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Agieren Finanzchefinnen anders als Finanzchefs?

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Im Dax gibt es nur ganze fünf Finanzchefinnen, eine davon ist Maria Ferraro von Siemens Energy. Ist dieses Phänomen für die Investoren gut oder schlecht? Die CFO-Forschung liefert Hinweise. Foto: Siemens Energy
Im Dax gibt es nur ganze fünf Finanzchefinnen, eine davon ist Maria Ferraro von Siemens Energy. Ist dieses Phänomen für die Investoren gut oder schlecht? Die CFO-Forschung liefert Hinweise. Foto: Siemens Energy

Wissen Sie, wie viele CFO-Positionen der Dax-30-Unternehmen derzeit mit Frauen besetzt sind? Es sind mit Rachel Empey (Fresenius), Maria Ferraro (Siemens Energy), Helen Giza (Fresenius Medical), Melanie Kreis (Deutsche Post DHL) und Helene von Roeder (Vonovia) lediglich fünf.

Die anhaltende Unterrepräsentation von weiblichen Führungskräften – nicht nur in der Finanzabteilung – hat erneut den Gesetzgeber auf den Plan gerufen. Im Juni dieses Jahres hat der Bundesrat das Zweite Führungspositionen-Gesetz (Füpog II) gebilligt, das nun noch wirksamer die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in Führungspositionen regeln soll. Zentrales Element ist das sogenannte Mindestbeteiligungsgebot, wonach bei großen Aktiengesellschaften mit mehr als drei Vorstandsmitgliedern mindestens eine Position mit einer Frau besetzt werden muss.

Müssen Frauen für die Karriere wie Männer arbeiten?

Ob diese Initiative den gewünschten Erfolg bringt, bleibt abzuwarten und soll auch hier nicht weiter erörtert werden. Ich möchte vielmehr der Frage nachgehen, welche Konsequenzen sich für Unternehmen ergeben, die sich für oder gegen eine Frau als CFO entscheiden. Dieser Forschungsfrage liegt die implizite Prämisse zugrunde, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der Rollenausübung nicht nur messbar, sondern darüber hinaus auch betriebswirtschaftlich relevant sind.

Ein erster Blick in die einschlägige Literatur offenbart ein zweigeteiltes Bild. Einige Autoren vertreten die Ansicht, dass Frauen, die es in den Vorstand schaffen, wie Männer denken und handeln. Demnach wäre der Gendereffekt vernachlässigbar. Andere Wissenschaftler sehen hingegen klare Unterschiede, die auf das Geschlecht zurückgeführt werden können. In diesem Forschungsstrom werden beispielsweise Unterschiede im unmittelbaren Entscheidungsverhalten der CFOs oder auch die durch die Berufung von Frauen ausgelösten Kapitalmarktreaktionen untersucht. Und dort zeigt sich Bemerkenswertes.

Scheuen weibliche CFOs das Risiko?

Aber der Reihe nach: Inwieweit verhalten sich weibliche CFOs anders als ihre männlichen Kollegen? Studien in diesem Bereich strapazieren insbesondere zwei geschlechtsspezifische Unterschiede: ethisches Verhalten und Risikoaversion.


Unternehmen mit weiblichen CFOs tätigen weniger Zukäufe und nehmen weniger Fremdkapital auf.

Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass sich Frauen deutlich stärker als Männer an ethischen Prinzipien orientieren. Weibliche CFOs sind beispielsweise seltener in betrügerisches Verhalten wie Earnings Management und Misreporting verwickelt. Sie verfolgen auch nicht so aggressive Steuervermeidungsstrategien. Frauen – so ein weiteres Narrativ – lassen sich darüber hinaus durch eine geringere Risikoneigung charakterisieren. Es wurde gezeigt, dass Unternehmen mit weiblichen CFOs weniger Akquisitionen tätigen und weniger Fremdkapital aufnehmen. Dazu konsistente Ergebnisse finden sich in anderen Studien, die Unternehmen mit weiblichen CFOs eine konservativere Rechnungslegung und Berichterstattung attestieren.

Frauen haben ein gutes Händchen für Deals

Vor diesem Hintergrund ist interessant, wie der Kapitalmarkt initial auf die Berufung einer Frau in die CFO-Position reagiert – und zwar tendenziell negativ, wie eine Studie von Trang Doan und Mai Iskandar-Datta zu über 1.300 CFO-Berufungen in den USA zwischen 1994 und 2016 zeigt. Dies sei zumindest in den drei Handelstagen um die Verkündung zu beobachten gewesen. Bei Aktien von Wachstumsunternehmen sei die negative Reaktion besonders deutlich ausgeprägt. Auf die Berufung männlicher CFOs habe der Aktienmarkt hingegen tendenziell positiv reagiert.

Die These der Autorinnen lautet, dass dies mit Selbstüberschätzung zusammenhängt, an der Männer im Vergleich zu Frauen deutlich stärker leiden. Selbstüberschätzung wirke sich im Kontext von Wachstumsunternehmen aber eher positiv aus, da sie der chronischen Unterinvestition in diesen Unternehmen entgegenwirke, so die Forscherinnen.

Marko Reimer, WHU-Dozent und Autor der FINANCE-Kolumne zur CFO-Forschung. Foto: WHU

Indes: In einer ähnlich gelagerten Studie aus dem Jahr 2016 fanden Jiekun Huang und Darren Kisgen heraus, dass Frauen nicht nur weniger, sondern auch erfolgreichere Akquisitionen tätigen als ihre männlichen Pendants. Die Autoren sehen dies ebenfalls als Indiz dafür, dass sich Frauen nicht notwendigerweise risikoavers verhalten, sondern Männer sich eher selbst überschätzen. Und der Kapitalmarkt scheint dies im M&A-Umfeld auch zu erkennen, schließlich sind die „Deal Announcement Returns“ bei weiblichen CFOs höher als bei männlichen.

Die spannende Anschlussfrage, warum es trotz der offensichtlich positiven Effekte durch weibliche Manager nur so wenige von ihnen in Führungspositionen gibt, können die Autoren nicht abschließend beantworten. Sie spekulieren, dass Männer eventuell in anderen Bereichen – etwa Strategie oder Compliance – besser abschneiden oder dass es einfach nicht genügend geeignete Bewerberinnen für den Job gibt.

Unternehmen mit weiblichen CFOs steigern ihre Attraktivität als Arbeitgeber.

Weibliche CFOs sind Role Models

Apropos Bewerberinnen: Erlauben Sie mir noch eine letzte Anmerkung. Es wird vielfach zu Recht auf die Bedeutung von weiblichen Führungskräften als Role Models hingewiesen. Im zunehmenden Wettbewerb um talentierte Nachwuchskräfte interpretieren insbesondere Bewerberinnen Frauen im Vorstand als positives Signal für einen attraktiven Arbeitgeber.

Allerdings gilt das nicht grundsätzlich, wie die Experimente von Anja Iseke und Kerstin Pull aus dem Jahr 2019 gezeigt haben: Die Attraktivität eines potenziellen Arbeitgebers steigt in den Augen der Bewerberinnen nur dann, wenn eine Managerin eine Position bekleidet, die als nicht stereotypisch wahrgenommen wird.

Im Klartext: Unternehmen mit weiblichen CFOs steigern ihre Attraktivität als Arbeitgeber, während Unternehmen mit beispielsweise einer Personalchefin deutlich an Attraktivität einbüßen. Bewerberinnen nehmen solche Firmen sogar als noch weniger attraktiv wahr als Unternehmen mit reinen Männervorständen.

redaktion[at]finance-magazin.de

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