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Mazars geht mit Grenke hart ins Gericht

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Der Zwischenbericht der Sonderprüfung von Mazars bei Grenke ist da. Der Finanzdienstleister berichtet über die Ergebnisse und sieht sich selbst entlastet. Aber die Kritik fällt heftig aus.
Grenke

Der Finanzdienstleister Grenke hat erste Ergebnisse aus der Sonderprüfung durch Mazars bekanntgegeben. Die Baden-Badener stehen unter verschärfter Beobachtung, seitdem im Herbst der Investor Fraser Perring, der schon bei Wirecard richtig lag, massive Anschuldigungen gegen den MDax-Konzern erhob. Seitdem durchleuchten mehrere Prüfer die komplexen Konzernstrukturen, die Bilanz und die Compliance des Leasingkonzerns. Die Prüfung durch Mazars, deren Zwischenbericht nun vorliegt, hat die Bafin beauftragt.

Grenke beginnt seine Kapitalmarktinformation mit der Formulierung „entlastende Aussagen“, doch in Wahrheit ist die Mängelliste von Mazars lang und kritisch. De facto ist die einzige Entlastung, dass Grenke kein neues Wirecard zu sein scheint: Das Geschäft und die Liquidität scheinen zu existieren, „systematische“ Geldwäsche dagegen nicht. Bei Wirecard hatte der Sonderprüfer KPMG in seinem Gutachten erhebliche Zweifel an diesen existentiellen Grundlagen formuliert, Mazars tut dies bei Grenke nicht. Dennoch haben die Prüfer bei den Baden-Badenern erhebliche und zahlreiche Mängel aufgedeckt.

Schwache Geldwäscheprävention bei Grenke

So sind nach Ansicht von Mazars die internen Kontrollmaßnahmen von Grenke im Bereich der Geldwäscheprävention „in Teilen nicht effektiv“, darüber hinaus stellt der Prüfer auch „wesentliche Mängel“ bei der sachlichen und personellen Ausstattung der Anti-Geldwäschefunktionen fest. Auch KPMG, der eigentliche Abschlussprüfer von Grenke, hatte bei der Geldwäscheprävention des Konzerns wesentliche Beanstandungen, wie im Dezember bekannt wurde. Als Reaktion auf Compliance-Mängel, die auch die Bafin schon früh erkannte, verlor der dafür verantwortliche Grenke-Vorstand Mark Kindermann vor drei Wochen seinen Job.

Genauso löchrig scheint das interne Kontrollsystem für die Händlerüberwachung zu sein. Auch hier sieht Mazars Schwächen, Grenke will „diesen Sachverhalt nun überprüfen“.

Dubiose Kredite von der Grenke Bank

Auch bei den Kreditprüfungs- und -vergabeprozessen der hauseigenen Grenke Bank hat Mazars gravierende Fehler und mehrere Verstöße gegen die Mindestanforderungen im Kreditrisikomanagement entdeckt. Diese Lücken traten offenbar auch bei realen Geschäften zutage.

Mazars nennt laut Grenke „eine Reihe von Kreditvergaben, bei denen entweder keine oder keine ausreichenden Sicherheiten gewährt wurden oder die Kapitaldienstfähigkeit der Kreditnehmer nicht ausreichend geprüft wurde“. Betroffen sind Kredite in Höhe von 37 Millionen Euro. Mazars stuft die Mängel als „schwerwiegend“ ein, sieht nach Aussage von Grenke aber „keine Anhaltspunkte dafür, dass die Grenke Bank systematisch und aktiv der Geldwäsche Vorschub geleistet habe“.

Brisant: Vergleichbare Schwachstellen gab es auch bei der Wirecard Bank, wenngleich in größerem Umfang. Die Staatsanwaltschaft München geht Hinweisen nach, wonach die Hintermänner des Wirecard-Betrugs mittels Krediten, die über die Wirecard Bank liefen, Gelder aus dem Konzern hinaus geschafft haben.

„Überhöhte Rendite“ für CTP-Investoren

Schwerwiegend sind Mazars‘ Untersuchungsergebnisse auch bei Fraser Perrings Hauptangriffspunkt, dem undurchsichtigen Franchise-System von Grenke und den damit verbundenen M&A-Deals im Volumen von etwas mehr als 100 Millionen Euro. Im Kern funktionierte es häufig so: Ex-Grenke-Mitarbeiter bauten im Ausland mit Hilfe des Private-Equity-Investors CTP Handels- und Beteiligungs GmbH ein Franchise-Unternehmen auf, das Grenke nach einigen Jahren meist übernahm. Das Pikante: Seit Anfang 2020 ist Grenke-Gründer Wolfgang Grenke offiziell Eigentümer der CTP, in welchen Händen die Gesellschaft zuvor lag, ist unklar. Wolfgang Grenke lässt sein Aufsichtsratsmandat derzeit ruhen.

Der Mazars-Bericht, den die Bafin nach eigener Aussage nicht veröffentlichen darf und den Grenke nicht zur Verfügung stellt, nährt den Verdacht, dass sich die Hintermänner von CTP im Zuge der M&A-Deals zu Lasten der Grenke AG bereichert haben könnten. Demnach hält die Prüfgesellschaft „die Rendite der CTP sowie der übrigen Finanzinvestoren für überhöht“.

Sie hätten bei den „Top-10-Erwerben“ von Grenke zwischen 2003 und 2018 7,2 Millionen Euro in die Franchise-Ableger investiert, im Zuge der M&A-Deals aber Rückflüsse von 62,6 Millionen Euro erhalten. Unklar ist freilich noch, in welcher Höhe während der Haltedauer operative Gewinne oder Verluste bei den Franchise-Gesellschaften anfielen.

Darüber hinaus kritisiert Mazars, dass Corina Stingaciu im Jahresabschluss nicht als nahestehende Person gekennzeichnet wurde, obwohl im Konzern bekannt gewesen sei, dass sie die Lebensgefährtin von Wolfgang Grenke ist. Stingaciu hält seit vielen Jahren Aktien an der Garuna AG, diese ist ein weiterer Eigner der CTP. Der Konzern gibt an, dass er Stingaciu und die von ihr beherrschten Gesellschaften fortan als „Related Party“ anführen werde.

Grenke schreibt Goodwill ab

Weil Mazars die Auffassung vertritt, dass die Franchise-Gesellschaften wegen der engen Verflechtungen und einer „faktischen Kontrolle“ (IFRS 10) mit dem Grenke-Konzern im Konzernabschluss voll konsolidiert werden müssen, löscht Grenke nun den Goodwill dieser Firmen. Dadurch reduziert sich das Eigenkapital um 90 Millionen Euro. Die neue Eigenkapitalquote von 16 Prozent hält Grenke aber für ausreichend, zumal für die Berechnung des aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals ohnehin schon immer der Goodwill abgezogen worden sei.

Der Konzern hat auch schon strategisch auf die Vorgänge rund um die CTP reagiert und will die Franchise-Gesellschaften künftig selbst aufbauen und dafür nicht mehr mit Finanzinvestoren zusammenarbeiten.

Grenke noch nicht aus dem Schneider

Trotz der positiven Tonalität der Pressemitteilung und der euphorischen Kursreaktion an der Börse – die Aktie steigt in Reaktion auf die selbst ernannte „Entlastung“ um über 10 Prozent – ist Grenke noch nicht aus dem Schneider. Die neue Compliance-Chefin Isabel Rösler – von der LBBW gekommen und seit Januar im Vorstand – ist nun für die Zusammenarbeit mit der Bafin verantwortlich. Sie muss überwachen, dass die notwendigen Maßnahmen, die sich aus dem Mazars-Bericht ergeben, auch umgesetzt werden.

Darin steckt für Grenke ein nicht unerhebliches Risiko. Wie das Unternehmen heute selbst schreibt, hat die Finanzaufsicht „die von Mazars genannten Sachveralte noch nicht abschließend bewertet.“ Das Testat für den Konzernjahresabschluss 2020 erwartet Grenke nun erst im zweiten Quartal.

Fraser Perring legt nach

Perring geht mit der Veröffentlichung von Grenke hart ins Gericht: „Sie versuchen verzweifelt, das ins Positive zu drehen. Wir bekräftigen unsere Ansicht, dass Grenke uninvestierbar bleibt.“ Desweiteren fragt Perring, wo das über die unzureichend kontrollierten Kredite abgeflossene Geld geblieben sei. Außerdem formuliert Perring Zweifel, ob die bilanzierten Leasingforderungen des Konzerns tatsächlich in der genannten Höhe von 5,6 Milliarden Euro existieren, da Mazars laut Grenke nur die „Existenz“ der Leasingforderungen bestätigt habe.

Perring weist darüber hinaus darauf hin, dass die Verzögerungen beim Jahresabschluss eine Verletzung der Vereinbarung mit den Bondholdern darstelle. Die Bonds und Commercial Papers sind die zentrale Refinanzierungsquelle für den Grenke-Konzern. Fraser Perring rechnet damit, dass Investoren rechtliche Schritte gegen aktive und ehemalige Manager von Grenke einleiten werden und „signifikante“ Schadensersatzforderungen auch an das Unternehmen stellen werden. „Grenke befindet sich in einem Stadium fortgeschritten Zerfalls“, schlussfolgert Perring.

antonia.koegler[at]finance-magazin.de

Info

Alles rund um die Verwicklungen bei dem Finanzdienstleister erfahren Sie auf unserer Themenseite zu Grenke.

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