Für den Mittelstand ist der Finanzierungsprozess in den vergangenen Jahren immer komplizierter und zeitintensiver geworden. Wegen geopolitischer Instabilitäten, der Geldpolitik der Zentralbanken und des höheren Preisniveaus stehen viele Unternehmen aktuell vor den Herausforderungen steigender Finanzierungskosten und sinkender Finanzierungssicherheit.
Insbesondere die Kreditvergabe klassischer Banken ist zunehmend restriktiv geworden, da diese sich stärker auf Kunden mit krisenfesten Geschäftsmodellen fokussieren. 90 Prozent der im „Deloitte Restructuring Report“ befragten Experten rechnen damit, dass die Anzahl der Restrukturierungsfälle in den kommenden Monaten weiter zunehmen wird.
Potentialanalyse zeigt Finanzierungsoptionen
Um ein maßgeschneidertes Finanzierungskonzept zu ermöglichen, steht an erster Stelle eine Potentialanalyse, die insbesondere drei Faktoren berücksichtigt: erstens die historische Profitabilität und die zukünftige Kapitaldienstfähigkeit, um die Finanzierungsoptionen des Unternehmens zu prüfen, zweitens eine Analyse der Branche und ein Benchmarking mit dem Wettbewerb sowie drittens ein Abgleich der Ziele und der Strategie des Unternehmens mit den realistischen Finanzierungsoptionen.
Diese Analyse legt die grundsätzlichen Parameter fest, die später bei der Auswahl der anzusprechenden Finanziers berücksichtigt werden müssen. Empfehlenswert ist, nicht nur auf eine einzige Finanzierungsoption zu setzen, denn ein Plan B sorgt für erhöhte Transaktionssicherheit und reduziert die Abhängigkeit von Hausbanken und anderen Finanziers.
Finanzierungsprozess sorgsam vorbereiten
Für eine erfolgreiche Ansprache potentieller Finanziers müssen alle notwendigen Informationsmaterialien aufbereitet werden, was im Idealfall ein Berater übernimmt, der sich dabei mit dem Management abstimmt. Die Materialien beinhalten dann sämtliche Informationen, die Finanziers für die Kreditanalyse benötigen. Mit derart professionell aufbereiteten Unterlagen wird sichergestellt, dass die Analyseprozesse der Finanziers so effizient wie möglich gestaltet werden können. Zudem schafft eine sorgsame Vorbereitung des Finanzierungsprozesses zusätzliches Vertrauen.
Ist ein Berater involviert, führt er anschließend auch durch den Q&A-Prozess, um das Management zu entlasten. Auch hier spielt die Qualität der Dokumente eine große Rolle für einen reibungslosen Ablauf. Die Expertise eines Beraters hilft zudem in der Verhandlung der Term Sheets, der Eckpunktepapiere, die in die finale Dokumentation einfließen, denn er kennt die aktuellen Marktgegebenheiten und kann dadurch schnell entscheiden, ob ein faires Angebot vorliegt.
Finanzierungsalternativen für mehr Transaktionssicherheit
Eine Option für die Ausgestaltung eines Plan B ist die Einbeziehung alternativer Finanzierungsquellen. Insbesondere Asset-basierte Finanziers bieten kapitalintensiven Firmen die Möglichkeit, ihre Anlagegüter zu monetarisieren. Diese Finanziers konzentrieren sich nicht nur auf die Cashflows eines Unternehmens, sondern legen den Fokus auf dessen Sicherheiten. So kann beispielsweise der Maschinenpark monetarisiert werden, ohne auf Sale-and-lease-back-Modelle zurückgreifen zu müssen.
Ein Finanzierungsberater kann verschiedene Finanzierungsalternativen im Sinne des Unternehmens steuern. Dadurch werden nicht nur die Kapazitäten der Finanzabteilung geschont, sondern auch die Finanzierungsbasis erweitert und damit die Transaktionssicherheit maximiert.
Autor
Jens von Loos
Jens von Loos ist Head of Debt & Capital Advisory bei Deloitte in Frankfurt am Main.