Die Zinslandschaft hat sich in den vergangenen zwei Jahren stark verändert. Nach der Niedrigzins-Zeit mit Anleihekupons irgendwo zwischen 0 und 2 Prozent konnten sich Anleihe-Investoren in den vergangenen Quartalen mit Papieren im Bereich um die 3 bis 4 Prozent eindecken. Gleichzeitig näherten sich die Kreditaufschläge für Unternehmensanleihen den historischen Tiefstständen.
Durch die attraktiveren Bedingungen für Investoren wie für Unternehmen stieg die Aktivität. Das Anleihevolumen im ersten Halbjahr 2024 lag mit etwa 230 Milliarden Euro (Unternehmen in Euro, ohne Finanzsektor) knapp 20 Prozent über dem Niveau des Vorjahreszeitraums.
Stabiler Schuldscheinmarkt
Im Vergleich dazu entwickelte sich der Schuldscheinmarkt in Deutschland zuletzt etwas verhaltener. Die weltweit eher widrigen Marktverhältnisse hatten im Jahr 2022 für erhöhte Aktivität gesorgt, so dass sowohl das Volumen mit 17,5 Milliarden Euro als auch die Anzahl der Transaktionen (76) hoch waren. Im Folgejahr 2023 (15,5 Milliarden Euro, 72 Transaktionen) und im ersten Halbjahr 2024 bewegten sich Volumen und Anzahl wieder auf etwas geringerem Niveau.
Allerdings wird dem aufmerksamen Beobachter nicht entgangen sein, dass sich die Finanzabteilungen angesichts geopolitischer Risiken und möglicher Marktverwerfungen darauf fokussiert haben, in diesem Jahr frühzeitig Fremdkapital aufzunehmen, um für Finanzierungssicherheit zu sorgen. Es wurde früh deutlich, dass sich die US-Wahlen am 5. November auf die Emissionsfenster auswirken würden – die Marktteilnehmer haben versucht, einen großen Bogen um die Zeit unmittelbar vor und nach der Wahl zu machen.
US Private Placements wieder stärker im Rampenlicht
Bleiben wir noch kurz im US-Markt: Hier sind die Privatplatzierungen (US Private Placement, USPP) 2023 mit einer deutlichen Steigerung gegenüber dem Vorjahr wieder mehr ins Rampenlicht gerückt.
Auch in der ersten Jahreshälfte 2024 war die Aktivität der deutschen Kunden mit über 4 Milliarden US-Dollar vergleichsweise hoch. Ein öffentliches Rating ist für die Investoren nicht notwendig, und ein USPP konnte auch von den Konditionen her eine echte Alternative bieten.
Verschiebungen im Anleihemarkt
Aber wie steht es um den Markt für Unternehmensanleihen ohne Rating? Hatte das erhöhte Zinsumfeld Einfluss auf das Investorenverhalten in diesem doch sehr kleinen Teil des Anleihemarktes? Sieben Transaktionen ohne öffentliches Rating gab es im europäischen Anleihemarkt bis Ende Juli dieses Jahres. Mit rund 2,25 Milliarden Euro platzierten dabei die „alten Bekannten“ Porsche Automobil Holding SE und Fraport AG erfolgreich mehr als die Hälfte des Gesamtvolumens von 3,9 Milliarden Euro.
In den Zeiten ultraniedriger Zinsen konnten sich Anleihen ohne Rating noch durch Kupons „hübsch machen“, die teils doppelt so hoch waren wie die von vergleichbaren Instrumenten mit einem Rating. Das ist jetzt nur noch schwer möglich. Die Rendite im Vergleich zum Risikoprofil bleibt einer der Haupttreiber für Investitionsentscheidungen. Diese Investitionen können bei den aktuellen Verhältnissen zumindest mit Blick auf den Kupon wieder ausreichend getätigt werden. Anders ausgedrückt: Die Auswahl an Anlagemöglichkeiten mit „hübschen“ Kupons ist wieder größer. Für die Unternehmen gilt: Der Schuldscheinmarkt bleibt stabil, der USPP-Markt steht wieder mit vergleichsweise attraktiven Konditionen zur Verfügung, und für den großen Markt für Corporate Bonds braucht es nur ein Rating einer einschlägigen Agentur.
Autor
Delf Egge
Delf Egge ist Co-Head Corporate Debt Capital Markets bei BNP Paribas Germany in Frankfurt am Main.