Die Kanzlei Weisswert hat im Auftrag eines Anlegers am gestrigen Donnerstag eine Klage gegen die Adler Group beim Landgericht Frankfurt am Main eingereicht. Als Begründung für die Klage nennen die Anwälte einen „Bilanzskandal“ bei dem Unternehmen, dessen „vorläufiger Höhepunkt“, der Versagungsvermerk durch KPMG für den aktuellen Konzernabschluss sei.
Der namentlich nicht genannte Kläger will einen Kursdifferenzschaden geltend machen. Betroffen sei insbesondere der Erwerb von Adler-Aktien in dem Zeitraum vom 9. April 2020 bis 29. April 2022, aber auch weitere Aktien und Anleihen des Konzerns in diesem Zeitraum.
Die Kanzlei geht mit Adler hart ins Gericht. „Nach fester Rechtsüberzeugung von Weisswert hat sich Adler infolge einer Reihe von kapitalmarktrechtlichen Pflichtverletzungen gegenüber Aktionären und Anleihegläubigern schadensersatzpflichtig gemacht.“ Weisswert-Anwalt Maximilian Weiss erklärt, dass Adler den Kapitalmarkt „nach unserer festen Überzeugung mehrfach falsch und unvollständig informiert sowie Insiderinformationen verschwiegen“ habe. Ad-hoc-Pflichten seien verletzt worden und es bestünden auch Ansprüche aus Prospekthaftung.
Adler-Aktie hat massiv verloren
Die Adler-Aktie hat insbesondere seit den Ereignissen im Herbst 2021 stark an Wert verloren. Notierte sie damals bei über 10 Euro, so war sie zwischenzeitlich auf unter 4 Euro abgerutscht. Im Oktober wurde Adler Opfer einer Shortseller-Attacke durch Fraser Perring, der dem Unternehmen unter anderem Betrug und finanzielle Falschdarstellung vorgeworfen hatte. In der Folge sollte KPMG im Rahmen einer Sonderprüfung den Vorwürfen des Shortsellers auf den Grund gehen.
Die Untersuchungen dauerten bis kürzlich an, am 21. April legte KPMG dem Adler-Verwaltungsrat dann den Bericht der Sonderuntersuchung vor. Daraufhin informierte Adler-Verwaltungsratschef Stefan Kirsten den Kapitalmarkt über die Ergebnisse des Berichts. Die Sonderprüfer hätten keine Beweise dafür gefunden, dass es systematisch „betrügerische oder die Gesellschaft ausplündernde Transaktionen mit angeblich nahestehenden Personen“ gegeben habe.
Eben jenen Vorwurf hatte der Shortseller Fraser Perring dem Unternehmen – unter anderem – gemacht. Kirsten räumte zwar „unbotmäßigen versuchten Einfluss in Anzahl und Tiefe durch Dritte“ sowie Compliance-Mängel ein. Dennoch sah der Verwaltungsratschef die Vorwürfe des Shortsellers Viceroy gegen Adler damals als „erledigt“ an.
Vergangenes Wochenende folgte dann der Schock: Der Wirtschaftsprüfer KPMG verweigerte dem Immobilienkonzern das Bilanztestat für 2021 und stellte einen Versagungsvermerk aus. Als Grund gab KPMG „die Verweigerung des Zugangs zu bestimmten Informationen über verbundene Unternehmen und Personen“ an. Adler veröffentlichte noch am Samstagabend trotzdem den nicht-testierten Konzernabschluss 2021.
Kanzlei Weisswert nimmt KPMG in den Fokus
Zusätzlich zu der Klage hat die Kanzlei einen Antrag nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz („KapMuG“) gegen Adler eingereicht. Und die Kanzlei plant noch weitere Schritte: Auch der Wirtschaftsprüfer KPMG steht im Fokus der Anwälte. Weisswert teilte mit, dass die Kanzlei eine Erweiterung des Musterverfahrens auf zusätzliche Haftungsgegner prüfe. „Namentlich betrifft dies insbesondere den Abschlussprüfer KPMG.“
Mit Musterverfahren gegen Wirtschaftsprüfer ist die Kanzlei vertraut. Rechtsanwalt Weiss stellte im Fall Wirecard den Antrag für das Musterverfahren gegen den Wirtschaftsprüfer EY. Und auch bei Steinhoff war der Rechtsanwalt engagiert.
Ein Rückschlag für Adler ist außerdem das gestrige Downgrade durch die Ratingagentur S&P. Sie bewertet den Konzern statt mit B- nun mit CCC, das liegt im Junk-Bereich. Zudem befasst sich bald auch der Bundestag mit der Adler Group: Laut Reuters-Informationen will sich der Finanzausschuss des Bundestages mit dem Immobilienkonzern beschäftigen. Am kommenden Mittwoch soll das Bundesfinanzministerium den Ausschuss zu der Thematik unterrichten.
eva.brendel[at]finance-magazin.de
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Eva Brendel ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Kommunikationswissenschaft, VWL und Politik in Bamberg und Jena studiert. Neben dem Studium arbeitete Eva Brendel als freie Nachrichtenmoderatorin bei einem Lokalsender und moderierte eine eigene Podcast-Reihe.