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Smallcap-M&A: Die Gewinner- und Verlierer

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Während der E-Commerce-Sektor einen deutlichen Dämpfer verspürt, brummt das M&A-Geschehen am Solar-Markt. Foto: chee siong teh - stock.adobe.com
Während der E-Commerce-Sektor einen deutlichen Dämpfer verspürt, brummt das M&A-Geschehen am Solar-Markt. Foto: chee siong teh - stock.adobe.com

Lange haben sich die „kleinsten“ Deals als äußerst widerstandsfähig im rau gewordenen Marktumfeld für M&A-Transaktionen erwiesen. Während sich im Upper Mid- bis Lower Largecap-Segment bereits die Meldungen aus dem Markt häuften, dass Deals pausiert werden mussten (oder gar geplatzt sind), waren die M&A-Berater im Smallcap-Bereich noch bestens beschäftigt.

Doch auch der Markt für Smallcap-M&A ist nicht unverwundbar. „Wir sehen, dass es auch im Smallcap-Bereich holpriger wird und Deals auf das nächste Jahr verschoben werden“, erklärt Kai Hesselmann, Co-Gründer und Managing Partner von Dealcircle in Teil Vier unserer Smallcap-M&A-Reihe. Er berichtet aus dem Markt, dass es vor allem die Energiekosten seien, die Käufer zögerlich werden lassen, da sich oftmals noch nicht abschätzen lasse, wie sich die Preissteigerungen auf die Geschäftsentwicklung einzelner Unternehmen durchschlagen wird.

Grundsätzlich gilt im Smallcap-Bereich zwar weiterhin das Credo, dass Unternehmen verkaufen wollen oder müssen – sei es aufgrund von operativem Druck oder dringendem Nachfolgebedarf. Deswegen würden Transaktionen auch nicht auf die sehr lange Bank geschoben, sondern vorerst nur um einige Monate vertagt, berichtet Hesselmann aus der Praxis.

E-Commerce ist das große Sorgenkind im Smallcap-M&A-Markt

Doch es gibt ein Ausnahmesegment, das zur Zeit stark ausblutet: E-Commerce. Zu den Hochphasen der Corona-Pandemie erlebten Onlineshops noch ein ungebremstes Wachstum, der Wettbewerb wuchs, die Umsätze explodierten. Viele E-Commerce-Firmen wurde vollgepumpt mit Fremdkapital und Venture Capital, das hat sogar einige damals vielversprechende Börsengänge wie den von About You hervorgerbacht.

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Das änderte sich schlagartig mit dem Ende der Lockdowns, die Konjunkturkrise trug ihren Teil zum Rückgang der Branche bei, ebenso gestiegene Logistikpreise. Aktuell muss die Branche laut Zahlen des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland spürbare Umsatzeinbrüche verkraften, im zweiten Quartal von 9,6 Prozent, im dritten sogar von 10,8 Prozent.

„Dieses starke Auf und Ab schlägt sich auf das M&A-Verhalten der Branche durch, konkret auf die Unternehmensbewertung. Verkäufer setzen eine Bewertung auf Basis des vergangenen Geschäftsjahres an, die Käufer mittlerweile für unrealistisch erachten“, erklärt Hesselmann. „Die Branche muss aktuell schlichtweg abwarten und lernen, was das neue Normalniveau ihrer operativen Performance ist.“ In der Zwischenzeit erlegen sich viele E-Commerce-Unternehmen Sparkurse auf.

„Anstatt jetzt (zu) billig zu verkaufen, ist das Gebot der Stunde eher abwarten, Deals schieben, die Cash-Burn-Rate drücken und warten, bis das Tal der Tränen durchschritten ist“

Kai Hesselmann, Co-Gründer und Managing Partner von Dealcircle

Doch könnte dieser Zustand nicht eine M&A-getriebene Konsolidierung der Branche befeuern – ähnlich wie es die strauchelnden Quick-Commercer Flink, Gorillas und Co. erleben? Eher nicht, glaubt Hesselmann, denn anders als bei den super schnellen Essenlieferdiensten, die ihre Hochphase ebenfalls Corona verdanken, wüssten die Player aus dem E-Commerce-Bereich, dass ihre Geschäftsmodelle auch abseits von Krisen profitabel funktionieren können.

„Anstatt jetzt (zu) billig zu verkaufen, ist das Gebot der Stunde eher abwarten, Deals schieben, die Cash-Burn-Rate drücken und warten bis sich die Bewertungen wieder normalisiert haben und das Tal der Tränen durchschritten ist“, glaubt M&A-Experte Hesselmann. Die Quick-Commercer hingegen wüssten, dass ihr Geschäftsmodell bei dem aktuell fragmentierten Wettbewerb nie nachhaltig profitabel sein werde und sie nur dank extrem engmaschiger Finanzierungsrunden überlebten.

Dass nicht allen aus der Branche dies gelingen wird, zeigt Windeln.de. Jüngst erst musste das „Zalando für die Babywelt“ Insolvenz anmelden.

Renewables bei Strategen wie Finanzinvestoren hoch im Kurs

Ganz anders sieht die Lage in der Photovoltaik-Branche aus. Die Energiekrise verleiht dem gesamten Renewables-Sektor einen Nachfrageschub, und dank des stark positiven Makrotrends ist speziell der Solarmarkt für Investoren und auch Verkäufer ein sehr schönes M&A-Spielfeld. Das, so Hesselmann, steche Lieferprobleme, die auch hier spürbar werden, aus. Das Start-up 1komma5 Grad ist nur ein Beispiel für eine stark M&A-getriebene Wachstumsfirma im Solar-Sektor.

Und ein weiterer Faktor treibt die Deal-Dynamik im Photovoltaik-Bereich: Der Fachkräftemangel. „Es fehlt vorne und hinten an Installationselektrikern. Das heißt, jene Firmen mit viel fachlichem Humankapital sind für Strategen äußerst interessant“, glaubt Hesselmann.

Attraktive Übernahmeziele können sie aber auch für Private-Equity-Häuser sein, die Buy-and-build-Strategien fahren. „Die Einstiegs-Multiples sind noch recht günstig und der Markt fragmentiert“, erklärt Hesselmann. Die Smallcap-Multiples im Bereich Erneuerbare Energien liegen laut der FINANCE Multiples zwischen 0,85x und 1,16x Umsatz. Dieser Sektor dürfte also auch in der Krise – oder gerade durch sie –  ein reges M&A-Interesse erfahren.

Melanie Ehmann ist Redakteurin bei FINANCE und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen am M&A- und Private-Equity-Markt. Sie hat Politikwissenschaften an der Technischen Universität Darmstadt studiert. Vor FINANCE arbeitete Melanie Ehmann sechs Jahre in der Redaktion des Platow Verlags, zunächst als Volontärin, später als Wirtschaftsjournalistin im Platow Brief und den Sonderpublikationen.