Der österreichische Stahlkonzern Voestalpine hat bei einer deutschen Tochtergesellschaft des Unternehmensbereichs Metal Forming Division Bilanzbetrug im großen Stil aufgedeckt. Es wurden demnach „bewusst ergebnisverbessernde Fehlbuchungen hinsichtlich der Bilanzierung und Bewertung von Vermögensgegenständen und Schulden identifiziert“, heißt es im aktuellen Geschäftsbericht.
Voestalpine stellte jahrelangen Betrug fest
Die Fehlbuchungen fanden in den vergangenen zehn Jahren statt und summieren sich auf über 100 Millionen Euro, teilte Voestalpine auf FINANCE-Anfrage mit. Die Fehlbuchungen seien allerdings nicht cashwirksam gewesen und es habe keinen Mittelabfluss gegeben.
Das Eigenkapital verringerte sich dadurch trotzdem zum 31. März 2024 von 7,6 Milliarden Euro auf 7,5 Milliarden Euro. Die Bilanz 2022/23 musste berichtigt werden.
Voestalpine: Wer sind die Täter?
Laut den „Oberösterreichischen Nachrichten“ (OÖN) waren ein ehemaliger Geschäftsführer der Gesellschaft, später Vorstand der Metal Forming Division, und ein Buchhalter in den Betrug verwickelt. Das Unternehmen kommentiert, dass „aus heutiger Sicht zumindest zwei Personen involviert waren“.
Diese Personen hätten die internen Kontrollsysteme bestens gekannt und diese bewusst umgangen. Informationen der „OÖN” zufolge könnte der Manager die Bilanz geschönt haben, um seinen beruflichen Aufstieg zu forcieren.
Zudem sagt ein Voestalpine-Sprecher: „Der ehemalige Geschäftsführer der betroffenen Gesellschaft und späteres Vorstandsmitglied der Metal Forming Division der Voestalpine AG ist seit Herbst 2023 nicht mehr für den Konzern tätig.“ In der Pressemitteilung der Österreicher heißt es: „Wir können ausschließen, dass zu irgendeinem Zeitpunkt ein Mitglied des Vorstandes der Voestalpine Bescheid wusste oder in den Sachverhalt involviert war.“
Voestalpine strebt Aufarbeitung an
Der Betrug war im Februar dieses Jahres bei konzerninternen Controlling-Aktivitäten aufgefallen. Die Vorfälle sollen nun aufgeklärt werden. Dafür hat das Unternehmen einen spezialisierten Berater und eine deutsche Rechtsanwaltskanzlei engagiert.
„Es ist davon auszugehen, dass die Aufarbeitung der Ursachen noch bis August oder September 2024 andauern wird“, teilte das Unternehmen mit. „Ob es dann zu zivilrechtlichen Klagen oder strafrechtlichen Anzeigen kommen wird, können wir erst nach Klärung des Sachverhalts entscheiden“, hieß es von Voestalpine gegenüber der österreichischen Presseagentur Apa.
Voestalpine musste im abgelaufenen Geschäftsjahr einen Umsatzrückgang von 8,5 Prozent auf rund 16,7 Milliarden Euro hinnehmen. Der Nettogewinn fiel um 82,4 Prozent auf 207,1 Millionen Euro. Als Grund für den Gewinnrückgang nennt das Unternehmen Firmenwertabschreibungen in Höhe von 428 Millionen Euro, unter anderem auf die in Deutschland zum Verkauf stehende Tochter Buderus und die Automobil-Sparte in der Division Metal Forming.
Eva Brendel ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Sie hat Kommunikationswissenschaft, VWL und Politik in Bamberg und Jena studiert. Neben dem Studium arbeitete Eva Brendel als freie Nachrichtenmoderatorin bei einem Lokalsender und moderierte eine eigene Podcast-Reihe.