Großes Stühlerücken beim Prothesenhersteller Ottobock: Sowohl CEO als auch CFO gehen. Finanzchefin Kathrin Dahnke verlässt das niedersächsische Familienunternehmen überraschend, ihr Nachfolger ist Arne Kreitz. Das gab das Unternehmen am gestrigen Nachmittag bekannt.
Nur wenige Stunden später verkündete Ottobock dann die nächste brisante Personalie: Auch CEO Philipp Schulte-Noelle verlässt das Unternehmen, seine Rolle übernimmt interimistisch Oliver Jakobi, zusätzlich zu seiner Funktion als Chief Sales Officer (CSO). Beide Personalien kommen vor allem vor dem Hintergrund überraschend, dass das Unternehmen bis vor Kurzem noch auf der Zielgeraden Richtung Börsengang war.
Dahnke hat Ottobock börsenreif gemacht
Mit der Ernennung von Arne Kreitz vollziehe man „den geplanten Wechsel im Finanzressort früher als ursprünglich geplant“, sagte Hans Georg Näder, Eigentümer und Verwaltungsratsvorsitzender von Ottobock angesichts der Dahnke-Personalie. In der Mitteilung zum Amtsantritt der Finanzchefin war von einer interimistischen Lösung allerdings noch nicht die Rede. Auf FINANCE-Nachfrage hieß es, Kreitz sei für einen späteren CFO-Wechsel der Wunschkandidat gewesen, das Unternehmen bezeichnete Dahnke gegenüber FINANCE nun als „die richtige Kandidatin für das mittlerweile erreichte Ziel der Börsenreife“.
Dahnke, die erst im September vergangenen Jahres zu dem Unternehmen gestoßen war und Ottobock an die Börse bringen sollte, hatte noch vor wenigen Tagen gegenüber dem Handelsblatt bestätigt, dass man bei den Planungen „auf Kurs“ sei. Doch nun ist der Börsengang aber wieder in weite Ferne gerückt: „Aufgrund der aktuellen geopolitischen Lage und des davon beeinflussten Kapitalmarktumfeldes ist ein Börsengang aber für uns bis auf weiteres nicht erstrebenswert“, so Näder.
Für eine Weiterführung des Unternehmens als zunächst nicht-börsennotiertes Unternehmen sei Arne Kreitz gut geeignet, sagte Ottobock auf Nachfrage. Seine Kompetenzen im Bereich Strategie, Transformation und M&A würden laut Ottobock gut auf den Fokus des Unternehmens passen, der nun vorerst nicht auf dem Kapitalmarkt liege.
Arne Kreitz hat noch keine CFO-Erfahrung
Zudem markiert der Weggang von Dahnke einen Generationswechsel, der 42-jährige Kreitz löst die 62-jährige Dahnke ab, die aufgrund ihres Alters die Position perspektivisch nur noch wenige Jahre innegehabt hätte. Wohin es die erfahrene Finanzchefin, die zuvor unter anderem bei Osram, Wehrhan oder DMG Mori Seiki gearbeitet hatte, jetzt zieht, ist nicht bekannt.
Neu-CFO Kreitz steigt im Unternehmen auf, er war zuvor bereits als CSTO (Chief Strategy & Transformation Officer) Teil der erweiterten Geschäftsführung gewesen. Diese Position hatte Kreitz seit 2018 innegehabt. Zuvor hat Kreitz viele Jahre bei A.T. Kearney gearbeitet.
Für ihn ist es die erste CFO-Position in seiner bisherigen Karriere – und der Einstieg ist durch den gleichzeitigen Wechsel des CEOs und den Strategieschwenk nun durchaus herausfordernd. Positiv ist allerdings, dass sich die Zahlen des Unternehmens zuletzt gut entwickelt haben: Der Umsatz stieg im vergangenen Jahr um 13 Prozent auf 1,19 Milliarden Euro, den bereinigten Gewinn vor Steuern (Ebitda) konnte Ottobock von 216 Millionen auf 234 Millionen Euro steigern.
Um das Unternehmen auf einen Börsengang vorzubereiten, hatte Ottobock 2017 den Finanzinvestor EQT mit ins Boot geholt. Dieser und die Familie Näder, die hinter dem Unternehmen steht, sind die wichtigsten Taktgeber im Unternehmen und stehen auch hinter dem jetzigen Kurswechsel.
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Paul Siethoff ist Redakteur bei Finance und schreibt vorrangig über Transformations-Themen. Er hat Kommunikationswissenschaften und Journalismus in Erfurt und in Mainz studiert. Vor seiner Zeit bei FINANCE schrieb Paul Siethoff frei für die Frankfurter Rundschau für die Ressorts Wirtschaft und Politik.