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Private-Equity-Ticker: Maredo, Schülke, Corona-Deals

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Der Private-Equity-Investor Perusa hat sich an Maredo die Finger verbrannt: Die Steakhauskette musste wegen des Coronavirus Insolenz anmelden.
AlexRaths/iStock/GettyImages

Perusa verliert Steakhaus-Kette Maredo

Der Münchener Private-Equity-Investor Perusa hat in der Coronakrise seine Steakhauskette Maredo verloren. Vor wenigen Tagen beantragte die Geschäftsführung um CEO Klaus beim Amtsgericht in Düsseldorf die Regelinsolvenz.

Maredo beschäftigt rund 950 Mitarbeiter und setzte zuletzt rund 50 Millionen Euro um – zu wenig um den Nachfrageschock in der Coronakrise zu überleben. Im Februar 2017 hatte der restrukturierungserfahrene Finanzinvestor Perusa die seit Jahren mit rückläufigen Umsätzen kämpfende Gruppe von dem Private-Equity-Investor ECM übernommen, der Maredo über zehn Jahre im Portfolio hatte. Damals setzte Maredo ECM zufolge noch 90 bis 100 Millionen Euro um, hatte jedoch bereits eine Restrukturierung hinter sich. 

Der vorläufige Insolvenzverwalter Nikolaos Antoniadis sucht nun neue Investoren für Maredo und hat nach eigener Aussage in den vergangenen Tagen „sehr vielversprechende Anfragen von ernsthaft interessierten, namhaften strategischen Investoren“ erhalten. Das Kapitel „Private Equity “ dürfte für Maredo damit endgültig geschlossen sein.

EQT sticht Ardian bei Schülke aus

Er wurde im Markt gerne als „der letzte große Private-Equity-Deal“ bezeichnet, den das Coronavirus nicht zum Erliegen gebracht hat: Der Verkauf des Desinfektionsmittelherstellers Schülke. Wie EQT mitteilte, befindet sich der Finanzinvestor nun in exklusiven Verhandlungen mit Schülkes noch-Eigentümer, dem französischen Industriegasekonzern Air Liquide.

Nach Abschluss der Transaktion wird EQT nach eigener Aussage bis zu Drei-Viertel der Anteile an Schülke kontrollieren. Die restlichen Anteile dürfte dann das Management um CEO Christian Last halten, das EQT zufolge rückbeteiligt wird. 

Dem Fachmagazin „Juve“ zufolge hat sich EQT bei Schülke in einem Bieterwettbewerb unter anderem gegen die Finanzinvestoren Ardian, PAI Partners und Platinum durchgesetzt. Medienberichten zufolge soll der Kaufpreis für Schülke 900 Millionen Euro betragen. Finanziert wird der Buy-out laut „Debtwire“ von dem Debt-Fonds HPS Investment Partners.

Air Liquide hatte Schülke bereits im Herbst 2019 vor dem Ausbruch der Coronakrise zum Verkauf gestellt und sich laut „Handelsblatt“ dabei einen Verkaufserlös von 1 Milliarde erhofft. Schülke beschäftigt weltweit 1.250 Mitarbeiter und setzte 2019 rund 335 Millionen Euro um. 

Waterland kauft drei IT-Unternehmen

Auch der Private-Equity-Investor Waterland hat sich von der Coronakrise nicht abschrecken lassen, und einen von langer Hand geplanten Deal in einer corona-resistenten Branche über die Ziellinie gebracht: die Übernahme der drei deutschen IT-Dienstleister Beck et al., Binary und Direkt-Gruppe.

Verkäufer sind die jeweiligen Unternehmensgründer, die Waterland zufolge an Bord bleiben und sich an dem kombinierten Unternehmen beteiligen. Zu den Details wollte sich Waterland auf Nachfrage nicht äußern. Nach FINANCE-Informationen bewertet Waterland die Transaktion mit etwas weniger als 100 Millionen Euro. Der Eigenkapitalanteil soll etwas über 40 Prozent liegen. Der genaue Leverage wird nach FINANCE-Informationen derzeit aber noch verhandelt. 

Das kombinierte Unternehmen hat noch keinen eigenen Namen. Die Plattform soll Waterland zufolge Mittelständler und größere Unternehmen in die Cloud begleiten – ein Geschäftsmodell, das in Corona-Zeiten an Relevanz gewonnen hat, weshalb Waterland den Deal vermutlich auch mit Nachbesserungen über die Ziellinie gebracht haben dürfte.  

Weitere Private-Equity-Deals

Der Münchener Private-Equity-Investor Paragon hat Castolin Eutectic von dem Gasekonzern Messer übernommen. Das Unternehmen kümmert sich um den Verschleißschutz von Industrieanlagen und erwirtschafte zuletzt einen Jahresumsatz von 300 Millionen Euro. Messer selbst hatte im Zuge der Linde-Praxair-Fusion zusammen mit dem Finanzinvestor CVC Teile des US-amerikanischen Gasegeschäfts der beiden Konzerne übernommen. 

Und auch der ebenfalls in München ansässige Private-Equity-Investor Afinum investiert trotz Corona. Für sein Ende 2019 übernommenes Portfoliounternehmen All 4 Golf hat Afinum den britischen Wettbewerber Clubhouse Golf übernommen, um unter dem neuen Dach der neuen AF-Eagle-Gruppe den europäischen Marktführer für Online-Golfhandel zu bauen. Die Briten setzen jährlich rund 30 Millionen Pfund (rund 34 Millionen Euro) um, wodurch sich der Umsatz der AF-Eagle-Gruppe Afinum zufolge beinahe verdoppelt.  

 

Der Finanzinvestor Callista hat den Automobilzulieferer Engineering Technologie Marketing (ETM) von der BOS-Gruppe übernommen. ETM stellt Bauteile und Systeme aus Kunststoffen für die Automobilindustrie her und beschäftigt rund 500 Mitarbeiter. Callista soll ETM nun strategisch neu ausrichten. BOS will sich nach dem Verkauf stärker auf sein Kerngeschäft konzentrieren: Gepäckraumabdeckungen und Panoramadachsysteme.

Die Schweizer Investorengruppe Ufenau hat den Hamburger Software-Berator Ikor übernommen. Das Management um CEO Lars Ackermann soll beteiligt bleiben und mit Ufenau eine Buy-and-Build-Strategie umsetzen. Ufenau hatte erst im vergangenen Jahr seinen sechsten Buy-out-Fonds bei 560 Millionen Euro geschlossen und will nach eigener Aussage zeitnah weitere acht bis zehn Beteiligungen im deutschsprachigen Raum erwerben. 

Die beiden Private-Equity-Investoren Nordholding und Invision haben für ihr Portfolio-Unternehmen Idak Holding den italienischen Tiefkühlpizzahersteller Margherita erworben, der 250 Mitarbeiter beschäftigt und rund 40 Millionen Euro Umsatz macht. Mit Idak bauen die beiden Finanzinvestoren gerade ein Konglomerat für Lebensmittelunternehmen auf. Zu der Holding gehört auch der Tiefkühlproduktehersteller Kadi, dessen Management an der Idak Holding beteiligt ist. 

Der deutsche Turnaround-Investor Mutares hat sein polnisches Portfolio-Unternehmen Balcke-Dürr an die Wallstein-Gruppe verkauft, nachdem er Backe-Dürr restrukturiert hat. Mutares hatte das Unternehmen im November 2016 von dem US-Konzern SPX Corporation übernommen und nach eigener Aussage die Gesamtleistung seitdem „mehr als verdoppelt“ und die Profitabilität „annähernd vervierfacht“. 2019 habe der Umsatz bei rund 30 Millionen Euro und der operative Gewinn bei rund 2 Millionen Euro gelegen. 

Der Technologieinvestor Investcorp hat das deutsche Cybersecurity-Unternehmen Avira im Rahmen eines Primary Buy-outs übernommen. „Techcrunch“ zufolge soll der Finanzinvestor Avira dabei mit 180 Millionen US-Dollar bewertet haben. Gründer Tjark Auerbach soll signifikant beteiligt bleiben. Für Investcorp ist die Übernahme von Avira nach eigener Aussage bereits die dritte Investition im deutschsprachigen IT-Sektor binnen 18 Monaten.

Der Münchener Finanzinvestor DPE Deutsche Private Equity hat für sein niederländisches Portfoliounternehmen Erdo eine Add-on-Akquisition eingefädelt und die Patina-Gruppe übernommen. Finanziert wurde die Transaktion von einem Bankenkonsortium unter der Führung der LBBW. 

Und auch die DBAG setzt trotz Coronakrise ihre Buy-and-Build-Strategie bei der Deutschen Infrastruktur und Netzgesellschaft (DING-Gruppe) fort. Für das Portfoliounternehmen übernimmt der Finanzinvestor den Tiefbau- und Glasfaserspezialisten Iska Schön. Dies sei bereits das zweite Add-on für die DING-Gruppe seit der Übernahme der STG-Gruppe Ende 2019.

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Gleich drei Add-ons auf einen Streich fädelte Halder für die Valeta-Gruppe ein. Wie der Private-Equity-Investor mitteilte, übernahm er die drei Schweizer Unternehmen Sirag, Univer und Uniprod, die allesamt im Bereich Pneumatik und Prozesstechnik aktiv sind. Zusammen setzten die drei Unternehmen 2019 rund 15 Millionen Euro um. Die Valeta-Gruppe, zu der bereits Drumag und EPH gehören, soll künftig 200 Mitarbeiter beschäftigen und kombiniert 37 Millionen Euro Umsatz erwirtschaften. Zwei der drei verkaufenden geschäftsführenden Gesellschafter regeln mit dem Deal ihre Nachfolge und scheiden aus dem operativen Geschäft aus. Othmar Seiler – der Dritte im Bunde – soll die drei Gesellschaften künftig alleine führen. 

Die Beteiligungsgesellschaft Harald Quandt Industriebeteiligungen hat die Zetcom Group übernommen, einen Softwareanbieter für Museen, Stiftungen, Verbände und Unternehmen. Gründer Marcel Zemp soll an dem Unternehmen beteiligt bleiben und dieses als CEO weiterhin führen. 

Der US-Finanzinvestor One Equity Partners hat das deutsche IT-Unternehmen MCL Computer & Zubehör übernommen. Verkäufer ist die Beteiligungsgesellschaft Lead Equities. Das MCL-Management wird bei dem Deal wesentlich rückbeteiligt.

Der Private-Equity-Investor Flex Capital hat den QR-Code-Spezialisten Egoditor von dessen Gründern übernommen. Beide sollen nach dem Deal im Management tätig bleiben. Finanziert wird die Übernahme aus dem 120 Millionen Euro schweren Midcap-Fonds von Flex Capital. 

Der Hamburger Private-Equity-Investor Seafort Advisors hat bei dem Softwareunternehmen Deskcenter im Rahmen einer Kapitalerhöhung die Mehrheit übernommen. Seafort investiert in mittelständische und technologiegetriebene Unternehmen in Zentraleuropa.  

Fundraising

Es gibt leichtere Aufgaben, als in Corona-Zeiten bei institutionellen Investoren Geld für einen neuen Fonds einzusammeln. Dennoch ist dies einigen Private-Equity-Häusern gelungen. So konnte Gilde Healthcare 416 Millionen Euro für einen neuen Venture- und Growth-Fonds einsammeln, der sowohl in Europa als auch in den USA in Healthcare-Unternehmen investieren darf. Pro Transaktion investiert der Fonds in der Regel zwischen 10 und 40 Millionen Euro. 

Gilde Healthcare konnte zuletzt beispielsweise das Münchener Biopharma-Unternehmen Breath Therapeutics an den italienischen Strategen Zambon Pharma verkaufen . Neben dem VC- und Growth-Fonds hat Gilde Healthcare auch einen Private-Equity-Fonds. Kombiniert verwaltet der Finanzinvestor nach eigener Aussage rund 1,4 Milliarden Euro. 

Und auch der Schweizer Finanzinvestor Patrimonium vermeldetet einen Erfolg beim Fundraising. Für einen neuen Private-Equity-Fonds sammelten die Schweizer beim First Closing rund 100 Millionen Euro ein – das ist bereits exakt die Hälfte des Zielvolumens. Das erste Investment aus diesem Fonds sei bereits getätigt, weitere Add-on-Zukäufe in Arbeit, so Patrimonium. Die Schweizer sind nach eigener Aussage im deutschsprachigen Lower Midmarket aktiv.

Was bewegt den Private-Equity-Markt?

Das Coronavirus macht auch vor Private Equity nicht Halt. Insolvenzfälle, wie sie Perusa bei Maredo verkraften muss, sind bisher noch die Ausnahme, doch die Vorzeichen für hochverschuldete Portfoliounternehmen in zyklischen Märkten verschlechtern sich – abzulesen an den jüngsten Rating-Aktionen von Moody’s zu Apcoa, Douglas und Schenck Process.

Verkaufsprozesse, die nicht bereits weit fortgeschritten waren oder sich nicht im Healthcare- oder IT-Sektor abspielen, liegen häufig auf Eis. Das zeigen auch die Ergebnisse des aktuellen FINANCE Private-Equity-Panels, für das Ende März rund 50 deutsche Private-Equity-Manager befragt wurden. 86 Prozent berichteten, dass in sehr starkem oder gar extremem Ausmaß laufende M&A-Deals abgebrochen worden sein. Knapp drei Viertel der Befragten gaben außerdem an, dass auch geplante Add-on-Transaktionen auf Eis gelegt wurden. 

Allein an der Finanzierung scheitern diese Deals nicht zwangsläufig. Eine von GCA Altium Ende März durchgeführte Umfrage unter 30 Banken und 40 Debt-Fonds ergab, dass trotz des widrigen Umfelds die Mehrheit der befragten Geldgeber offen für Neugeschäft seien. 71 Prozent der Banken und sogar 78 Prozent der Kreditfonds stünden generell für neue Finanzierungsprojekte bereit – sofern Branche, Cashflow-Profil und Leverage passen würden.

„Das FINANCE-Team lädt Sie zum ersten digitalen und kostenlosen Corona-Private-Equity-Gipfel ein.“

Sie verlangen dafür beim Preis allerdings einen ordentlichen Corona-Aufschlag. Die Angaben der Banken schwankten zwischen 350 bis 400 Basispunkten und 400 bis 450 Basispunkten. Die Debt-Fonds sind mit 700 bis 800 Basispunkten ein gutes Stück teurer. Mehr Details dazu finden Sie in der FINANCE-Schwesterpublikation DerTreasurer.

Noch sind viele Private-Equity-Investoren vor allem damit beschäftigt, ihr Bestandsgeschäft vor dem Coronavirus zu schützen. Viele Investoren haben ihre Unternehmen darum dazu angehalten, sich mit Cash vollzusaugen und bestehende Linien zu ziehen. Damit dürften die meisten Unternehmen einige Monate finanziell über die Runden kommen. Sobald die Bestandsunternehmen stabilisiert sind, werden die Private-Equity-Investoren aber auch wieder nach vorne blicken, denn die Coronakrise dürfte den kapitalstarken Finanzinvestoren auch Opportunitäten bieten.

Bei der Deutschen Investorenkonferenz 2020 – die erstmalig komplett digital stattfinden wird – wagen wir am 13. Mai darum den Blick nach vorne: In welche Branchen und Unternehmen kann Private Equity gerade jetzt investieren? Wovon sollten die Buy-out-Häuser lieber die Finger lassen? Und wie wird die Coronakrise das Geschäft in den nächsten Monaten verändern? Diese und viele weitere Fragen wollen wir gemeinsam Ihnen bei unserem Corona-Private-Equity-Gipfel diskutieren. Die DIK ist exklusiv für Private-Equity- und institutionelle Investoren (GPs und LPs). Melden Sie sich jetzt kostenlos an. Das FINANCE-Team freut sich auf Sie!

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