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Analysten drängen Siemens Energy zu Gamesa-Übernahme

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Siemens-Energy-Chefs Maria Ferraro und Christian Bruch: Wann endlich kaufen sie die Minderheitsaktionäre bei der Tochter Siemens Gamesa heraus? Der Kapitalmarkt erhöht den Druck. Foto: Siemens Energy
Siemens-Energy-Chefs Maria Ferraro und Christian Bruch: Wann endlich kaufen sie die Minderheitsaktionäre bei der Tochter Siemens Gamesa heraus? Der Kapitalmarkt erhöht den Druck. Foto: Siemens Energy

Bahnt sich ein weiterer großer M&A-Deal im Siemens-Universum an? Ende vergangener Woche machten ein weiteres Mal Gerüchte die Runde, dass Siemens Energy überlege, die Minderheitsaktionäre bei der börsennotierten Windkrafttochter Siemens Gamesa herauszukaufen. Siemens Energy hält 67 Prozent an Siemens Gamesa. Die übrigen 33 Prozent sind bei aktuellen Kursen etwas mehr als 5 Milliarden Euro wert.

Anders als bei Pressespekulationen über eine angeblich bevorstehende Gamesa-Übernahme im Mai dieses Jahres reagierte Siemens Energy diesmal nicht auf die Berichte. Damals im Frühjahr wurden die Gamesa-Papiere kurz vom Handel ausgesetzt, ehe die Konzernmutter die Übernahmespekulationen klar dementierte. Offensichtlich hat sich die abwartende Haltung bei den jetzigen Spekulationen ausgezahlt, schließlich sprang die Gamesa-Aktie am Freitag nur kurz nach oben, nachdem die Spekulationen auf dem britischen Finanz-Blog „Betaville“ erschienen waren. Danach beruhigte sich der Handel schnell wieder.

„Dieses störende Thema muss gelöst werden“

Nichtsdestotrotz beschäftigt das Thema den Kapitalmarkt. So veröffentlichte die Berenberg Bank am gestrigen Montag ein Research-Papier, in dem die Analysten die Führung von Siemens Energy um CEO Christian Bruch und CFO Maria Ferraro dazu drängen, eine überzeugende Antwort zu formulieren. „Dieses störende Thema zu lösen, wäre im Interesse der Aktionäre von Siemens Energy, unabhängig von der Art und Weise der Lösung“, fordert Berenberg. „Die Investoren sind frustriert über die anhaltende Ungewissheit.“

Bislang rechnet der Markt damit, dass Bruch und Ferraro sich beim nächsten Kapitalmarkttag im Mai zur Causa Gamesa positionieren werden. „Es fühlt sich an, als wäre es noch lange hin bis zu diesem Tag“, bemerken die Berenberg-Analysten.

Siemens Energy gelingt Turnaround im Gasgeschäft

Den wachsenden Druck auf das Management leiten sie ausgerechnet aus der guten Performance des Gas- und Power-Geschäfts („GP“) von Siemens Energy ab. Beim Spin-off im September vergangenen Jahres galt eigentlich diese Sparte als Sorgenkind und Sanierungsfall, während Siemens Gamesa als Kronjuwel und Zukunftsgeschäft betrachtet wurde.

Nun hat sich die Lage in den Augen der Berenberg Bank verändert: „Was wie ein ambitioniertes dreijähriges Programm zur Working-Capital-Optimierung bei Gas & Power aussah, wurde in einem einzigen Jahr abgearbeitet. Und mehr noch: Auch die Margen erholen sich am oberen Rand der Guidance.“

Die Fortschritte im Geschäft mit der konventionellen Energieerzeugung könnten einem Buy-out bei Gamesa den Weg bereiten, glauben die Analysten: „Je besser sich GP entwickelt, desto wahrscheinlicher wird eine Übernahme der restlichen 33 Prozent an Siemens Gamesa.“ 

Siemens Energy hätte Geld für eine Gamesa-Übernahme

Welche Möglichkeiten hätte die Siemens-Energy-Führung, um diese Last vom eigenen Aktienkurs zu nehmen, der wegen der Probleme bei Gamesa seit Jahresbeginn schon rund ein Viertel eingebüßt hat und sich langsam, aber sicher wieder den Tiefstständen von unter 20 Euro nähert?

Die kurzfristig einfachste Lösung wäre in den Augen der Berenberg-Experten, eine Komplettübernahme von Gamesa auszuschließen und vielleicht sogar den Anteil an der Windkrafttochter zu reduzieren, um mit den frei werdenden Mitteln eigene Aktien von Siemens Energy zurückzukaufen. Doch es wird deutlich, dass die Analysten es lieber sähen, wenn das Management auf Gamesas Kursschwäche mit einem Kaufangebot reagieren würde.

Aufgrund der konservativen Bilanz, die der Siemens-Konzern seiner Energietochter beim Weg an die Börse mitgegeben hat, hätten Bruch und Ferraro auch die Möglichkeit, kurzfristig ein Übernahmeangebot für Siemens Gamesa zu lancieren. Dafür stünden ihnen eine Nettoliquidität von 1,6 Milliarden Euro und starke Cashflows aus dem Gas- und Power-Geschäft zur Verfügung. Die nötigen Brückenfinanzierungen für einen potentiellen Deal über 5 bis 6 Milliarden Euro könnte Finanzchefin Ferraro voraussichtlich schnell einfädeln.    

Die Gelegenheit erscheint günstig, hat die Siemens-Gamesa-Aktie seit Jahresbeginn doch schon fast 40 Prozent an Wert verloren. Mit einer Komplettübernahme durch die Deutschen könnten auch die kulturellen Querelen im Management von Gamesa konsequenter angegangen werden. Dort haben die deutsche und die spanische Seite lange Zeit eher gegen- als miteinander gearbeitet, was als Hauptgrund dafür gilt, dass der allgemeine Preisdruck und die Lieferengpässe Gamesa härter getroffen haben als die meisten Wettbewerber. „Wir wären vorsichtig damit, über eine Short-Position auf einen weiteren Kursverfall bei Gamesa zu wetten“, warnen die Berenberg-Analysten ihre Kunden.