Die Coronavirus-Pandemie sorgte 2020 nicht nur für Einbrüche in der Wirtschaft, sondern auch bei den Unternehmensbewertungen. Vergleicht man die FINANCE-Multiples zu Jahresbeginn 2020 und im Sommer – also dem Zeitraum, bevor und direkt nachdem Corona erstmals in Deutschland Einzug hielt – fielen diese über alle Branchen und Größenklassen hinweg um durchschnittlich 0,4 Punkte von 8,6x auf 8,2x Ebit. Bis zum Jahresende erholten sich die Multiples allerdings wieder auf durchschnittlich 8,4x Ebit, rangieren damit aber immer noch unter dem Vorjahresniveau von 8,6x Ebit.
Automotive-Multiples mit schwacher Ausgangslage
Besonders schwer von der Coronakrise getroffen wurde die ohnehin schon angeschlagene Automotive-Branche. Geschwächt von der US-Handelspolitik, dem damals noch drohenden Brexit und seinen Folgen sowie der Konjunkturschwäche Chinas geriet Automotive in einen regelrechten Abwärtssog, wie Ferdinand R. Schulhauser, Partner der M&A– und Unternehmensberatung Graf Lambsdorff & Compagnie, im Mai im Gespräch mit FINANCE erzählte.
Das schlug sich auch in den Ebit-Multiples nieder: Schon zu Beginn des vergangenen Jahres rangierten die Ebit-Multiples in der Automotive-Branche über alle Größenklassen hinweg bei 7,7x und damit niedriger als der Schnitt (FINANCE-Multiples-Durchschnitt in 2019: 8,6x Ebit). Im Frühjahr 2020, als die Krise ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, lag der Durchschnittswert der Automotive-Multiples nur noch bei 7,0x Ebit.
Besonders schwer getroffen wurden die mittelgroßen und größeren Autozulieferer: Vergleicht man die Ebit-Multiples im Mid-Cap-Bereich von Anfang des Jahres mit den Werten im Sommer, so fielen die Multiples in dem Segment um 0,7 Punkte auf 7,0x Ebit. Im selben Zeitraum fielen die Large-Cap-Multiples um ebenfalls 0,7 Punkte auf immerhin 8x Ebit. Die kleineren Zulieferer erlitten im Vergleichszeitraum einen Rückgang um 0,6 Punkte auf 6,1x Ebit.
Und ein Aufatmen ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Zum Jahresende lagen die Automotive-Multiples im Durchschnitt bei 6,9x und damit sogar noch unter den Werten aus dem Sommer.
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Stabile Multiples in der Pharmabranche
Doch nicht alle Branchen verzeichneten einen so heftigen Einbruch bei den Multiples, wie das Beispiel der Pharmaindustrie zeigt: Vergleicht man die Werte vom Jahresanfang und vom Sommer miteinander, fielen die M&A-Bewertungen über alle Größenklassen hinweg lediglich um 0,1 Punkte auf durchschnittlich 10,1x Ebit. Ein identisches Bild zeigt sich auch in den einzelnen Segmenten: Alle Größenklassen – von Small-Cap (Mai: 8,8x Ebit) über Mid-Cap (10x Ebit) bis Large-Cap (11,5x Ebit) – verzeichneten nur einen kleinen Rückgang um 0,1 Punkte.
Die Pharmaindustrie gilt ohnehin schon als vergleichsweise sicher – 2020 hat sie durch die Corona-Pandemie aber einen zusätzlichen Schub bekommen. Impfstoffentwickler wie Curevac oder Biontech oder Medizintechniker wie Drägerwerk, profitierten von einer Corona-bedingten erhöhten Nachfrage. Ein gleichbleibendes oder sogar leicht erhöhtes Interesse an M&A-Targets aus der Branche sorgte somit auch für vergleichsweise stabile Ebit-Multiples.
Telekommunikation schließt 2020 am besten ab
Die Automotive-Multiples wurden durch Corona in Mitleidenschaft gezogen, die Bewertungen in der Pharmabranche kamen mit einem blauen Auge davon – doch eine Branche trotzte der Krise: die Telekommunikationsbranche. Zu Beginn des Jahres lagen die FINANCE-Multiples über alle Größenklassen hinweg im Durchschnitt bei 9,5x Ebit. Corona konnte den Bewertungen nichts anhaben: Im Sommer rangierte der Wert immer noch bei 9,5x Ebit.
Der Branche gelang sogar ein kleines Kunststück: Als einzige Branche der FINANCE-Multiples schaffte es die Telekommunikation, das Jahr 2020 mit einer positiven Entwicklung abzuschließen: einem durchschnittlichen Multiple von 9,7x Ebit.
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Alle detaillierten Daten zu insgesamt 16 verschiedenen Branchen finden Sie in den FINANCE-Multiples.