Aufatmen bei Traton: Nach einem monatelangen Hin und Her ist der Weg nun frei für die Übernahme des Lkw-Herstellers Navistar. Wie die VW-Tochter mitteilte, habe man eine „grundsätzliche Einigung“ mit den US-Amerikanern erzielt. Demnach will Traton über eine Verschmelzung alle Aktien von Navistar zu einem Preis von 44,50 US-Dollar je Aktie erwerben.
Traton hält bereits 16,8 Prozent der Anteilsscheine der US-Amerikaner, für den restlichen Bestand bieten die Münchener somit 3,7 Milliarden US-Dollar.
Traton stockt Navistar-Angebot auf
Damit stocken die Münchener ihr Angebot erneut auf. Noch am vergangenen Mittwoch hatte die VW-Tochter erklärt, 43 Dollar je Aktie sei das beste und finale Angebot. Zugleich hatte Traton den US-Amerikanern ein Ultimatum gesetzt: Bis Freitag solle Navistar die Offerte annehmen und den Preis als Voraussetzung für die weiteren Gespräche zu akzeptieren, sonst sei das Angebot endgültig vom Tisch.
Vor allem die beiden aktivistischen Investoren Carl Icahn (16,8 Prozent) und Mark Rachesky (16,3 Prozent) hatten im Vorfeld auf eine wesentliche höhere Bewertung gedrungen. Sie spekulierten Berichten zufolge sogar auf eine Offerte von 50 Euro je Aktie.
Dazu kam es nun nicht, allerdings konnten die Aktivisten noch einen Nachschlag verhandeln: „Wir sind erfreut bestätigen zu können, dass 44,50 Dollar je Aktie in Bar eine akzeptable Basis sind, um eine Einigung zu erzielen”, heißt es in einem weiteren Schreiben von CEO Gründer und CFO Schulz an Navistar.
FINANCE-Köpfe
Einigung mit Navistar unter Vorbehalt
Mit der nun erzielten Einigung geht ein langer Übernahmekrimi auf die Zielgerade: Zu Beginn des Jahres hatte der Lkw-Hersteller erstmals sein offizielles Interesse an Navistar hinterlegt, wollte seinerzeit aber nur 35 Euro je Aktie zahlen. Im September erhöhte das Traton-Management um CEO Matthias Gründler und CFOChristian Schulz trotz der Coronakrise das Angebot zum ersten Mal auf 43 Euro.
Komplett in trockenen Tüchern ist der M&A-Deal allerdings nicht, wie die VW-Tochter in der Mitteilung durchblicken lässt. Die Einigung stehe noch unter Vorbehalt eines zufriedenstellenden Abschlusses der Due Diligence, einem Übereinkommen über den Verschmelzungsvertrag und der zugehörigen Transaktionsdokumente. Die Gremien von Traton, Volkswagen und Navistar müssen den Deal auch noch durchwinken. Das dürfte allerdings nur eine Formalie sein.
Traton drängt auf den US-Markt
Der Navistar-Deal ist für VWs börsennotierte Lkw-Tochter von zentraler Bedeutung: Mit der Übernahme möchten die Münchener im US-amerikanischen Markt für Nutzfahrzeuge Fuß fassen, den Traton momentan noch dem Rivalen Daimler Trucks überlässt.
Ursprünglich wollte Traton den Kauf noch in diesem Jahr vollziehen, doch die Coronakrise sowie die widerspenstigen Navistar-Aktionäre machten diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Analysten rechnen nun mit einem Abschluss der Transaktion bis Mitte 2021.
Der Kauf sei ein logischer Zug, kommentierte etwa Metzler-Analyst Jürgen Pieper. Nur so könnten erhebliche Kosten eingespart werden. Zwar sei bis Ende 2021 nur mit wenigen Effekten zu rechnen, in den Folgejahren könnten durch die Synergien aber schätzungsweise mindestens 300 Millionen Euro im Jahr eingespart werden.
Info
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Jakob Eich ist Chef vom Dienst des Printmagazins FINANCE und arbeitet parallel für das Schwestermedium DerTreasurer. Beide Publikationen gehören zum Fachverlag F.A.Z Business Media, bei dem der gebürtige Schleswig-Holsteiner auch sein Volontariat absolviert hat. Eich ist spezialisiert auf die Themen Digitalisierung im Finanzbereich und Treasury. Erste journalistische Erfahrungen sammelte der Journalist in den Wirtschaftsmedien von Gruner+Jahr sowie in der Sportredaktion der Hamburger Morgenpost.