Die CFO-Position ist neben der des CEO die wohl wichtigste Funktion im Unternehmen. Die Managerinnen und Manager haben den Überblick über die wichtigsten Zahlen des Konzerns, helfen dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen, Risiken frühzeitig zu erkennen und vorzubeugen sowie die Liquidität zu sichern.
Die Nachfrage nach CFOs in internationalen börsennotierten Unternehmen war im vergangenen Jahr das zweite Mal in Folge auf einem Rekordniveau, wie eine Studie der Personalberatung Russell Reynolds zeigt. „Die CFOs rücken immer stärker in den Fokus“, sagt Daniela Nienstedt, Partnerin bei der Beratung. „Läuft es wirtschaftlich nicht rund und müssen Prognosen kassiert werden, werden sie stärker als in der Vergangenheit dafür in die Verantwortung genommen.“
Das sorgt für eine höhere Fluktuation auf der CFO-Position. Der Studie zufolge schieden im Jahr 2024 fünf CFOs aus dem Dax40 aus. Zum Vergleich: Auf dem CEO-Posten waren es lediglich zwei Wechsel.
Klare Definition des CFO-Mandats
Vor allem in herausfordernden Zeiten ist daher im Recruiting-Prozess für einen neuen Finanzchef oder eine Finanzchefin eine sorgfältige Prüfung der Kandidaten essenziell. „Eine Fehlbesetzung kann zu großen strategischen und finanziellen Problemen führen“, sagt Krishan Weber, Gründer und Geschäftsführer der Beratung Mana Leadership Advisory. Eine Fehlbesetzung kann Unternehmen also nicht nur teuer zu stehen kommen, sondern schlimmstenfalls sogar das Geschäft beeinflussen – und doch passieren sie.
Die Gründe dafür sind laut Marcel Derakhchan, Gründer und Geschäftsführer der Personalberatung DLA, und sein Beratungspartner Krishan Weber vielfältig. Dabei sind Fehlbesetzungen selten fachlicher Natur. „Das Zusammenspiel zwischen CFO und Unternehmen ist entscheidend“, sagt Derakhchan. „Fehlende Soft Skills oder eine unzureichende kulturelle Übereinstimmung sind oft die Hauptgründe für ein Scheitern.“
Viele Unternehmen scheitern den beiden Beratern zufolge bereits an einer klaren Definition des Mandats. „Oft passt der CFO nicht zur aktuellen Situation des Unternehmens“, sagt Derakhchan. Die Herausforderungen, denen sich das Unternehmen gegenübersieht, werden im Vorfeld oft nicht ausreichend analysiert oder ehrlich kommuniziert. Unternehmen sollten daher genau definieren: Was soll das Mandat erzielen? Welche Aufgaben soll der CFO übernehmen und welche Fähigkeiten sind dafür notwendig? Und wie sehen die Interessendynamiken im Unternehmen aus?
Oberflächlicher Auswahlprozess
„Ist ein Mandat nicht genau definiert, kann der Folgefehler entstehen, dass das Assessment im Recruiting-Prozess zu oberflächlich durchgeführt wird“, sagt Weber. Das hat ein weiteres Problem zur Folge: die unzureichende Prüfung der Kandidaten im Auswahlprozess. „Zum Beispiel werden bekannte Risiken eines Kandidaten, wie ein erhöhtes Aggressionspotential gegenüber Mitarbeitern, oftmals nicht ausreichend beachtet“, berichtet Weber. „Generell erhalten CFOs zu oft Vorschusslorbeeren, es wird schlichtweg angenommen, dass sie das Amt gut ausüben können, während bei darunter liegenden Management-Positionen tendenziell genauer auf die Fähigkeiten geschaut wird.“
Gerade auf der CFO-Position sei es jedoch entscheidend, ob der Kandidat oder die Kandidatin die erforderlichen Kompetenzen mitbringt und diese zur strategischen Ausrichtung des Unternehmens passen. Dies sollte von den Unternehmen auch überprüft werden.
Hinzu kommt, dass sich die Rolle des CFO fortlaufend verändert. Vor allem die Digitalisierung fordert neue Kompetenzen. „Es geht nun viel mehr um strategische Effizienz und Wertschöpfung“, sagt Derakhchan. „Viele CFOs haben einen Buchhalter-Hintergrund und müssen sich nun als strategische Partner im Unternehmen beweisen.“ Diese Skills sollten den beiden Beratern zufolge mehr in den Vordergrund rücken.
Eine wesentliche Rolle im Bewerbungsprozess spielt jedoch auch das Bauchgefühl. „Oftmals gehen Unternehmen mit einer Haltung ins Gespräch: Den wollen wir haben“, sagt Derakhchan. Ein Favorit steht also bereits früh fest. „Je höher die zu besetzende Position, desto mehr gleicht ein Interview eher einem netten Plausch als einer Bewerbung“, fügt Weber hinzu. Die Entscheidung sollte am Ende jedoch auf objektiv und klar herausgearbeiteten Erfolgskriterien der besten Kandidaten basieren. Dabei helfe es, eine neutrale Stimme mit ins Boot zu holen, um eine unvoreingenommene Entscheidung zu treffen.
Soft Skills in den Fokus rücken
Auf der Suche nach einem geeigneten CFO müssen Unternehmen sowohl die fachlichen als auch die persönlichen Kompetenzen eines Kandidaten differenziert bewerten. „In den Einstellungsprozessen inkludieren wir sowohl Hard Skills als auch Soft Skills und holen uns breite Referenzen und Feedback von vorherigen Arbeitgebern ein“, sagt Weber. „Beim CFO ist zum Beispiel Empathie besonders wichtig, um Kostensenkungen und harte Entscheidungen effektiv zu kommunizieren.“
Intensive Interviews und breite Referenzen helfen also dabei, ein umfassendes Profil zu erstellen und den Kandidaten schnell und effektiv ins Unternehmen zu integrieren. Dabei spiele ein strukturierter Onboarding-Prozess eine entscheidende Rolle, so Derakhchan. „Der Erfolg hängt stark davon ab, wie gut der CFO die bestehende Kultur und die strategischen Ziele des Unternehmens versteht und sich in diese integriert.“
Das Problem sei, dass Unternehmen oft nicht ehrlich sind, was die interne Dynamik betrifft. Im besten Fall lerne der potentielle CFO bereits beim Auswahlprozess das interne Team kennen, so die beiden Experten. „Wir sprechen dann sowohl mit dem Kunden als auch mit dem Kandidaten, und wenn wir merken, da gibt es einen Disconnect, kommunizieren wir das mit den Unternehmen“, sagt Derakhchan.
„Kulturelle Veränderungen, wie Unternehmensübernahmen oder neue Investoren, erfordern eine strategische Passung des CFO zur Unternehmensstrategie“, fügt Weber hinzu. „Diese Veränderungen sollten bei der Auswahl berücksichtigt werden, um Diskrepanzen zu vermeiden.“
CFO-Headhunter sind langfristige Begleiter
Um Fehlbesetzungen zu vermeiden, stehen auch Derakhchan und Weber als Berater in der Pflicht. So sollte der Headhunting-Prozess nicht nur mit dem Ziel der Besetzung enden. „Die langfristige Begleitung ist entscheidend. Es geht nicht nur darum, bis zur Einstellung einen scharfen Prozess durchzuführen, sondern auch darüber hinaus den CFO zu unterstützen, um eine erfolgreiche Integration zu gewährleisten“, sagt Weber. „Die Begleitung über die Besetzung hinaus wird oft nicht vergütet, ist aber essenziell, um Fehlbesetzungen zu vermeiden und die Performance des CFO zu steigern“, sagt Derakhchan.
Jasmin Rehne ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die Themen Controlling, Gehalt und Personal. Sie hat in Marburg Sprache und Kommunikation studiert. Neben ihrem Studium arbeitete Jasmin Rehne bereits als studentische Hilfskraft bei FINANCE.