LBO-Finanzierungen ganz ohne Banken: Ginge das?

Debt-Fonds sind in Deutschland nicht mehr aufzuhalten: Rund 70 Prozent aller Leveraged-Buy-out (LBO)-Finanzierungen im ersten Quartal dieses Jahres entfielen auf die alternativen Finanzierer, hat die Investmentbank GCA Altium ermittelt. Damit bleibt den Banken lediglich ein Marktanteil von 30 Prozent – Tendenz sinkend. Dass Debt-Fonds in Deutschland bald den gesamten LBO-Markt finanzieren, ist kein völlig unrealistisches Szenario. In Ländern wie den USA oder in Großbritannien wurden Banken schon fast komplett aus diesem Marktsegment herausgedrängt. „Banken spielen im US-Midcap-LBO-Markt keine Rolle mehr“, bringt es Richard Rösener von der Corporate-Finance-Beratung Cubus Partners auf den Punkt. Eine ähnliche Entwicklung sieht er auch auf Deutschland zukommen. Doch wie sähe die Finanzierungslandschaft in Deutschland aus, wenn Leveraged-Buy-out-Finanzierungen komplett von Debt-Fonds bereitgestellt werden würden? Welche Auswirkungen hätte das auf den Wettbewerb und die Finanzierungskonditionen? Und würden Debt-Fonds an ihre Grenzen stoßen? Risikoscheu der Banken: Einfallstor für Private Debt Dass Debt-Fonds in Deutschland immer populärer werden, liegt nicht nur, aber vor allem am Verhalten der Banken hierzulande. Eingeschränkt durch regulatorische Vorgaben der EZB sind den Banken im LBO-Geschäft die Hände gebunden. „Der Regulator will offensichtlich verhindern, dass Banken im risikoreicheren LBO-Geschäft größere Exposures in ihren Büchern nehmen. Leverages oberhalb von 6x Ebitda bedürfen einer expliziten Ausnahmegenehmigung der Risikogremien – und bei der Berechnung werden alle zugesagten Kreditlinien – auch die ungezogenen wie RCFs oder Capex Facilities – bereits als voll gezogen eingerechnet“, berichtet Rösener. Ebenso sei ein Netting mit Cash-Positionen nicht zulässig, und Normalisierungen des Ebitdas könnten nur nach gebührender Begründung durch die Risikoabteilung der Bank berücksichtigt werden. Das führt dazu, dass Banken nur noch sehr risikoarme Unternehmen finanzieren. „Kredite für Firmen aus dem IT- oder Healthcare-Bereich mit gutem Track Record sind für Banken in der Regel ein ‚no-brainer‘“, sagt Knud Dippel, Director bei dem Private-Debt-Fonds Patrimonium. Sein Team hingegen habe jüngst einen solchen IT-Deal abgelehnt, weil das Unternehmen zu klein und das Wettbewerbsumfeld zu groß gewesen sei. Banken und Sparkassen hingegen rissen sich um das Target – zulasten des Pricings. „Banken tun sich mit ihrer Risikoaversion langfristig keinen Gefallen“, glaubt Dippel. FINANCE-Themenseite Private Debt Unzählige Private-Debt-Anbieter drängen nach Deutschland und machen den Banken Konkurrenz. Alle wichtigen News über die Anbieter, ihre Strategien und den Markt. Mehr zum Thema Tatsächlich könnten vor allem die deutlich größeren Handlungsspielräume der Debt-Fonds dazu führen, dass die Banken bei Leveraged Finance in Deutschland auf lange Sicht an den Rand gedrängt werden. Mit ihrer Flexibilität bei Branchen, Leverages und Covenants auf der einen Seite und einer deutlich lockeren Regulatorik auf der anderen Seite haben es die Fonds wesentlich leichter, sich im risikoreicheren LBO-Geschäft auszubreiten. Sowohl Dippel als auch Rösener glauben daher, dass es nicht darum geht, ob die Debt-Fonds das deutsche LBO-Geschäft irgendwann fast ausschließlich finanzieren, sondern nur noch darum, wann es soweit ist. So verändern Debt-Fonds die Kreditmargen Dass dies eher früher als später der Fall sein wird, werden laut Dippel die Jahresabschlüsse für das letzte sowie das laufende Geschäftsjahr zeigen: „Viele Firmen haben sich Corona-bedingt Liquidität gesichert und sich durch Staatshilfen weiter verschuldet. Das kann das Rating dieser Unternehmen negativ beeinträchtigen und somit Auswirkungen auf die Risikofreude der Banken bei der Kreditvergabe haben.“ Die Folge: Die Banken halten sich bei der Neukreditvergabe noch stärker zurück als zuvor schon, um das eigene Rating nicht zu gefährden – und überlassen den Debt-Fonds weiteres Geschäft. Das wiederum verstärkt den Wettbewerb unter den alternativen Kreditgebern, von denen immer mehr nach Deutschland strömen. Zuletzt brachte zum Beispiel der französische Asset-Manager Tikehau ein Investment-Team in Frankfurt an den Start – unter der Leitung des ehemaligen Bankers Dominik Felsmann. Ob der Vormarsch der Debt-Fonds aber auch Auswirkungen auf die Finanzierungskonditionen haben wird, darüber sind sich die Experten uneinig. „Bei Standardfinanzierungen werden die Preise niedrig bleiben. Je spezieller der Finanzierungsbedarf, desto geringer wird der Wettbewerbsdruck, und desto länger werden die Preise dort risikoadäquat bleiben “, erwartet der Private-Debt-Manager Dippel. Den Preis einer Unitranche – das Standardprodukt der Debt-Fonds – taxiert er auch künftig bei 650 bis 750 Basispunkten. „Bei Standardfinanzierungen werden die Preise niedrig bleiben. Je spezieller der Finanzierungsbedarf, desto länger werden die Preise dort risikoadäquat bleiben.“ Knud Dippel, Director bei Patrimonium Rösener hingegen erwartet, dass die Preise sinken werden. „Es wird Landmark-Deals mit erstaunlich guten Konditionen geben – mit hohen Leverages um oder über 7x Ebitda und vergleichsweise moderaten Zinsmargen, die sich in Richtung 5,5 Prozent bewegen. Diese als Ausnahme gedachten und für herausragende Transaktionen gewährten Konditionen werden sich dann in der Folge auch bei weniger guten Risikoprofilen im Markt etablieren“, meint der Finanzierungsberater. Die Preisuntergrenze sieht er zukünftig bei 375 bis 400 Basispunkten. „Dort, wo die Banken jetzt sind, kommen Debt-Fonds irgendwann auch hin – bei einem ähnlichen Risikoprofil“, prognostiziert Rösener. RCF & Co: Wofür es Banken noch braucht Komplett wegdenken lassen sich Banken aus dem LBO-Geschäft jedoch nicht – allerdings nicht, weil ihre Kredite in der Regel günstiger sind, sondern vor allem, weil auch Debt-Fonds an ihre Grenzen stoßen. „Alle Arten von langfristigen Finanzierungen können bald von Debt-Fonds abgebildet werden. Für alles andere werden Banken weiterhin relevant sein“, ist sich Dippel sicher. Als Beispiele nennt er die einfache Kontoführung oder Währungssicherungsgeschäfte. Insbesondere kurzfristige Finanzierungsbedürfnisse und revolvierende Kreditlinien oder gar Kontokorrentkredite kann Private Debt bei Private-Equity-finanzierten Unternehmen aufgrund seiner Fondsstruktur nicht abbilden. „Es gibt vereinzelt Evergreen-Fondsstrukturen oder dedizierte Spezialfonds wie zum Beispiel der Super-Senior-Fonds der Berenberg Bank, der auch solche revolvierenden Finanzierungen darstellen kann “, berichtet Rösener. Doch das sei eine Ausnahme. Der Corporate-Finance-Berater glaubt, dass das Geschäft der Banken mit Produkten, die ein Debt-Fonds nicht anbieten kann, „ihre letzte Bastion“ ist. Als Beispiele nennt er Avale, Garantien und das Fremdwährungsgeschäft. „Das Geschäft mit Produkten, die ein Debt-Fonds nicht anbieten kann, ist die letzte Bastion der Banken.“ Richard Rösener, Partner bei Cubus Und es gibt noch eine weitere Hürde für die Debt-Fonds: das Smallcap-Segment. „Die Fonds steigen in der Regel erst ab einer Transaktionsgröße von etwa 5 Millionen Euro ein“, sagt Dippel. Im Smallcap-Bereich sieht er daher Fintechs à la Creditshelf, die kleinere Deals unkompliziert und standardisiert abbilden können, eher als Bankenjäger. Wann finanziert Private Debt Unternehmen direkt? Eine weitere Herausforderung für die Debt-Fonds ist die klassische Unternehmensfinanzierung. Hier trumpfen die Banken laut Rösener mit ihrem großen Netzwerk und ihrer bestehenden Infrastruktur – und auch mit einer vermeintlich besseren Reputation als Debt-Fonds, die immer noch mit dem Image eines vermeintlichen Loan-to-own-Investors kämpfen müssen. Viele konservative CFOs und Unternehmer trauen ihnen nicht über den Weg. Finanzierungsberater Rösener kann die Bedenken der Unternehmen nur schwer nachvollziehen: „Debt-Fonds sind deutlich engagierter als Banken, wenn es darum geht, ein angeschlagenes Unternehmen zu retten, weil sowohl die Fonds-Performance als auch der eigene Carry des Managers vom Erfolg des Investments abhängen.“ Zudem beobachtet Rösener, dass Debt-Fonds weniger formal agieren, wenn es um eine Fortführungsperspektive des Unternehmen geht, und zum Beispiel nicht immer sofort ein IDW S6-Gutachten verlangen. „Und auch Banken können ihre Loans veräußern, wenn es brenzlig wird.“ Rösener sieht darin keinen großen Unterschied zu einem von einem Kreditfonds initiierten Debt-to-Equity-Swap. FINANCE-Themenseite Private Equity In die Private-Equity-Branche fließt so viel Geld wie nie. Das heizt den Wettbewerb der Finanzinvestoren um Zielunternehmen an. Lesen Sie mehr auf der FINANCE-Themenseite. Mehr zum Thema Der Finanzierungsberater hat den Glauben nicht verloren, dass Private Debt in der Corporate-Welt doch noch „zünden“ kann – unter bestimmten Voraussetzungen: „Wenn die Unternehmen ihre Scheu vor Private Debt abgelegt haben, werden die Fonds zunächst im Non-Investmentgrade-Bereich Einzug halten.“ Doch dafür müssten sie eines beachten: Unternehmen agieren in der Regel konservativer und daher langsamer als Private-Equity-Investoren – ihre klassischen Kunden. „Veränderungen zu bewirken, dauert in Unternehmen meistens länger.“ Private Debt benötigt moderne CFOs „Vielleicht muss auch erst eine neue Generation an CFOs heranwachsen, damit das Instrument unter Corporates – auch im Investmentgrade-Bereich – ein anerkannter Teil des Finanzierungsbaukastens wird“, überlegt der Finanzierungsberater. Doch Dippel beobachtet schon jetzt ein Umdenken in der aktuellen CFO-Generation: „Ich sehe, dass immer mehr CFOs im Mittelstand das Konzept Private Debt verstanden haben und bereit sind, sich mit dieser Finanzierungsalternative auseinanderzusetzen.“ Speziell CFOs mit Private-Equity-Bezug stünden Private Debt aufgeschlossen gegenüber. Zwar sei der Mittelstand bei Finanzierungen preissensitiver, was den Fonds nicht unbedingt Rückenwind verleihe. „Doch wenn auf der Unternehmensseite operativer Leidensdruck herrscht, wird auch der Wunsch nach finanzieller Flexibilität größer“, erwartet der Patrimonium-Manager. olivia.harder[at]finance-magazin.de Info Noch mehr Hintergrundinformationen finden Sie auf den FINANCE-Themenseiten zu Private Debt und Private Equity.

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