigt. 1,5 Milliarden Euro zahlt das Management um Finanzchefin Melanie Kreis für das Unternehmen mit weltweit 2.700 Mitarbeitern und 1,4 Milliarden Euro Umsatz – das ist das 13-fache des für 2021 erwarteten Kerngewinns.

Ein wichtiger Schritt für die Deutsche Post, die seit dem Zukauf des britischen Lagereilogistikers Exel für 5,5 Milliarden Euro im Jahr 2005 nur kleinere Spezialfirmen erworben hatte. Die Übernahme von Exel war allerdings eine harte Lektion: Damals hatte die Deutsche Post noch etliche weitere Deals zu verdauen, die Integration der vielen neuen Auslandsgesellschaften überforderte den Konzern zwischenzeitlich deutlich – hohe Abschreibungen waren die Folge.

Melanie Kreis will Exel nicht wiederholen

Auch Melanie Kreis bekam die Probleme damals hautnah mit. Finanzchefin war sie zu dem Zeitpunkt zwar noch nicht, diese Position hatte Edgar Ernst inne. Sie war damals allerdings für die Leitung internationaler M&A-Projekte zuständig und leitete nach dem Kauf der Exel-Gruppe die Integration des Zukaufs in den Konzern aus Großbritannien heraus.

Alles zum Thema

CFO des Monats

Ausgezeichnete Leistungen, mutige Entscheidungen, besonderer Spürsinn: Zwölf Mal im Jahr kürt die FINANCE-Redaktion ihren CFO des Monats.

2005 hatte sich die Post übernommen, den Zeitpunkt für den jetzigen Zukauf hat unsere CFO des Monats Melanie Kreis aber nun deutlich besser gewählt: Mit der Integration vieler Gesellschaften muss sich die Deutsche Post derzeit nicht herumschlagen, denn der Dax-Konzern hat seit 2020 keine einzige Übernahme mehr getätigt. Auch die Logik des Deals überzeugt. Hillebrand ist auf Seefrachtspedition, Transport und Logistik von Getränken sowie ungefährlichen flüssigen Gütern spezialisiert – ein Bereich, in dem die Deutsche Post noch kaum vertreten ist.

CFO Kreis bezeichnet den Deal als „einmalige Gelegenheit“, um das eigene Seefrachtgeschäft zu stärken. Diese Sparte profitiert vom anziehenden Welthandel, im ersten Halbjahr legte der Umsatz um fast 30 Prozent auf 2,8 Milliarden Euro zu, im Bereich Seefahrt sogar um 60 Prozent.

CFO Melanie Kreis war (über-)vorsichtig

Vor allem ist der Deal aber auch ein guter Verwendungszweck für das Finanzpolster der Deutschen Post, denn Finanzchefin Kreis sitzt auf einem Berg von Cash. 3,8 Milliarden Euro an Liquidität bilanzierte der Konzern zum 1. Halbjahr 2021 – den Zukauf bezahlt Kreis denn auch komplett aus der Portokasse. Ein Grund für die prall gefüllten Kasse liegt in der konservativen Finanzplanung der CFO.

Als das Geschäft der Post mit Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 zunächst ins Stocken geriet, sorgte sich Kreis um die Liquidität und sammelte über gleich drei Anleihen 2,25 Milliarden Euro ein. Und das, obwohl 2020 Anleihen und Schuldscheine im Volumen von lediglich 385 Millionen Euro zurückgezahlt werden mussten.

Doch statt der großen Krise setzte bei der Post der große Boom ein – getrieben durch eine deutlich gestiegene Nachfrage im Online-Handel während der Pandemie und den Engpässen vor allem bei der Luftfracht. Nachdem nicht nur der B2C-Handel anzog, sondern sich auch noch der Welthandel schneller erholte als erhofft, sind Containerschiffe und Flugzeuge voller denn je mit Fracht beladen. Dank der knappen Transportkapazitäten konnte die Post die Preise deutlich erhöhen.  

Deutsche Post verwöhnt Aktionäre

Die Folge: Die Deutsche Post hat dieses Jahr schon mehrfach ihre Prognosen erhöht. Im zweiten Quartal 2021 explodierte der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) auf 2,1 Milliarden Euro nach 912 Millionen Euro im Vorjahr – „das beste Ergebnis in einem Jahresviertel überhaupt“, freute sich die Finanzchefin und wies darauf hin, dass ein Gewinn in dieser Höhe vor einigen Jahren noch als gutes Ergebnis für das Gesamtjahr angesehen worden wäre.

Vor allem aber der Free Cashflow sorgt für Euphorie. Dieser lag zum 1. Halbjahr 2021 bei 2,1 Milliarden Euro, nach knapp 200 Millionen Euro im Vorjahr. Im Gesamtjahr rechnet der Konzern mit einem Free Cashflow von 3,2 Milliarden Euro, zwischen 2021 und 2023 sollen es insgesamt 9 Milliarden Euro werden.

Ungewohnte Zahlen für Aktionäre, die in der Vergangenheit vielfach kritisiert haben, dass von den eingenommenen Gewinnen des Unternehmens nicht so viel bei ihnen hängen blieb. Das ist jetzt anders, und die Post verwöhnt ihre Aktionäre auch noch mit der höchsten Dividende ihrer Unternehmensgeschichte und einem Aktienrückkauf über bis zu 1 Milliarden Euro. Entsprechend positiv hat sich die Aktie entwickelt, die mit knapp 60 Euro ein neues Allzeithoch erreicht hat.

UPS und Fedex legen stark zu

Doch auch wenn der Dax-Konzern jetzt Rekordzahlen verbucht – die Wettbewerber UPS und Fedex wachsen noch schneller. UPS hatte den einstigen Weltmarktführer schon vor ein paar Jahren überholt, bei Fedex könnte es dieses Jahr soweit sein. Daher muss CFO Kreis das Momentum nutzen, um an den Konkurrenten dran zu bleiben – der Zukauf von Hillebrand ist dabei ein erster Schritt.

Und es stehen noch weitere Herausforderungen bevor. Auch wenn das Liquiditätspolster groß erscheint – vieles ist auch schon für andere Projekte verplant. 2 Milliarden Euro hat die Deutsche Post für die Digitalisierung reserviert, und 7 Milliarden Euro will das Unternehmen bis 2030 in den Klimaschutz investieren. Gleichzeitig wird der Boom im Paket- und Expressgeschäft auf mittlere Frist wieder nachlassen. Dann wird sich die Finanzchefin nicht mehr alleine auf den hohen Cashflow aus dem operativen Geschäft verlassen können.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.