Working Capital Finance ist hervorragend geeignet, um stark wachsende Unternehmen mit Liquidität zu unterstützen. Das liegt vor allem daran, dass die Assets mit dem Unternehmen mitwachsen und damit die Finanzierungsbasis erhöhen. Sowohl der Bestand an Forderungen und Verbindlichkeiten als auch der an Waren erhöht sich in der Regel mit steigendem Umsatz – und damit auch der Bedarf an einer Zwischenfinanzierung.
Mit klassischen langfristigen Krediten oder Betriebsmittellinien können Banken die ambitionierten Pläne vieler Unternehmen gerade im Umfeld zunehmender Regulierung oft nicht mehr ausreichend flankieren. Gleichzeitig sind Liquiditätsengpässe nicht nur das größte Entwicklungshemmnis, sondern auch das größte Überlebensrisiko für Unternehmen im Wachstumsmodus.
Working Capital gegen Liquiditätsengpässe einsetzen
Working Capital kann Abhilfe schaffen, indem es an drei Stellen ansetzt: am Warenlager, an den Forderungen und an den Verbindlichkeiten. Warenlager werden von Banken nur unzureichend als Sicherheit für Bankkredite berücksichtigt. Über Inventory-Finance-Lösungen können Warenlager nicht nur beliehen, sondern sogar bilanziell ausgelagert werden, indem Dritte die Waren ankaufen und bedarfsgerecht zur Verfügung stellen. Das lässt sich oft auch in bestehenden Konsortialverträgen nachverhandeln.
Wer einen neuen Markt erschließen will, sollte Working Capital Finance prüfen. Um etwa in Indien eine Produktion aufzubauen, brauchen Unternehmen eine langfristige Finanzierung. Wenn Indien aber auch zum Absatzmarkt werden soll, kommt der Forderungsverkauf ins Spiel: Deutsche Unternehmen können die Kundenrisiken, das Zahlungsverhalten und die Währungsrisiken schwer abschätzen – hier bietet sich der Forderungsverkauf für eine Kombination aus Sicherheit und Liquidität an. Nicht immer muss dafür ein komplexes Factoring-Programm aufgebaut werden. Der Finanzier muss sein Handwerk allerdings gut verstehen und mit Unwägbarkeiten umgehen können. Auch in vertrauten Märkten und bei bekannten Kunden können sich Zahlungen durch erkrankte Mitarbeiter oder eine verspätete Lieferung der Ware um ein paar Tage verzögern – daraus darf kein Finanzierungsproblem entstehen.
Auf Seiten der Verbindlichkeiten lässt sich über Payables Finance eine Verlängerung der Zahlungsziele erreichen. Das kann über eine vom Unternehmen mit seinen Zulieferern ausgehandelte dynamische Rabattgewährung erfolgen oder über ein mit einer Bank umgesetztes Programm für Lieferkettenfinanzierung. In diesem Fall bezahlt der Finanzierungspartner den Lieferanten und erhält das Geld später vom Kunden – das schont die Liquidität und lässt Luft für Investitionen. Working Capital Finance ist also eine sehr geeignete Wachstumsfinanzierung.
Asset-basierte Finanzierung in der Restrukturierung
Ein weiterer, durchaus gegenteiliger Anwendungsfall, in dem die Finanzierungsbausteine ebenfalls ihre Stärken voll ausspielen können, soll nicht unerwähnt bleiben, auch wenn weder Kunde noch Bank dieses Szenario wünschen: In der finanziellen Restrukturierung zeigen Banken, die mit der Materie tief vertraut sind, eine große Bereitschaft, frisches Geld über Asset-basierte Finanzierungen zuzuführen.
Durch die hohe Sicherheit eignen sich Warenlager und Forderungen besonders gut für Fälle, in denen die Bonität eigentlich keine Finanzierung zulässt. Um Inventory Finance oder Factoring als zusätzliche Finanzierungbausteine hinzufügen zu können, müssen jedoch häufig bestehende Regelungen in den Kreditverträgen verändert werden.
Autor
Christina Gnad
Christina Gnad ist Global Head of Working Capital bei der Deutschen Bank AG.