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Frauenfrage: Deutz schasst Chef, CFO übernimmt  

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Sebastian C. Schulte ersetzt den gefeuerten Deutz-CEO Frank Hiller mit sofortiger Wirkung Foto: Deutz
Sebastian C. Schulte ersetzt den gefeuerten Deutz-CEO Frank Hiller mit sofortiger Wirkung Foto: Deutz

Eskalation in Köln-Deutz: Sebastian C. Schulte, bisher CFO des Motoren- und Maschinenbauers Deutz, ist am Wochenende mit sofortiger Wirkung zum Vorstandschef befördert worden, er führt Deutz nun vorerst als CEO und CFO in Personalunion. Der Grund: Vorstandschef Frank Hiller wurde vom Aufsichtsrat am Samstag einstimmig abberufen.

Dass Hiller keine Rückendeckung vom Kontrollgremium bekommen hat, überrascht wenig. Seit Wochen lieferten sich Hiller und Aufsichtsratschef Bernd Bohr einen Machtkampf um die Umsetzung der Frauenquote bei Deutz. Bei mehr als drei Vorstandsmitgliedern in einem börsennotierten Unternehmen muss eine Frau dabei sein, so will es das Gesetz seit dem vergangenen August.

Zum Unmut Hillers soll man(n) sich bei Deutz damit äußerst schwergetan haben und im Aufsichtsrat gar mittels Vertragsverlängerung und formeller Degradierung eines Vorstandsmitglieds zum Generalbevollmächtigen versucht haben, sich der Pflicht zu entziehen oder das Thema „Vorständin“ zumindest auf die lange Bank zu schieben.

Auch Aufsichtsratschef Bohr tritt zurück

Des Kontrahenten Hiller hat sich der Aufsichtsrat nun entledigt – ohne Angabe eines Grundes und ohne Dankesworte. Allerdings nicht ohne Konsequenzen: Auch Chefaufseher Bernd Bohr muss in Folge des Streits zurücktreten und gibt sein Amt an Dietmar Voggenreiter ab.

Bohr muss Deutz aber nicht verlassen, sondern tritt nur einen Schritt zurück in die zweite Reihe. Der ehemalige Bosch-Manager bleibt reguläres Mitglied des Aufsichtsrats. Für seine „professionelle und umsichtige Zusammenarbeit“ schätzen die Kölner laut offizieller Unternehmensmitteilung den ehemaligen Bosch-Manager.

Deutz sucht bereits nach einer Finanzchefin

Streng genommen hätte sich Deutz mit Hillers Rauswurf dem Zwang zu einer weiblichen Vorständin nun schon wieder entledigt, der Vorstand besteht nur noch aus drei Personen. Damit greift die gesetzliche Vorgabe nicht mehr. Diesen Ausweg will der Traditionskonzern allerdings nicht wählen, wie er verlauten lässt.

Der Aufsichtsrat sucht nun nach weiblicher Verstärkung im Vorstand, konkret auf dem CFO-Posten. „Ein entsprechender Prozess dazu ist bereits aufgesetzt“, betont das Unternehmen. Damit wird das Führungsgremium künftig wieder aus vier Personen bestehen.

Schulte soll nun für einen Neuanfang von Deutz stehen und das Augenmerk auf die „profitable Transformation“ hin zu einem „einem führenden Anbieter klimaneutraler Mobilitätslösungen für den Off-Highway-Bereich“ legen, wie der neue Aufsichtsratschef Voggenreiter betont.

Schulte wird nach nur einem Jahr als CFO zum Konzernlenker befördert. Der ehemalige Ruder-Weltmeister wechselte 2021 von Thyssenkrupp nach Köln zu Deutz. Bei Thyssen war er Finanzchef der Marine-Sparte. Mit Doppelrollen kennt sich der frisch gebackene Firmenchef aus: Als er zu Deutz kam, leitete er neben den Finanzen auch das Personalressort.

Deutz hätte den Personalstreit verhindern können 

So bitter es klingt: Deutz hat sich mit einigen Entscheidungen in der zurückliegenden Zeit selbst in diese schwierige Lage manövriert, die heute auch für einen Kursrutsch der Aktie um über 10 Prozent sorgt. Den Vorstand um einen fünften, gut bezahlten weiblichen Posten zu erweitern, wäre angesichts eines Sparkurses samt Abbau von bis 1.000 Stellen, den das Management vergangenen August beschlossen hat, kaum zu rechtfertigen gewesen.

Gleichzeitig hat Deutz aber erst im vergangenen März den Vorstand mit der Ernennung von Michael Müller zum Technologievorstand auf vier Mann erweitert und damit damals die Chance verpasst, der Frauenquote gerecht zu werden.

Hiller gibt öffentlich Kontra

Zu dem tiefgreifenden Umbau „Transform for Growth“, der ab 2022 Kosteneinsparungen von jährlich insgesamt 100 Millionen Euro bringen soll, kommt nun die Rechnung für Hillers Rauswurf oben drauf. Dessen Vertrag war erst vor einem Jahr um fünf Jahre bis 2026 verlängert worden. Das Vergütungssystem für Vorstände bei Deutz schreibt eine Abfindung von maximal zwei Jahresgehältern vor. Hillers Jahresgehalt beträgt laut Vergütungsbericht maximal 2,8 Millionen Euro inklusive erfolgsabhängiger Vergütung.

Hiller, der 2017 von Leoni zu Deutz wechselte, tut etwas, was in Fällen von Vorstandswechseln selten ist: Er schießt öffentlich zurück. „Diese Entscheidung ist für mich nicht nachvollziehbar, eine rechtliche Grundlage kann ich nicht erkennen. Ich bin gespannt, wie man diese Entscheidung und ihre Folgen den Aktionären erklären will“, sagte Hiller in einem persönlichen Statement. 

melanie.ehmann[at]finance-magazin.de

Melanie Ehmann ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen am M&A- und Private-Equity-Markt. Sie hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Melanie Ehmann sechs Jahre in der Redaktion des Platow Verlags, zunächst als Volontärin, später als Wirtschaftsjournalistin im Platow Brief und den Sonderpublikationen.