Vielleicht sollte die DFL doch zur Bank gehen

Wohl selten waren sich die Meinungsführer so einig: Von einer „Vollbremsung im Reformprozess“ (FAZ) über eine „Krachende Niederlage“ (Börsenzeitung) bis hin zur „Großen Peinlichkeit“ (Süddeutsche Zeitung) reichten die Schlagzeilen der Printmedien, die damit in ihrer Hitzigkeit den Fan-Ultras kaum nachstanden, die, wie etwa die Südkurve des FC Bayern München, ein Ende des „Vermarktungswahns“ der Deutschen Fußball-Liga (DFL) forderten. Worum ging’s? Um einen Deal mit Private Equity, der frisches Geld in die Kassen des Profiklubbündnisses spülen sollte. Vorgesehen war, dass ein Finanzinvestor für eine Zahlung von kolportierten 2 Milliarden Euro einen Anteil von 12,5 Prozent an einer noch zu gründenden DFL-Tochtergesellschaft erhalten sollte, in die alle nationalen und internationalen Medienrechte der DFL (derzeit etwa 1,3 Milliarden Euro pro Jahr) ausgelagert worden wären. Mithin hätten die Klubs über einen Zeitraum von 20 Jahren auf 12,5 Prozent ihrer Medienerlöse zugunsten des Investors verzichtet. DFL wollte 2 Milliarden Euro einstreichen Die Verkaufserlöse hätte die DFL zum überwiegenden Teil in die Zentralvermarktung der Medienrechte und in den Aufbau einer eigenen Streaming-Plattform gesteckt. Möglicherweise gut angelegtes Geld, denn in den Augen der DFL hinkt Deutschland der Konkurrenz aus England, Spanien und Italien in diesem Punkt weit hinterher. Ein kleinerer Teil der Erlöse, immerhin noch rund 300 Millionen Euro, sollte zur freien Verwendung an die 36 Klubs der Ersten und Zweiten Bundesliga fließen, ein weiterer Betrag war für zweckgebundene Investitionen der Vereine in die lokale Infrastruktur gedacht. Allerdings ist es dem Profifußballverband auf seiner außerordentlichen Mitgliederversammlung bekanntlich nicht gelungen, die erforderliche Zweidrittelmehrheit der 36 Stimmen einzusammeln, die nötig gewesen wäre, um in die nächste Vorbereitungsphase einzutreten. Zu mehr als 20 Ja-Stimmen bei elf Nein-Stimmen und fünf Enthaltungen hat es in der geheimen Abstimmung nicht gereicht. Mögliche Verhandlungen mit potentiellen Geldgebern wie Advent, Blackstone oder CVC sind damit schon im Vorfeld am Widerstand in den eigenen Reihen gescheitert. Alles zum Thema Fußball-Finanzen Die Finanzen von Fußballvereinen sind ein eigenes kompliziertes Spielfeld, das kaum jemand versteht. FINANCE analysiert regelmäßig die Finanzkapriolen und -manöver diverser Klubs. Mehr lesen Wer profitiert von dem Deal-Aus der DFL? Gewonnen haben somit zunächst die Kritiker um die Klubführungen des 1. FC Köln und des FC St. Pauli, die nicht nur vor einer möglichen Einflussnahme gewinnorientierter Private-Equity-Gesellschaften gewarnt, sondern auch eine Zementierung der sportlichen Kräfteverhältnisse angeprangert hatten. Denn die teilweise Ausschüttung der Verkaufserlöse an die 36 Profivereine sollte sich am derzeit geltenden Verteilerschlüssel orientieren, der im Wesentlichen vom aktuellen Tabellenplatz abhängig ist. Vereine der Zweiten Bundesliga, aber auch die in den Niederungen der Bundesliga platzierten Mannschaften, hätten damit deutlich geringere Erlösanteile erhalten als die ohnehin gut situierten Bundesliga-Spitzenteams. Die finanzstarken Klubs, die den PE-Deal wenig überraschend tendenziell unterstützen, hätten also überproportional profitiert. Als Sieger können sich auch die Fankurven sehen, allerdings eher aus grundsätzlichen, sportethischen Überlegungen. Denn nicht nur die Südkurve in München, auch andere Ultra-Vereinigungen hatten zuletzt mit Spruchbändern vor einem Ausverkauf des deutschen Fußballs gewarnt. Und damit auch das Abstimmungsverhalten einiger Klubs zumindest mitbeeinflusst. Investoreneinstieg bei DFL wurde kritisch gesehen Einigkeit herrschte hinsichtlich der Ursachen des allgemeinen Unmuts, obwohl sich in den meisten Berichterstattungen eine kleine, aber bemerkenswerte Ungenauigkeit eingeschlichen hat: Nicht der Plan der Deutschen Fußball-Liga (DFL), einen Teil der Medienrechte an einen institutionellen Investor zu verkaufen, war Auslöser der Proteste, sondern bereits die Erwägung, überhaupt mit potenziellen Investoren in Verhandlungen über eine solche Transaktion einzutreten. Nun stellt sich die Frage nach den Folgen, denn für die DFL, derzeit noch vertreten durch Axel Hellmann (Eintracht Frankfurt) und Oliver Leki (SC Freiburg), war die Anschubfinanzierung „alternativlos“. Nicht nur, weil damit die Medieneinnahmen der DFL deutlich gesteigert werden sollten, so dass laut den Berechnungen der DFL selbst nach Abzug der Gewinnbeteiligungen Dritter ein absolut höherer Ertrag als bisher gestanden hätte. Info Zum AutorPeter-Thilo Hasler ist Gründer des Research-Hauses Sphene Capital. Für FINANCE schreibt der Anhänger des FC Bayern München in regelmäßigen Abständen zu den finanziellen Entwicklungen in der Bundesliga und in anderen europäischen Ligen. Sondern auch, weil ohne den Verkaufserlös die internationale Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Liga gefährdet sei, was sich allerdings wohl eher auf die Branchenführer Bayern München und Borussia Dortmund als auf die in der Liga weiter unten rangierenden Klubs bezieht. Und schließlich, weil die DFL von alternativen Finanzierungsmaßnahmen wie etwa der Aufnahme von Bankkrediten grundsätzlich Abstand nehmen will. Hellmann und Leki werden Ende Juni in der DFL-Geschäftsführung nun durch die beiden internen Kandidaten Marc Lenz und Steffen Merkel abgelöst. Es ist eher zu bezweifeln, dass sie die Dinge grundsätzlich anders sehen. Warum will die DFL keinen Bankkredit? Das alles zeigt, wie zerrissen die DFL und ihre Mitgliederklubs sich derzeit nach außen präsentieren. Das Pochen der DFL-Führung auf einen externen Investor ist ohnehin kaum verständlich. Schließlich gibt es keinen wesentlichen konzeptionellen Unterschied, ob die DFL Gewinnanteile an einen Private-Equity-Investor abtritt oder Zinsen an eine kreditgebende Bank zahlt. Zwar sind Zinszahlungen fixe, bedingungslos einzuhaltende Verpflichtungen, während Gewinne lediglich einen Residualanspruch darstellen; für eine nicht operativ tätige Holdinggesellschaft wie der DFL mit langfristig planbaren Medieneinnahmen sind die Unterschiede zwischen den beiden Finanzierungsformen in Bezug auf die erwarteten Insolvenz- und Agency-Kosten jedoch vernachlässigbar. „Es gibt keinen wesentlichen konzeptionellen Unterschied, ob die DFL Gewinnanteile an einen PE-Investor abtritt oder Zinsen an eine kreditgebende Bank zahlt.“ Peter Thilo Hasler, Kolumnist DFL könnte selbst als Finanzinvestor agieren Belegt hätte dies auch die angestrebte Konstruktion einer Minderheitsbeteiligung durch den (nun nicht realisierten) PE-Investor. Denn dieser hätte auf ein Element verzichtet, das eigentlich tief in seiner DNA verankert ist: die Kontrolle des Targets. Im Normalfall ist die Kontrollübernahme für PE-Investoren elementar, da sie in einer vormals ineffizienten Unternehmensführung den wesentlichen Hebel für eine Wertsteigerung ihrer Beteiligung sehen. Dass dies hier nicht der Fall sein sollte, zeigt, dass die Performance des PE-Investors allein aus dem Renditeunterschied zwischen Eigen- und Fremdkapitalkosten entstanden wäre. Faktisch hätte der Finanzinvestor also ähnlich wie eine Bank agiert, statt Zinsen hätte die DFL nur einen Teil der Medienerlöse überwiesen. Mit einem Bankkredit könnte die DFL das Modell eines externen Private-Equity-Investors indes selbst kopieren und sich dabei auch noch die Gewinnmarge des Investors einverleiben. Ein Finanzinvestor macht schließlich auch nichts anderes als seinen Eigenkapitalanteil wiederum durch Fremdkapital zu leveragen. Watzke und Rummenigge wollen keinen Kredit Die Ablehnung gegenüber einem klassischen Bankdarlehen scheint sich durch Hans-Joachim Watzke zu erklären, stellvertretender Sprecher des Präsidiums der DFL. Der BVB-Boss hat sich nach eigenen Angaben in seiner Anfangszeit als Geschäftsführer von Borussia Dortmund „von Gläubigern demütigen lassen“ müssen. Zu Beginn des Jahrtausends wäre der BVB beinahe in die Insolvenz gerutscht, diese Zeit und die harten Verhandlungen mit Banken seinerzeit haben Watzke offenbar nachhaltig geprägt. Aber auch Karl-Heinz Rummenigge, DFL-Ehrenangehöriger und seit kurzem wieder Aufsichtsrat des FC Bayern München, erteilte einem klassischen Darlehen jüngst eine Absage: „Wo wir auf keinen Fall mitspielen, auch Bayern München nicht, ist, dass man einen Kredit aufnimmt, dass man in die Komplementärhaftung reinkommt.“ Die Grands Messieurs des deutschen Fußballs wollen also alles außer einen Kredit. Watzke hat nun Medienberichten zufolge sogar damit gedroht hat, seinen Posten bei der DFL im Fall einer Kreditfinanzierung zu räumen. Ob das Versteifen auf Private Equity gegenüber einem Bankdarlehen für die DFL wirklich von Vorteil oder gar alternativlos ist, wie zuletzt verbreitet, darf bezweifelt werden.

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