Das nächste Private-Equity-Portfoliounternehmen ist insolvent: Die Geschäftsführung von SMA Metalltechnik hat am heutigen Montag die Einleitung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung beantragt. Das gab der Eigentümer Indus, der SMA seit 2000 im Portfolio hält, bekannt. SMA ist ein Serienzulieferer der Automobilindustrie und produziert unter anderem Klima-, Heiz-, Kühl-, Servokühlungs- und Schmierölrücklauf-Leitungen für Fahrzeuge. Im vergangenen Jahr erzielte das Unternehmen mit Sitz in Backnang einen Umsatz über 49 Millionen Euro.
Als Insolvenzgrund führt Indus gescheiterte Verhandlungen mit Kunden an. SMA hatte in den vergangenen Wochen „intensive Verhandlungen mit seinen Großkunden über eine Anpassung der bestehenden Lieferverträge geführt“, so Indus. Mit einem ernüchternden Ergebnis: „Es ist SMA nicht gelungen, die notwendigen Anpassungen der bestehenden Lieferverträge zu erreichen“, teilt Indus mit.
Indus wollte SMA nicht mehr weiter finanzieren
Die Insolvenz von SMA kommt nur bedingt überraschend, denn Indus hatte bereits Ende September angekündigt, den Autozulieferer ab Ende Oktober „unter den aktuellen Rahmenbedingungen“ nicht mehr weiter finanzieren zu wollen. Schon damals liefen die Gespräche zur Anpassung der Lieferverträge mit den Großkunden, zu denen so gut wie alle großen deutschen OEMs – Audi, BMW, Mercedes, Porsche und Volkswagen – gehören.
Diesen radikalen Schritt von Indus und seine möglichen Folgen dürfte sich die Beteiligungsgesellschaft gut überlegt haben – insbesondere, da sie ihre Portfoliounternehmen nach eigener Aussage „nach Kräften unterstützt, wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist“ und das „auch sehr viel länger als am Markt üblich“, wie Indus auf Nachfrage von FINANCE kürzlich betonte. Die Entscheidung von Indus zeigt deutlich, wie prekär die Lage bei dem Autozulieferer sein muss.
Indus kassiert Ebit-Prognose wegen SMA-Insolvenz
Die Insolvenz im Portfolio von Indus bleibt nicht ohne Folgen für die Beteiligungsgesellschaft selbst: Die Bergisch Gladbacher müssen einen nicht zahlungswirksamen Aufwand in Höhe von 61 Millionen Euro abschreiben – das ist 1 Million Euro mehr als der Finanzinvestor erwartet hatte. Indus prüft derzeit, ob der Betrag bereits im aktuellen Zwischenbericht berücksichtigt werden kann.
Die Abschreibung beeinflusst zudem die Ebit-Prognose für das laufende Geschäftsjahr, die Indus zum Halbjahr 2022 bekanntgegeben hatte. Damals prognostizierte die Industrie-Holding ein Vorsteuerergebnis (Ebit) zwischen 100 und 115 Millionen Euro – negative Einflüsse durch steigende Rohstoffkosten, speziell im Automotive-Bereich, bereits inkludiert. Nun erwartet Indus nur noch ein Ebit zwischen 46 und 61 Millionen Euro.
Darüber hinaus werden ab sofort die laufenden operativen Ergebnisbelastungen im Segment Fahrzeugtechnik deutlich reduziert, gibt Indus bekannt. Auf SMA entfielen bisher mehr als die Hälfte der Verluste des gesamten Segments. Damit ist nun Schluss: Die für die letzten beiden Monate dieses Jahres prognostizierten operativen Verluste über 7 Millionen Euro entfallen, so Indus.
Indus peilt bis zu 2 Milliarden Euro Jahresumsatz an
Hierin noch nicht eingeschlossen sind der Beteiligungsgesellschaft zufolge allerdings „mögliche nicht zahlungswirksame Wertminderungen im Wesentlichen der Firmenwerte (Goodwill) anderer Beteiligungsunternehmen, die sich aus dem signifikanten Anstieg der Kapitalkosten in den vergangenen Wochen sowie den Unternehmensplanungen für 2023 und den Folgejahren ergeben könnten.“
Um welche Portfoliounternehmen es sich dabei handelt, gab Indus nicht bekannt. Die Bergisch Gladbacher analysieren derzeit, ob die Abschreibungen notwendig sind – und falls ja, in welchem genauen Umfang sie anfallen. An der Umsatzprognose für das Geschäftsjahr 2022 von 1,9 bis 2 Milliarden Euro hält Indus trotz des Ausfalls im Portfolio weiter fest.
Auch DPE Deutsche Private Equity verlor Portfoliounternehmen
SMA Metalltechnik ist nicht das erste Private-Equity-Portfoliounternehmen, das in die Insolvenz gerutscht ist. Auch die DPE Deutsche Private Equity musste – bereits im Juni – ihre Beteiligung Calvias in die Insolvenz schicken. Calvias ist ein Gebäudetechniker mit Sitz in Trier, den die DPE im April 2019 gekauft hatte.
Zum Insolvenzverwalter wurde sodann Ingo Grünewald von der Kanzlei Professor Thomas B. Schmidt bestellt. Calvias konnte schnell weiterverkauft werden: Im August dieses Jahres verkaufte die DPE ihr Portfoliounternehmen an den Wettbewerber Rud. Otto Meyer, ein Unternehmen der Zech Firmengruppe.
Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.