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M&A-Gerüchte: Qiagen kommt nicht zur Ruhe

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Im Visier des US-Diagnostikers Quidel? Die Unternehmenszentale von Qiagen in Hilden.
Qiagen

Der Deal mit Thermo Fisher ist geplatzt – kommt nun Quidel? Offenbar interessiert sich jetzt der US-Diagnostiker Quidel für das Biotech Qiagen. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen berichtete, erwägt Quidel einen Zusammenschluss mit Qiagen. Die Überlegungen befänden sich noch in einem frühen Stadium und es gebe keine Garantie, dass es zu einem M&A-Deal komme. Qiagen wollte die M&A-Gerüchte auf FINANCE-Nachfrage nicht kommentieren.

Quidels Vorstandschef Doug Bryant kommentierte die Gerüchte ebenfalls nicht, zeigte sich gegenüber Bloomberg einem potentiellen Zusammenschluss aber nicht komplett verschlossen: „Wir werden keine Vereinbarung eingehen, die kein offensichtlicher ‚strategischer Fit‘ ist.“ Die US-Amerikaner würden sich weiterhin Möglichkeiten anschauen, die die globale Infrastruktur oder die Bereiche Digitales und Telemedizin stärken, heißt es weiter.

Qiagen profitiert von Nachfrage nach Corona-Tests

Doch wie gut würden Quidel und Qiagen tatsächlich zusammenpassen? Qiagen mit Sitz im nordrhein-westfälischen Hilden ist unter anderem auf Technologien zur Gen-Sequenzierung spezialisiert. Zum Portfolio gehören sogenannte Sample- und Assay-Technologien, die es ermöglichen bestimmte Moleküle sichtbar zu machen, zu isolieren, zu stabilisieren und für weitere Untersuchungen zu präparieren. Zudem ist der MDax-Konzern in den Bereichen Automation und Bioinformatik tätig. 2019 erwirtschaftete das deutsch-niederländische Unternehmen mit rund 5.100 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,5 Milliarden US-Dollar.

Qiagen gehört zu den Corona-Gewinnern: Im vergangenen Jahr führte das Biotech einen Coronavirus-Schnelltest ein. Die hohe Nachfrage nach den Tests sorgte dafür, dass Qiagen im Oktober 2020 gute Zahlen präsentieren konnte: Im dritten Quartal 2020 betrug der Nettoumsatz rund 481 Millionen Dollar, ein Plus von 26 Prozent zum Vorjahreszeitraum. Zudem hob der Konzern den Ausblick für das Gesamtjahr 2020 an: Das Unternehmen rechnete mit einem Umsatzwachstum von 20 Prozent (zuvor: 15 bis 18 Prozent) und einem Wachstum beim bereinigten Gewinn je Aktie um 45 Prozent auf 2,07 bis 2,09 Dollar je Aktie (zuvor: 2 Dollar).

Quidel ist 2020 enorm gewachsen

Das Diagnostikunternehmen Quidel mit Sitz im kalifornischen San Diego ist auf Infektionskrankheiten sowie Herz-, Kreislauf und Stoffwechselerkrankungen spezialisiert. Auch Quidel ist in dem Bereichen Molekulardiagnostik, Immunoassays und Test – darunter Corona-Antigentests – tätig. Beide Unternehmen sind also in ähnlichen Bereichen tätig und könnten von den Kompetenzen des Partners profitieren. Gleichzeitig überschneiden sich die Angebote und Produkte der Konzerne aber nicht zu stark.

2019 war Quidel allerdings noch deutlich kleiner als Qiagen: Das Unternehmen erwirtschaftete mit über 1.200 Mitarbeitern einen Umsatz von 534 Millionen US-Dollar. Doch Quidel ist 2020 massiv gewachsen und profitierte unter anderem von der steigenden Nachfrage nach Corona-Tests. Analysten erwarten jetzt ein sehr hohes Wachstum auf 1,6 Milliarden Dollar für das Gesamtjahr. Damit hätte sich Quidel innerhalb eines Jahres in eine ähnliche Größenliga wie Qiagen katapultiert.

Auch der Börsenwert der beiden Unternehmen hat sich innerhalb eines Jahres deutlich angenähert. Qiagen bringt aktuell 10,5 Milliarden Euro auf die Waage, Quidel kommt inzwischen auf über 8 Milliarden Euro, nachdem die Aktie nach Ausbruch der Pandemie fulminant nach oben geschossen ist. Analysten wie Ulrich Huwald von Warburg sprechen daher eher von einem „Merger unter Gleichen“ als einer Übernahme durch Quidel.

Kann Quidel einen Deal mit Qiagen stemmen?

„Aus Sicht von Quidel mag es sinnvoll sein, die eigene hohe Bewertung zu nutzen nach der Markteinführung mehrerer SARS-Covid-19-Tests“, meint Analyst Huwald. Gleichzeitig wäre eine Übernahme angesichts der noch höheren Bewertung von Qiagen herausfordernd. Schon bei der gescheiterten Übernahme durch Thermo Fisher stand ein Kaufpreis von über 10 Milliarden Dollar im Raum. Hinzu könnten sich – angesichts der Größe beider Unternehmen – kartellrechtliche Überlegungen gesellen.

Die Commerzbank warnte zudem, dass bei beiden Unternehmen die Abhängigkeit von COVID-19-Umsätzen recht hoch sei. Das berge mit Blick auf 2022 „Herausforderungen“, sodass eine Fusion aus dieser Sicht nicht angesagt sei.

Quidel ist nach dem US-Laborausrüster Thermo Fisher nun schon das zweite Unternehmen innerhalb weniger Monate, das sich für Qiagen interessiert. Im März 2020 kündigte Thermo Fisher an, Qiagen für 10 Milliarden Euro übernehmen zu wollen. Der Vorstand um CFORoland Sackers unterstützte die Offerte. Doch der Deal scheiterte – trotz Nachbesserung des Angebots und Herabsenken der Mindestannahmeschwelle. Neben Thermo Fisher sollen noch zahlreiche weitere Investoren ihr Interesse an einer Übernahme von Qiagen bekundet haben, die bei den Hildenern allerdings auf Ablehnung gestoßen waren.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

FINANCE-Köpfe

Roland Sackers, Qiagen N.V.

Nach seinem Studium tritt Roland Sackers 1995 der Prüfgesellschaft Arthur Andersen bei und bleibt dort bis 1999. Danach wechselt er zu Qiagen, zunächst als Vice President für Finanzen. 2004 wird er zum Finanzvorstand ernannt, wo er seitdem die Entwicklung und Umsetzung der langfristigen Finanzplanung verantwortet, die der Wachstumsstrategie des Unternehmens zugrunde liegt. Im Jahr 2006 wird Roland Sackers darüber hinaus zum Managing Director ernannt.

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Mehr über die bisherige Karriere von Finanzchef Roland Sackers erfahren Sie auf seinem Profil bei FINANCE-Köpfe.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.

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