Erst das Pigmentgeschäft, dann die Bauchemiesparte – und nun die Beteiligung am Joint Venture Solenis: BASF räumt im eigenen Portfolio weiter auf. Wie der Chemiekonzern bekanntgab, veräußert er seinen Anteil von 49 Prozent an dem Geschäft mit Papier- und Wasserchemikalien an den US-Private-Equity-Investor Platinum Equity. Auch die Mitgesellschafter, die Investmentfirma Clayton, Dubilier & Rice (CD&R) sowie das Solenis-Management, verkaufen ihr Anteilspaket von über 51 Prozent. Gerüchte über einen Verkauf von Solenis waren bereits im Juni durchgesickert.
BofA Securities und Citi agierten als Co-Financial Advisors für Solenis, während CD&R, Debevoise & Plimpton in Rechtsfragen berieten. Platinum Equity ließ sich von Gibson, Dunn & Crutcher rechtlich beraten.
Finanzinvestor bewertet Solenis mit 5 Milliarden Dollar
Bei der Transaktion wird Solenis mit 5,25 Milliarden US-Dollar (rund 4,4 Milliarden Euro) inklusive Schulden bewertet. Die Nettofinanzschulden von Solenis belaufen sich laut BASF auf derzeit 2,5 Milliarden Dollar (rund 2,1 Milliarden Euro). Damit dürfte dem Dax-Konzern aus dem Verkauf seines Anteils mehr als 1 Milliarde Dollar brutto zufließen. Den M&A-Deal will BASF noch in diesem Jahr abschließen, die zuständigen Behörden müssen die Transaktion noch genehmigen. Nach Abschluss des Deals ist das Investment in Solenis vollständig beendet, kündigt BASF an. Lieferverträge und Geschäftsbeziehungen seien vom Ausstieg aber nicht betroffen.
Hinter dem Finanzinvestor Platinum Equity steht der US-Investor Tom Gores, der Solenis mit dem Portfoliounternehmen Sigura Water verschmelzen will. Das neue Unternehmen soll die steigende Nachfrage nach Chemikalien zur Wasserbehandlung – zum Beispiel für die Lebensmittelverpackungs- oder die Papierindustrie – besser bedienen können, so Platinum Equity.
Umsatz von Solenis soll auf 3,5 Milliarden Dollar steigen
Solenis ist erst seit 2019 ein Teil des BASF-Portfolios. Damals gründeten der Chemiekonzern und CD&R ein Joint Venture, BASF brachte in das Gemeinschaftsunternehmen das eigene Geschäft für sogenannte Wet-End Papier- und Wasserchemikalien ein. Von CD&R stammte das 1907 gegründete Unternehmen Solenis. Die Einheit, die BASF einbrachte, erwirtschaftete im Jahr 2017 mit 1.300 Mitarbeitern einen Umsatz von 800 Millionen Euro, wie BASF bei der Bekanntgabe des Deals 2018 sagte.
Nach der Gründung des Joint Ventures mit BASF sprang der Umsatz des kombinierten Unternehmens zurückgerechnet auf das Jahr 2017 auf 2,4 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr betrug er 2,8 Milliarden Euro. Die Mitarbeiterzahl wuchs im selben Zeitraum von rund 5.000 auf 5.200. Nach dem Zusammenschluss mit Sigura Water soll das Unternehmen nun einen Umsatz von 3,5 Milliarden Dollar erzielen, erwartet Platinum Equity.
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Im Portfolio von CD&R befand sich Solenis seit 2014. Die Investmentgesellschaft hatte damals eine Mehrheitsbeteiligung an dem Spezialchemieunternehmen von dem US-Strategen Ashland übernommen. Im Rahmen dieser Transaktion wurde die damalige Solenis mit 1,8 Milliarden US-Dollar bewertet.
Kauft BASF einen Batteriechemiespezialisten?
Der Chemiekonzern BASF folgt mit dem Deal dem Trend in der Branche, sich auf das Kerngeschäft zu fokussieren und sich in diesem Zuge von Randbereichen zu trennen. Zukäufe erfolgen dementsprechend nur, um bestehende Segmente zu stärken, wie es im vergangenen Jahr etwa Covestro mit RSM oder Lanxess mit Emerald Kalama Chemicals vorgemacht hatten. Das Pigment- sowie das Bauchemiegeschäft hat BASF bereits veräußert, und dafür im Bereich Polyamide, technische Kunststoffe sowie im Agrarsektor zugekauft.
Damit scheint die Portfoliobereinigung bei BASF vorerst abgeschlossen zu sein. Künftig will der Dax-Konzern im asiatischen Markt, und dort vor allem in China, wachsen. Eine neue Produktionsanlage wird derzeit gebaut. Als zweites Wachstumsfeld erachtet der Konzern das Geschäft mit Batteriematerialien – ein Bereich, den sich Marktbeobachtern zufolge auch Lanxess genauer anschaut. Hier könnte BASF kleinere Unternehmen zukaufen. Weil viele Batteriehersteller in Asien angesiedelt sind, könnte der Konzern so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: ins aussichtsreiche Geschäft mit Batteriechemikalien einsteigen und die Präsenz in Asien ausbauen.
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Die Bilanz der drei M&A-Deals ist ordentlich: Für zusammengerechnet fast 9 Milliarden Euro hat BASF mehrere Geschäftseinheiten veräußert. Wie viel davon dem Konzern genau zufließt, ist nicht bekannt. Es dürften aber mehrere Milliarden Euro sein, die CFOHans-Ulrich Engel durchaus gebrauchen kann: Fast 5 Milliarden Euro hat der Konzern im vergangenen Jahr für Investitionen inklusive M&A ausgegeben, weitere knapp 2,1 Milliarden Euro entfielen 2020 auf Forschungs- und Entwicklungskosten. Wenngleich die Ausgaben für M&A in diesem Jahr nicht unbedingt so hoch sein müssen – für Innovationen will der Konzern, der im Corona-Jahr einen Gewinneinbruch (Ebitda) von fast 21 Prozent auf knapp 6,5 Milliarden Euro verkraften musste, weiterhin größere Summen in die Hand nehmen.
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Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.