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Warum der Ukraine-Krieg den M&A-Markt heftiger trifft als Corona

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Der Ukraine-Krieg wird den M&A-Markt heftiger treffen als die Coronakrise, sind sich viele M&A-Experten sicher. Foto: misu - stock.adobe.com
Der Ukraine-Krieg wird den M&A-Markt heftiger treffen als die Coronakrise, sind sich viele M&A-Experten sicher. Foto: misu - stock.adobe.com

Droht dem M&A-Markt aufgrund des Ukraine-Kriegs ein Corona-Déjà-vu? Das war eine der Kernfragen des neuen FINANCE M&A Panels, für das FINANCE wieder knapp 90 M&A-Chefs aus Unternehmen sowie M&A-Berater und Investmentbanker nach ihrer Markteinschätzung befragt hat. Die kurze Antwort auf die Frage lautet „Nein“. Doch das heißt nicht, dass das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen vom Krieg in der Ukraine gänzlich unangetastet bleibt – im Gegenteil.

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Bereits jetzt liegen M&A-Transaktionen auf Eis oder mussten komplett gepullt werden, die Lieferketten von attraktiven Targets werden bei der Due Diligence intensiv auf einen Bezug zu Russland oder der Ukraine geprüft, und Unternehmensbewertungen müssen auf den Prüfstand. Hinzu kommen massive indirekte Auswirkungen wie steigende Energiepreise und Rohstoffkosten, die auch den M&A-Markt belasten.

Doch obwohl der Ukraine-Krieg das M&A-Geschäft gedämpft hat, ist der Dämpfer nicht so heftig wie der durch die Coronakrise Anfang 2020. Damals lag der M&A-Markt für mehrere Monate nahezu komplett brach, erholte sich danach aber wieder zügig.

Die meisten M&A-Transaktionen laufen wie geplant weiter

Diesmal läuft der M&A-Markt größtenteils wie gewohnt weiter: Bei der aktuellen Umfrage geben lediglich 25 Prozent der Befragten an, dass sie infolge des Kriegs mindestens eine Transaktion pausieren (10 Prozent) oder gar komplett abbrechen mussten (15 Prozent). Für mehr als zwei Drittel der M&A-Experten (70 Prozent) ist unterdessen „business as usual“ angesagt: Sie geben an, alle begonnenen M&A-Aktivitäten wie geplant fortzuführen. 5 Prozent der Teilnehmer machten keine Angabe.

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Der Ukraine-Krieg und seine Folgen haben auch Einzug in die Due Diligence gehalten. Für mehr als zwei Drittel der Befragen (75 Prozent) sind der Krieg und seine Folgen ein Faktor bei der Prüfung des potentiellen Übernahmekandidaten. Ein Viertel der Befragten untersucht Kriegsfolgen bei Targets nicht explizit vor dem Unternehmenskauf. 5 Prozent machten hierzu keine Angabe. Geprüft wird dabei unter anderem, ob das Zielunternehmen Geschäft in Russland oder in der Ukraine hat und wie damit umgegangen werden soll.

Viele Unternehmen haben sich etwa dazu entschlossen, ihre Aktivitäten in Russland einzustellen oder abzustoßen. Dies führt allerdings nicht zu mehr Dealflow – zumindest nicht am deutschen M&A-Markt. Abgesehen davon gibt es derzeit keine außergewöhnlichen M&A-Chancen, glauben die befragten M&A-Experten. Lediglich 10 Prozent von ihnen geben an, dass sich durch den Ukraine-Krieg besondere M&A-Opportunitäten für ihr Unternehmen ergeben haben. Etwas mehr als die Hälfte (55 Prozent) sieht aktuell nicht mehr Dealflow als sonst, und ein Viertel der Befragten bekommt im Moment sogar weniger Deals im Vergleich zu vor dem Kriegsausbruch vorgestellt. 10 Prozent der M&A-Experten machten keine Angabe.

Ukraine-Krieg: M&A-Markt wird sich deutlich langsamer erholen

Trotz der vielen Auswirkungen des Kriegs auf den M&A-Markt, die denen der Coronakrise ähneln, lassen sich die Folgen für das M&A-Geschäft nicht miteinander vergleichen, glauben die von FINANCE befragten M&A-Experten: Sie vertreten die Einschätzung, dass der Ukraine-Krieg den M&A-Markt nachhaltiger trifft als die Coronakrise. Dies wird an zwei Umfrageergebnissen deutlich.

Erstens stimmt ein Großteil (55 Prozent) der These zu, dass der Einbruch am deutschen M&A-Markt durch den Ukraine-Krieg heftiger ausfallen wird als der durch die Corona-Pandemie. Etwas mehr als ein Drittel (35 Prozent) hingegen verneint die These. 10 Prozent der Befragten enthielten sich. Zweitens glaubt die Mehrheit der Befragten (55 Prozent) nicht, dass sich der deutsche M&A-Markt ähnlich schnell von dem Schock durch den Krieg erholen wird wie 2020 vom Corona-Lockdown. Ebenfalls rund ein Drittel der Befragten (35 Prozent) bestätigt die These. Auch hier enthielten sich 10 Prozent der Umfrageteilnehmer.

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Inflation bereitet M&A-Chefs größere Sorgen als Ukraine-Krieg

Wie lassen sich diese Ergebnisse interpretieren? So könnte es sein, dass der Ukraine-Krieg bedingt durch seine regionale Nähe zu Deutschland als größerer Störfaktor für das M&A-Geschäft wahrgenommen wird. Darüber hinaus ist es aber auch möglich, dass die deutschen Unternehmen zum Teil noch immer mit den Herausforderungen der Coronakrise zu kämpfen haben und der Krieg und seine Folgen noch „on top“ kommt. Gestützt wird diese These durch das FINANCE M&A Panel: 40 Prozent der Befragten stimmen der These zu, dass sich der deutsche M&A-Markt noch nicht komplett von den Folgen der Corona-Pandemie erholt hat – das ist trotz der Tatsache, dass 60 Prozent diese These verneinen, ein relativ hoher Zustimmungswert.

Dennoch gibt es einen Faktor, der die deutschen M&A-Chefs aktuell stärker herumtreibt als der Ukraine-Krieg, und zwar die steigende Inflation. Dass diese ein deutlich wichtigerer Einflussfaktor für den deutschen M&A-Markt ist, glauben 60 Prozent der befragten M&A-Professionals. Schließlich dürfte die Inflation zusammen mit einem baldigen Zinsanstieg Akquisitionsfinanzierungen verteuern und Unternehmen am M&A-Markt deutlich selektiver werden lassen. Immerhin 30 Prozent der Befragten halten die Inflation nicht für einen größeren Einflussfaktor als den Krieg. 10 Prozent machten keine Angabe.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.