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M&A-Berater sind extrem überlastet

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Untypisches Bild am deutschen M&A-Markt: Berater müssen derzeit sogar Mandate ablehnen, weil sie mit der Arbeitslast nicht hinterherkommen. Foto: stokkete - stock.adobe.com
Untypisches Bild am deutschen M&A-Markt: Berater müssen derzeit sogar Mandate ablehnen, weil sie mit der Arbeitslast nicht hinterherkommen. Foto: stokkete - stock.adobe.com

Der Dealflow am deutschen M&A-Markt kennt seit Monaten nur eine Richtung: nach oben. Dass die M&A-Berater sich vor Mandaten derzeit kaum retten können, bestätigen auch die Ergebnisse des neuen FINANCE M&A-Panels, einer Umfrage unter M&A-Beratern und Investmentbankern, die FINANCE zusammen mit der Wirtschaftskanzlei CMS durchführt.

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Deal-Pipeline der M&A-Berater ist prall gefüllt

Das aktuelle Projektaufkommen im eigenen Haus – bezogen auf Deals mit Signing in den vergangenen oder nächsten zwei Monaten – bewerten die befragten M&A-Berater auf einer Skala von –5 (stark unterdurchschnittlich) bis +5 (stark überdurchschnittlich) mit 2,18. Das ist der höchste Wert seit Auflage des FINANCE M&A Panels im Februar 2011. Die bislang stärkste Auslastung spürten die M&A-Berater im Frühjahr 2018, damals lag der Wert bei 2,14.

Damit sind die Auftragsbücher noch voller geworden, als es die M&A-Berater im Frühjahr erwartet hatten. Damals bezifferten sie ihr künftiges Projektaufkommen in ihrer Vorhersage für diesen Herbst mit 2,0 – ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu dem damals tatsächlichen Projektaufkommen von 1,41 Punkten.

Und die Wucht der Trendumkehr ist enorm: Nachdem die Coronakrise ausgebrochen war, bewegte sich der Prognoseindikator mehrere Monate lang sogar im negativen Bereich. Nun sind die Auftragsbücher dem Vernehmen nach so gut gefüllt, dass einige Beratungen sogar schon interessante Aufträge ablehnen müssen, weil sie mit der Arbeitslast nicht hinterherkommen – ein in der Tat unübliches Verhalten in dieser Deal- und Bonus-getriebenen Branche.

Mid- und Largecap-M&A-Berater haben am meisten zu tun

Am meisten zu tun haben derzeit Mid- und Largecap-Berater, die M&A-Deals mit einem Transaktionsvolumen von über 40 Millionen Euro begleiten. Sie geben ihre derzeitige Auslastung mit 2,87 an. Damit hat sich das Projektaufkommen für die Mid- und Largecap-Berater besser als erwartet entwickelt: Im Frühjahr rechneten sie für den Herbst noch mit einem Projektaufkommen von 2,42.

„Die hohe Deal-Aktivität umfasst nunmehr nahezu alle Branchen, nicht mehr nur die weniger konjunktursensiblen.“

Oliver Wolfgramm, M&A-Anwalt bei CMS

Weniger zu tun als die Mid- und Largecap-Berater haben hingegen die Smallcap-Berater, die bei Transaktionen mit einem Volumen von unter 40 Millionen Euro beraten. Sie bewerten ihre aktuelle Auslastung mit 1,6 – eine Punktlandung: Im Frühjahr prognostizierten sie für diesen Herbst eine Auslastung von 1,66. „Die hohe Deal-Aktivität in allen Segmenten, Small-, Mid- und Largecap, können wir bestätigen“, sagt Oliver Wolfgramm, Partner bei CMS Deutschland. „Das umfasst nunmehr nahezu alle Branchen, nicht mehr nur die weniger konjunktursensiblen.“

M&A-Aktivität bei Automotive steigt

Tatsächlich ist die M&A-Aktivität auch bei Unternehmen aus einigen konjunktursensiblen Branchen angestiegen. So wächst die M&A-Aktivität im Automotive-Sektor seit zwei Umfragen in Folge, derzeit liegt sie bei 4,97 (10 = sehr hohe Aktivität). Ebenfalls einen Zuwachs verzeichnet die Branche Transport und Logistik mit einer M&A-Aktivität von 5,91. Nach wie vor eine hohe Aktivität findet in den Branchen Software und IT (8,88), Pharma und Healthcare (7,85) sowie Handel und E-Commerce (7,08) statt.

Und auch die kommenden Monate dürften die M&A-Berater in Atem halten, denn der Dealflow wird extrem hoch bleiben, erwarten die FINANCE-Panelisten. Ihr künftiges Projektaufkommen mit Signing in den nächsten drei bis acht Monaten beziffern die befragten Berater mit 2,58 – noch ein historischer Höchstwert. Besonders heiß her gehen wird es wohl bei den jetzt schon stark eingespannten Mid- und Largecap-Beratern: Sie erwarten für den Winter eine Auslastung von 3,07 Punkten, die Smallcap-Berater immerhin noch 2,17.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.