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Zalando backt sehr kleine M&A-Brötchen

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Zalando kauft Mode-Blog nebst der Kreativagentur Highsnobiety. Foto: Zalando
Zalando kauft den Mode-Blog nebst der Kreativagentur Highsnobiety. Foto: Zalando

Zalando wartet mit einem M&A-Deal auf, mit dem wohl kaum jemand außerhalb des Unternehmens und seiner M&A-Berater gerechnet hat: Der Modehändler übernimmt Highsnobiety, einen digitalen Verlag, der um einen Mode-Blog herum entstanden ist und inzwischen auch als Kreativagentur und mit einem eigenen kleinen E-Commerce-Arm am Markt auftritt. Zur Deal Rationale lässt Zalando verlauten, es gehe um „kulturelle Relevanz“ und darum, Kompetenzen in den Bereichen Mode und Storytelling zusammenzuführen.

Konkret will Zalando das Know-how des Neuerwerbs nutzen, um das Einkaufserlebnis auf den eigenen Plattformen zu verbessern und die Online-Umgebung aufzufrischen. David Fischer, der Highsnobiety 2005 in Berlin gegründet hat und seitdem führt, bleibt als Geschäftsführer an Bord und behält auch eine Minderheitsbeteiligung an seinem Unternehmen. Er behauptet, Highsnobiety zähle „zu den weltweit einflussreichsten Stimmen im Bereich Mode und Lifestyle“.

Der Kaufpreis wurde nicht genannt. Zalando ließ sich bei dem Deal von White & Case, PwC und McKinsey beraten, Highsnobiety unter anderem von Liontree und Taxess.  

Was ist mit den großen Zalando-Targets?

Die Übernahme ist eher mit der Kreativ- denn mit der Finanzbrille zu betrachten. Die Zalando-Führung agiert in vielen Dingen anders als andere kapitalmarktorientierte Management-Teams, offensichtlich auch beim Thema M&A.

Kreativer zu werden und den Web-Shop peppiger zu machen, dürfte eher nicht auf der Liste jener Themen stehen, die M&A-Professionals und Analysten Zalando raten anzugehen. Verfolgt man deren Analysen und Aussagen zu dem Modehändler, liebäugelt der Markt eher mit einer transformatorischen Akquisition, für die die derzeitige Lage am Kapitalmarkt eigentlich eine gute Basis bieten würde.

E-Commerce-Aktien sind massiv unter Druck geraten, was Cash in der Bilanz aus strategischer Sicht noch wertvoller macht als zu normalen Zeiten. Kapitalerhöhungen zum Zweck der Wachstumsfinanzierung dürften auf den aktuellen Kursniveaus jedenfalls nirgendwo viel Sinn ergeben. Mit 1,6 Milliarden Euro Cash bei nur gut 700 Millionen Euro an Leasingverbindlichkeiten ist Zalando auch im Branchenvergleich finanziell exzellent aufgestellt und hätte durchaus Finanzierungsspielraum auch für größere Akquisitionen, zumal sich das Working Capital wegen des Endes des Umsatz-Booms tendenziell zurückbilden dürfte.

Traumpartner Global Fashion Group?

Gleichzeitig haben die Kurseinbrüche auf breiter Front viele E-Commerce-Player verwundbar für opportunistische M&A-Manöver gemacht. Zwar hat auch die Zalando-Aktie auf Jahressicht über 60 Prozent eingebüßt, viele Wettbewerber aber teils sogar noch deutlich mehr.

Zum Beispiel die Global Fashion Group (GFG), deren Geschäft sich bis vor kurzem zu rund einem Drittel in Russland und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion abspielte. Diese Säule wird der auf Schwellenländer fokussierte Modehändler vermutlich herunterfahren müssen, aber in den übrigen Regionen wie Südamerika oder Asien macht GFG immer noch mehr als 1 Milliarde Euro Umsatz. Mit 400 Millionen Euro Cash auf der Bilanz bei nur noch leicht negativen Cashflows ist die Firma auch solide finanziert.

Trotzdem ist die Global Fashion Group nach einem Kurssturz um fast 90 Prozent an der Börse nicht mal mehr 400 Millionen Euro wert. Eine Übernahme wäre für Zalando finanziell zu stemmen, und diverse Analysten haben in der Vergangenheit angemerkt, dass Denkweise, Technologie und Sortiment der beiden Unternehmen gut zusammenpassen würden, es gleichzeitig aber keinerlei regionale Überlappungen gäbe – auf dem Papier eine Fusion wie aus dem Bilderbuch.

Wären Westwing oder Fashionette M&A-Targets für Zalando?

Und es gäbe sogar noch günstigere Targets, die trotzdem von substantieller Größe wären und deren Geschäft nicht weit entfernt ist von dem, was Zalando tut. Die in Frankfurt börsennotierte Fashionette etwa handelt mit Lifestyle-Luxusartikeln wie Taschen, Uhren und Schmuck, aber auch wie Zalando mit Schuhen. Fashionette macht 134 Millionen Euro Umsatz (Zalando: 10,4 Milliarden Euro), ist vergangenes Jahr aber in die roten Zahlen gerutscht und bringt deshalb an der Börse lediglich noch 26 Millionen Euro auf die Waage.

Auch eine Ausweitung des Sortiments mittels M&A erscheint vor dem Hintergrund der starken Wertverluste von E-Commerce-Anbietern denkbar. Westwing zum Beispiel handelt Accessoires für die Wohnungseinrichtung im Wert von mehr als 500 Millionen Euro im Jahr und setzt ähnlich wie Zalando stark auf Social-Media-Marketing und vielfältige Produktwelten. Nach einem 12-Monats-Kursverlust von 85 Prozent bringt Westwing nur noch einen Börsenwert von 155 Millionen Euro auf die Waage. Auch dies scheint auf dem Papier ein attraktives Target für Zalando zu sein – doch der Modehändler orientiert sich offensichtlich anders.

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