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Befesa schlägt mit Großakquisition in den USA zu

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Mit einer großen Akquisition breitet sich Befesa auf dem US- Markt aus und will das das Recycling-Geschäft von American Zinc Recycling kaufen.
Befesa

Der Industrie-Recycler Befesa wagt eine große Übernahme in den USA mit erheblichen strategischen Konsequenzen: Das SDax-Unternehmen kauft das Recycling-Geschäft von American Zinc Recycling (AZR). Dafür legt das deutsch-spanische Unternehmen mit Hauptsitz in Luxemburg 450 Millionen US-Dollar auf den Tisch. Umgerechnet sind das rund 377 Millionen Euro. Der Deal soll im dritten Quartal vollzogen werden. 

Zusätzlich sichert sich Befesa für 10 Millionen US-Dollar eine Minderheitsbeteiligung von 7 Prozent am Zinkraffinierungsgeschäft von AZR. Die restlichen 93 Prozent kann der Industrie-Recycler für 135 Millionen US-Dollar übernehmen, sobald bestimmte operative und finanzielle Meilensteine in der Zinkraffinerie erreicht werden, die erst vor kurzem ihren Betrieb wieder aufgenommen hat. Entwickelt sich das Geschäft nach dem Hochlauf noch besser als erwartet, müsste Befesa darüber hinaus noch einen Earn-out von bis zu 29 Millionen Euro zahlen. Sowohl die Meilensteinzahlung als auch der Earn-out können in bar oder in Befesa-Aktien bezahlt werden.

Die Aktionäre begrüßen den Deal: Nach der Bekanntgabe sprang die Aktie am Donnerstagmorgen zwischenzeitlich um rund 9 Prozent auf 63 Euro nach oben – und das trotz einer mit dem Deal verbundenen Kapitalerhöhung. Seit dem Jahreswechsel hat der Kurs um fast 18 Prozent zugelegt. An der Börse ist Befesa rund 2 Milliarden Euro wert, der Unternehmenswert beläuft sich auf etwa 2,4 Milliarden Euro.

Befesa will durch AZR Weltmarktführer werden

Unter Befesas Dach schlüpft ein Unternehmen, das umweltgefährdende Abfälle aus der Stahlindustrie verarbeitet. Laut Befesa-Angaben zählt AZR zu den größten Anbietern für das Recycling von Stahlstaub aus Elektrolichtbogenöfen (EAFD) in den USA. Befesa zufolge wird mehr als 70 Prozent des gesamten Stahls in den USA mit dem EAFD-Verfahren hergestellt. Mit vier Recyclinganlagen kann AZR 620.000 Tonnen pro Jahr verarbeiten.

„Durch die Übernahme des Recyclinggeschäfts von AZR wird Befesa zu einem weltweiten Marktführer im EAFD-Recycling mit einer ausgewogenen geografischen Präsenz in Europa, Asien sowie den USA“, begründen die Luxemburger den Zukauf. Nach dem Closing würde Befesa weltweit zwölf Anlagen betreiben. Sie stehen in Deutschland, Frankreich, Spanien, der Türkei, in Südkorea sowie in den USA, mit einer Verarbeitungskapazität von etwa 1,7 Millionen Tonnen Stahlstaub pro Jahr. In China baut Befesa gerade zwei weitere Werke.  

Durch die Integration von AZR, der Nummer 3 am Weltmarkt, wäre das Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Befesa und dem Wettbewerber ZN um die Weltmarktführerschaft entschieden: Befesa läge dann nicht mehr gleich auf, sondern wäre fast 60 Prozent größer als das nächstgrößere Unternehmen – ein nahezu uneinholbarer Vorsprung.

Befesa zahlt sehr niedriges Multiple

Die Eckdaten des Deals erklären, warum die Börse die Transaktion feiert: Während Befesa selbst mit 12,5x Ebitda bewertet wird, bezahlt das Management um CFO Wolf Lehmann für AZR nur 8,3x Ebitda. Inklusive der ergebniswirksamen, kurzfristig zu hebenden Synergien von 17 Millionen Euro pro Jahr sinkt das Kaufpreis-Multiple auf 6,0x Ebitda – nicht einmal halb so viel, wie Befesa selbst kostet. Sollte in einigen Jahren auch noch die Option zur Übernahme der Zinkaufbereitung des US-Targets greifen, würde Befesa für dieses Unternehmen rund 7x Ebitda bezahlen.  

Zudem verspricht AZR noch Optimierungspotential. Während Befesa Anlagen zu 90 Prozent ausgelastet sind, sind es bei AZR nur 73 Prozent. Entsprechend erwirtschaften die Amerikaner mit 101 Euro einen beinahe nur halb so großen operativen Gewinn pro verarbeiteter Tonne wie Befesa (185 Euro). Insgesamt beziffert das Konzern das Wertsteigerungspotential der Akquisition auf mehr als 300 Millionen Euro.

Befesa sammelt Geld mit Kapitalerhöhung ein

Das Finanzierungspaket für den Deal steht bereits. Befesa hat sich durch eine Kapitalerhöhung schon am gestrigen Mittwoch Abend frisches Geld besorgt. Mit Hilfe einer Privatplatzierung wurden 5,9 Millionen neuen Aktien zu je 56 Euro an institutionelle Investoren abgegeben. Bruttoemissionserlös: 332 Millionen Euro. Die Citigroup fungierte als Sole Global Coordinator und Sole Bookrunner für die Platzierung der neuen Aktien.

Zusätzlich stockt CFO Lehmann den bestehenden „Term Loan B“ um 90 Millionen Euro auf. Laut dem Geschäftsbericht 2020 hatte der Term Loan B zuletzt ein Volumen von 526 Millionen Euro und läuft noch sieben Jahre. In Summe wird diese Finanzierungsstruktur dazu führen, dass der Leverage von Befesa von derzeit 2,3x Ebitda nach Abschluss des Deals auf 2,1 bis 2,2x Ebitda sogar leicht zurückgehen wird.

Triton führte Befesa 2017 an die Börse

Befesa befand sich bis Mitte 2019 noch in Private-Equity-Hand. Nachdem der Investor Triton das Unternehmen im November 2017 an die Börse gebracht hatte, stieg er über den Verkauf seiner übrigen Aktien rund zwei Jahre später komplett aus. Befesa musste sich ab dann alleine beweisen.

Das schaffte der Konzern auch. Das erste Quartal dieses Jahres war das beste der Unternehmensgeschichte. Das Ebitda stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um 46 Prozent auf 49 Millionen Euro. 2020 erwirtschaftete Befesa Umsätze von 604 Millionen Euro. In diesem Jahr soll es wegen der Erholung aus dem Coronatief deutliche Zuwächse geben.

sarah.backhaus[at]finance-magazin.de