Vorstand gerät nach Aurubis-Diebstählen ins Visier

Der Aurubis-Krimi geht weiter: Der Aufsichtsrat des MDax-Konzerns hat sich „intensiv mit Vorstandsangelegenheiten befasst“, wie es in einer Mitteilung des Konzerns heißt, und will nun offenbar genauer hinschauen. Denn weiter heißt es, das Kontrollgremium habe die Rechtsanwaltskanzlei Hengeler Mueller damit beauftragt, die „Verantwortung des Vorstands im Zusammenhang mit den bekannt gewordenen Straftaten zum Nachteil der Gesellschaft“ zu untersuchen. Der Inhalt der Mitteilung birgt potentiell einiges an Sprengstoff: Der Aufsichtsrat könne derzeit weder ausschließen, dass die amtierenden Vorstandsmitglieder unverändert ihr Amt fortführen, noch „kann er ausschließen, dass es zu einer vorzeitigen Trennung von einzelnen oder mehreren Vorstandsmitgliedern kommt beziehungsweise der Vorstand umstrukturiert wird“, schreibt das Unternehmen. Es könnte also Abberufungen geben. Den Untersuchungsbericht erwartet der Aufsichtsrat Mitte Januar 2024. Im Januar oder Anfang Februar 2024 wolle der Aufsichtsrat beschließen, wie es mit dem derzeit vierköpfigen Vorstand weitergehen soll. Zwischenprodukte im Wert von 169 Millionen Euro gestohlen Zum Hintergrund: Im Juni wurde bekannt, dass eine Bande jahrelang edelmetallhaltige Zwischenprodukte von Aurubis gestohlen hat. Dadurch entstand ein Schaden von 20 Millionen Euro. Wenige Wochen später wurden „bei der regelmäßigen Überprüfung des Metallbestands erhebliche Abweichungen vom Soll-Bestand“ festgestellt. Auf 169 Millionen Euro summiert sich dieser Schaden am Ende, 30 Millionen davon übernimmt die Versicherung. Im September hatte der Kupferproduzent daraufhin seine Gewinnprognose kappen müssen. Bemerkenswert an den Diebstählen ist: Um das Edelmetall zu gewinnen, benötigten die Täter metallurgisches Fachwissen. Als Reaktion auf die kriminellen Fälle hat Aurubis nach eigenen Angaben eine Reihe von Sofortmaßnahmen durchgeführt sowie langfristige Verbesserungen angestoßen, um das Sicherheitsniveau von Aurubis deutlich zu erhöhen. Dazu gehören verstärkte Personal- und Fahrzeugkontrollen sowie mehr Überwachung in Risikobereichen. Beim Rohstoffeinkauf wurden bei bestimmten Materialgruppen zusätzliche Genehmigungsstufen eingeführt. Ist CFO Rainer Verhoeven im Visier? Abgeschlossen ist der Fall aber offenbar noch nicht, wie die Untersuchung von Hengeler Mueller zeigt. Zum Aurubis-Vorstand gehören neben CEO Roland Harings auch der Chief Operations Officer des Bereichs Custom Smelting & Products, Heiko Arnold, sowie die operative Chefin im Segment Multimetal Recycling, Inge Hofkens, und der Finanzchef Rainer Verhoeven. Speziell für CFO Verhoeven scheint es ungemütlich zu werden. Laut dem Wirtschaftsmedium „Manager Magazin“ möchten „maßgebliche“ Mitglieder des zwölfköpfigen Aufsichtsrats den CFO gerne abberufen. In seinem Verantwortungsbereich liegt unter anderem das Risikomanagement. Dem Medium zufolge habe ein anderes Vorstandsmitglied sich beim Aufsichtsrat beschwert, dass Verhoeven das Vertrauensverhältnis in dem Gremium zerstört habe. Der Grund: Er soll auf eigene Faust nach Problemen beim Bau einer Recyclinghütte in den USA gesucht haben. Auch hätten ihm die Diebstähle früher auffallen sollen, so die Kritik. Das Magazin will erfahren haben, dass in einem geheimen Zwischenbericht von Hengeler Mueller keine Pflichtverletzungen der Vorstände beschrieben werden, wohl aber soll es zu Verzögerungen bei der Aufklärung gekommen sein, als bei der Inventur Differenzen festgestellt wurden. Grundsätzlich haftet nach dem deutschen Aktiengesetz ein Mitglied des Vorstandes im Falle einer Pflichtverletzung für den Schaden persönlich. Allerdings hat Aurubis für ihre Organe und leitenden Angestellten zur Absicherung der persönlichen Haftung eine D&O-Versicherung abgeschlossen, teilte eine Sprecherin des Konzerns auf Nachfrage von FINANCE mit. CEO Harings verteidigt Vorstandsgremium Aurubis-CEO Harings bestätigte auf der heutigen Ergebnisvorstellung des Geschäftsjahres 2022/23 (Stichtag: 30. September) derweil, dass die Untersuchungen seit September laufen sowie dass es Anfang Dezember einen Zwischenbericht gab, betont aber: „Der Zwischenbericht war für den Aufsichtsrat. Der Vorstand hat davon keine Kenntnis.“ Die Untersuchung werde nach seiner Erwartung zeigen, „dass wir das Unternehmen mit aller Sorgfalt geführt haben.“ Dass es Innentäter bei Aurubis gegeben hat, steht allerdings fest. „Wir haben klare Erkenntnisse, um welche Personen es sich handelt und es wird personelle Konsequenzen geben“, so der CEO. Die umfangreichen Untersuchungen durch die Kanzleien Freshfields und Hengeler Mueller würden vom Vorstand unterstützt und hätten keine Auswirkungen auf die Zusammenarbeit im Vorstand.

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