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So beeinflusst der Brexit die IFRS-Berichterstattung

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Der Brexit bringt für Unternehmen viele Änderungen mit sich – auch in der IFRS-Finanzberichterstattung.
Delpixart/iStock/Getty Images Plus

Geplant, geändert, verschoben: Der anstehende Austritt Großbritanniens aus der EU war in den vergangenen Monaten ein wahres Auf und Ab für deutsche Unternehmen. Auch wenn den Briten jetzt ein Aufschub bis zum 31. Oktober gewährt wurde, scheint bis dahin nach wir vor alles möglich: von einer Neuverhandlung über ein zweites Referendum und Neuwahlen bis hin zum gefürchteten No-Deal-Austritt.

Für deutsche Unternehmen sorgt gerade diese Unplanbarkeit für enorme Unsicherheit, denn je nach Ausgang, kann der Brexit erhebliche Folgen für das eigene Geschäftsmodell haben. „Diese Risiken müssen auch in der IFRS-Finanzberichterstattung abgebildet werden“, sagt Jörg Bösser, Partner, Wirtschaftsprüfer und Assurance Solutions Leader in der Dach-Region bei Ernst & Young. „Insbesondere kann es Auswirkungen auf Bilanzierung, Bewertung und Anhangangaben geben.“ Die Folgen eines Brexit sind nicht nur für die Erstellung der Geschäftsberichte am Ende des Jahres relevant, sondern zum Teil auch für die unterjährige Zwischenberichterstattung, die die meisten Unternehmen nun vor sich haben.

Brexit-Risiken können Anhangangaben ändern

Stellt ein Unternehmen beispielsweise fest, dass es vom Brexit „wesentlich betroffen“ ist, muss es Anhangangaben zu den konkreten Risiken und Auswirkungen machen. „Angesichts der Unsicherheiten im Zusammenhang mit dem Brexit kann es sogar sinnvoll sein, Sensitivitätsanalysen mit anzugeben“, meint Jörg Bösser. Damit könne der Vorstand auch zeigen, wie er mit den Schätzungsunsicherheiten umgegangen sei.

Die möglichen Risiken müssen zudem im Lagebericht erläutert werden, dabei insbesondere im Wirtschaftsbericht, Prognose-, Chancen- und Risikobericht sowie im Nachtragsbericht. Abhängig davon, wie ausführlich ein Unternehmen im Jahresabschluss bereits über die Auswirkungen berichtet hat, muss es das Thema in den Zwischenberichten ebenfalls aufgreifen.

Brexit kann zu Wertminderungen führen

Weiterhin müssen Unternehmen überprüfen, ob es durch den Brexit zu Wertminderungen bei finanziellen Vermögenswerten kommen könnte. Gemäß IFRS 9, dem Standard, der seit kurzem gilt, müssen CFOs Wertminderungen in Höhe des erwarteten Kreditverlusts erfassen. „Tendenziell dürfte sich der Brexit eher nachteilig auf das Ausfallrisiko der Geschäftspartner auswirken“, sagt Gerd Winterling, Partner und Wirtschaftsprüfer bei EY, der ebenfalls im Bereich Assurance Solutions arbeitet.

Daher müssen Unternehmen insbesondere bei langfristigen Forderungen in Betracht ziehen, ob ihre Geschäftspartner einem erhöhten Risiko durch den Brexit ausgesetzt sind. Falls Vermögenswerte als Sicherheiten genutzt wurden, muss der Vorstand in den Geschäftsberichten angeben, ob bei diesen Vermögenswerten mit Wertminderungen zu rechnen ist.

Volatilere Wechselkurse ändern Berichterstattung

Die Unsicherheiten, die mit dem Brexit einhergehen, führen auch zu volatileren Wechselkursen. Das Problem: In der Regel werden bei der Umrechnung von Fremdwährungstransaktionen und bei Umrechnungen von Abschlüssen in andere Währungen Durchschnittskurse einer Periode verwendet, erklärt Winterling. „Bei stark schwankenden Wechselkursen ist das aber nicht mehr erlaubt“, so der Wirtschaftsprüfer. Hier müssten Finanzabteilungen möglicherweise Durchschnittskurse kürzerer Perioden als bisher für ihre Berechnung nutzen.

Und auch das Hedge Accounting kann betroffen sein. So könnten durch den Brexit Sicherungsbeziehungen nicht mehr so wirksam sein wie in der Vergangenheit. Manche müssen vielleicht sogar beendet werden – auch das muss überprüft und in der IFRS-Berichterstattung angepasst werden.

Wie wirkt sich der Brexit auf Rückstellungen aus?

Der Brexit könnte auch den Ansatz und die Bewertung von Pensionsverpflichtungen und anderen Rückstellungen in der IFRS-Berichterstattung beeinflussen. Der Barwert der Pensionsverpflichtungen hängt unter anderem von den erwarteten Cashflows und Zinssätzen ab – die Unternehmen müssen daher prüfen, ob sich diese Parameter im Zuge des Brexits ändern könnten und das in ihrem Zahlenwerk entsprechend anpassen.

„Der Brexit kann außerdem Anlass für Restrukturierungsaktivitäten sein, zum Beispiel wenn britische Gesellschaften verkauft oder stillgelegt werden müssen“, gibt Jörg Bösser von EY zu bedenken. Dann müssen Unternehmen möglicherweise Restrukturierungsrückstellungen bilden.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

Neuigkeiten aus der Welt der internationalen Bilanzierungsstandards finden Sie auf unserer Themenseite IFRS. Was sich beim geplanten Austritt Großbritanniens aus der EU tut, können Sie auf unserer Themenseite Brexit nachlesen.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.