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DPR und K+S streiten über Milliardenabschreibung

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War die Milliardenabschreibung von K+S korrekt? Die DPR hat Zweifel. Doch der Kali- und Salzkonzern beharrt auf seiner Position.
War die Milliardenabschreibung von K+S korrekt? Die DPR hat Zweifel. Doch der Kali- und Salzkonzern beharrt auf seiner Position. Foto: K+S

Der schon länger schwelende Streit zwischen dem Salz- und Düngemittelhersteller K+S und der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung DPR um eine milliardenschwere Abschreibung verschärft sich. Wie der MDax-Konzern mitgeteilt hat, hält die DPR an ihren Beanstandungen zur Bilanzierung des Großkonzerns fest. K+S aber ist mit den Feststellungen der „Bilanzpolizei“ weiterhin nicht einverstanden und geht auf Konfrontationskurs.

Die DPR nimmt schon seit Februar den Konzernabschluss 2019 sowie den Halbjahresbericht 2020 genauer unter die Lupe – den Auftrag hatte sie von der Bafin erhalten. Der Anlass für die Prüfung war eine Ankündigung von K+S vom November 2020, wonach der Konzern eine Abschreibung von rund 2 Milliarden Euro vornehmen müsse. Die Gründe: Höhere Kapitalkosten, geringere Absatzpreise für Kali. Betroffen waren die Vermögenswerte der operativen Geschäftseinheit Europe+, in der K+S sein europäisches Geschäft und das kanadische Salzwerk bündelt.

DPR nimmt Werthaltigkeit unter die Lupe

Die DPR vermutet, dass die Abschreibung nicht hoch genug war oder nicht früh genug vorgenommen wurde. Nun hat die DPR dem Konzern erste Zwischenergebnisse der Untersuchung mitgeteilt, wie K+S heute bekannt gab. Die gute Nachricht: Die von K+S damals getroffenen Annahmen über die Kalipreise hält die DPR für korrekt. Alles richtig sei in den Geschäftszahlen laut DPR aber trotzdem nicht: Die Bilanzpolizei stört sich nun an anderen Aspekten, die die Werthaltigkeit des Kaligeschäfts beeinflussen. Dabei dürfte es hauptsächlich um die neue Kalimine Bethune in Kanada gehen, den zentralen Vermögenswert des nordhessischen Rohstoffkonzerns.

Laut DPR sei der Nutzungswert der Geschäftseinheit Kali „nicht verlässlich und wesentlich zu hoch ermittelt und damit die Werthaltigkeit nicht nachgewiesen“, heißt es. Konkret stört sich die DPR an Angaben zu beispielsweise der jährlichen Produktionskapazität, abbaubaren Mengen, Laufzeiten oder Auslastung. Sollte K+S also beispielsweise die erwartete Produktionskapazität als zu hoch angegeben haben, könnte das Geschäft in der Bilanz überwertet sein.

Hätte K+S einen Impairment-Test machen müssen?

K+S teile die Position der DPR nicht und sei der Meinung, dass die Werthaltigkeit korrekt ermittelt worden sei, wehrt sich der Konzern. Auch in Bezug auf den Halbjahresbericht 2020 stört sich die DPR an der ausgewiesenen Werthaltigkeit der Kali-Geschäftseinheit. Trotz negativer Kali-Preisentwicklung sei kein Werthaltigkeitstest durchgeführt worden, moniert die Bilanzpolizei. K+S bleibt dabei, dass dies nicht notwendig gewesen sei. Am Rande streiten die beiden Parteien auch noch über die „Darstellung wesentlicher Ereignisse und deren Auswirkungen im Zwischenlagebericht“.

Die Position von K+S ist eindeutig: Der Konzern hält die kompletten vorläufigen Prüfungsfeststellungen der DPR „nach umfassender eigener Prüfung sowie unter Einbeziehung externer Berater für unbegründet“. Zur Untermauerung seiner Position hat K+S der DPR nach eigenen Angaben „ein Gutachten renommierter IFRS-Experten übergeben“. Damit zementiert der Konzern trotz des Beharrens der DPR auf der Position, die er bereits im Februar formuliert hatte.

Deloitte hat K+S uneingeschränkt testiert

Dass die Prüfung schon so lange dauert und beide Parteien von ihren Standpunkten nicht abrücken wollen, zeigt die Komplexität des Falls. Und es gibt noch einen Dritten, für den der Ausgang des Streits wichtig ist: Deloitte. Der Abschlussprüfer von K+S hatte im März den Konzernabschluss für 2020 uneingeschränkt testiert und war damit ins Risiko gegangen. Denn sollte die DPR Recht behalten, könnte das Teile der Bilanzierungspraxis von K+S, die Deloitte schon seit Jahren abgesegnet hat, infrage stellen. K+S sah sich durch das Deloitte-Testat entlastet und verbuchte es als Teilsieg.

Kurios an dem Fall ist auch, dass K+S nach dem jüngsten Anstieg der Kalipreise die Abschreibung (die letztlich bei 1,7 Milliarden Euro lag) wieder zugeschrieben hat – damit ist der Anlass des Streits quasi nicht mehr existent. Dennoch ist das Ergebnis der DPR-Untersuchung relevant, da es um die generelle Bilanzierungspraxis des Unternehmens geht.

Viel Zeit, sich durchzusetzen, hat die DPR allerdings nicht mehr. Ende des Jahres soll sie eine neue Struktur erhalten und in die Bafin überführt werden – eine Folge des Wirecard-Skandals, bei dem die Prüfstelle in Verruf geraten war. Sollte der Streit bis dahin nicht beigelegt sein, wäre dann die Bafin am Zug.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.