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Finanzinvestor rettet Condor

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Kurz vor der Urlaubssaison kann der Ferienflieger Condor aufatmen: Der Finanzinvestor Attestor schießt fast eine halbe Milliarde Euro zu.
Condor

Condor hat einen neuen Geldgeber gefunden: Die Londoner Vermögensverwaltung Attestor Capital soll 51 Prozent der Anteile an dem Ferienflieger übernehmen, wie Condor mitteilte. Im Zuge des Deals schießt der Investor dem gebeutelten Unternehmen insgesamt 450 Millionen Euro Eigenkapital zu: 200 Millionen Euro sollen zur Abfederung weiterer Corona-bedingter Liquiditätsengpässe eingesetzt werden. Hinzu kommen weitere 250 Millionen Euro für die Modernisierung der überalterten Langstreckenflotte von Condor.

Das Unternehmen feiert den Einstieg des neuen Investors: Damit sei nicht nur das rasche Hochfahren des Flugbetriebs nach Überwinden der Corona-Pandemie gesichert, sondern auch die langfristige Weiterentwicklung des Ferienfliegers. Alle 4.050 Arbeitsplätze bei der Fluglinie und dem unternehmenseigenen Wartungsbetrieb Condor Technik blieben erhalten.

Bund verzichtet auf 150 Millionen Euro

Auch der Staat beteiligt sich an der Rettung von Condor: Die Bundesrepublik und das Land Hessen verzichten auf eine Rückzahlung von 150 Millionen Euro aus dem KfW-Kredit über 550 Millionen Euro. Das Geld hatte der Staat dem Ferienflieger im April 2020 zur Verfügung gestellt, nach dem kurz zuvor die geplanten Übernahme durch die polnische Airline LOT geplatzt war. Auch die Polen wollten schon Geld zur Verfügung stellen, damit Condor sich modernere Langstreckenflieger beschaffen kann. Doch der Ausbruch der Corona-Pandemie verhinderte den Abschluss des Deals.

Nun ist das Darlehen durch den Forderungsverzicht des Bundes und des Landes Hessen restrukturiert worden. Unterstützt wurde Condor in den Verhandlungen von der Rechtsanwaltskanzlei Noerr, die Condor auch im Bieterprozess beraten hat. Wie viel der KfW-Mittel Condor gezogen hat, wollte das Unternehmen auf Anfrage von FINANCE nicht beantworten. Es dürfte aber der überwiegende Teil gewesen sein, da Condor seit der Rettung im operativen Geschäft viel Geld verbrannt hat.  

Condor: Schutzschirm reichte nicht

Allerdings mischt der Staat auch künftig als großer Minderheitseigentümer noch bei dem Ferienflieger mit: Die verbleibenden 49 Prozent der Anteile liegen weiterhin bei der staatlichen Treuhandgesellschaft SG Luftfahrtgesellschaft. Sie hatte Condor übernommen, nachdem der Ferienflieger im November 2020 aus dem Schutzschirmverfahren entlassen worden war. 

Da dies auch aus beihilferechtlichen Gründen keine Dauerlösung sein konnte, suchte Condor schon länger nach einem neuen Eigentümer. Mit insgesamt neun möglichen Investoren habe man verhandelt, erklärte CFOChristoph Debus der „Süddeutschen Zeitung“, drei von ihnen hätten verbindliche Angebote abgegeben. Das Rennen machte Attestor.

Wer ist der neue Condor-Investor Attestor?

Der neue Condor-Mehrheitseigentümer ist alles andere als kleiner Fisch, hierzulande aber dennoch ein weitgehend unbeschriebenes Blatt: Im Tourismussektor ist der Fonds, der 2012 von dem deutschen Investor Jan-Christoph Peters gegründet wurde und aktuell ein Vermögen von rund 5,5 Milliarden Euro verwaltet, bisher eigenen Angaben zufolge an einer „Reihe von Hotels in Italien und den Niederlanden“ beteiligt. Zum Portfolio gehöre auch eine Beteiligung an der österreichischen Bank Kommunalkredit Austria sowie am Autovermieter Europcar. Erfahrungen in der Luftfahrt kann Attestor dagegen bislang nicht vorweisen.

Das soll sich nun ändern: Perspektivisch könnte der Investor Condor sogar komplett übernehmen. Gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“ erklärte Fonds-Vertreter Friedrich Andreae, man plane, langfristig Eigentümer von Condor zu bleiben. „Wir glauben an die Marke und an das Geschäftsmodell.“ Ins operative Geschäft wolle sich der neue Eigentümer aber nicht einmischen, er sehe sich eher als „Sparringspartner für das Management.“ Mit CEO Ralf Teckentrup und CFO Debus soll die derzeitige Führung an Bord bleiben.

Eine Option für den Erwerb der restlichen 49 Prozent an Condor hat sich Attestor bereits einräumen lassen – „zu einem späteren Zeitpunkt“, wie es in der Pressemitteilung heißt. Unter welchen Umständen und ab wann der Investor die Option ziehen kann, wollte eine Condor-Sprecherin gegenüber FINANCE nicht präzisieren.

Veränderungen auch bei der Lufthansa

Veränderungen im Aktionärskreis gibt es auch bei der Lufthansa. Dort befinden sich die Nachfahren des im Februar verstorbenen Unternehmers Heinz Hermann Thiele weiter auf dem Rückzug. Nachdem sie schon in den vergangenen Wochen immer wieder Lufthansa-Aktien verkauft und so ihren Anteil in Richtung 10 Prozent reduziert hatten, hat Morgan Stanley für sie am gestrigen Abend nun ein großes Aktienpaket auf einmal platziert: 33 Millionen Aktien wechselten für 9,80 Euro das Stück den Besitzer. Damit dürften die Thieles jetzt nur noch rund 27 Millionen Lufthansa-Aktien besitzen.

Thiele war bei der Lufthansa eingestiegen, als sich die Coronakrise am Horizont abzeichnete und der Kurs abstürzte. Später stockte er mehrmals auf. Zeitweise blockierte er die Verhandlungen über eine Finanzspritze des Bunds, weil ihm die Bedingungen nicht zusagten. Seine Nachfahren scheinen das Lufthansa-Investment kritisch zu betrachten. Tatsächlich plant die Airline eine riesige Kapitalerhöhung, die die Anteile der bestehenden Aktionäre stark verwässern könnte.

desiree.buchholz[at]finance-magazin.de