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Airbus wagt sich an SAP S/4 Hana heran

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Die Airbus-Tochter Optronics, ein Hersteller optischer Sensoren, hat auf SAP S/4 Hana umgestellt.
Airbus Optronics

Sinnvolle Weiterentwicklung oder doch nur unnötiger Umstellungsaufwand? Die neue Planungssoftware SAP S/4 Hana spaltet auch ein Jahr nach dem Release noch die Gemüter. Während die einen eine Lobeshymne anstimmen und von schnellerer Datenverarbeitung und besserer Benutzerfreundlichkeit schwärmen, sehen andere keinen Mehrwert für ihr Unternehmen und haben keine Lust auf eine Umstellung, die Zeit, Geld und Personal verschlingt.

Unabhängig davon, ob man die neue Enterprise-Resource-Planning-Software, kurz ERP-Software, nun gut findet oder nicht – wer weiterhin Systeme von SAP nutzen will, und nicht etwa zur Konkurrenz wie Oracle oder Microsoft wechseln möchte, dem bleibt ohnehin nichts anderes übrig, als bis 2025 umzustellen. Und obwohl das Thema deshalb derzeit heiß diskutiert wird, finden sich nur wenige Unternehmen, die schon umgestellt haben – zu viel Unsicherheit herrscht noch.

Der Luft-, Raumfahrt- und Rüstungskonzern Airbus nimmt das Thema jetzt in Angriff. Vorreiter ist der Geschäftsbereich Optronics, der zur Airbus-Sparte Defense & Space gehört. Der Hersteller optischer und optronischer Sensorik für sicherheitstechnische und zivile Anwendungen hat gerade frisch auf SAP S/4 Hana umgestellt. „Wir versuchen immer auf dem aktuellsten IT-Stand zu sein. Als wir hörten, dass es ein neues Release geben wird, war für uns klar, dass wir so schnell wie möglich umstellen wollen“, sagt Thomas Wolf, Geschäftsführer von Airbus Optronics.

SAP S/4 Hana: Unternehmen zögern noch

Damit ist die Airbus-Sparte eine klare Ausnahme, wie eine kürzlich veröffentlichte Umfrage des Marktanalyseunternehmens PAC und der IT-Beratung SNP zu SAP S/4 Hana zeigt: Nur 2 Prozent der befragten Unternehmen sind schon in der Umsetzung, rund 20 Prozent wollen innerhalb der nächsten zwei bis fünf Jahre umstellen und ein Drittel befindet sich noch mitten in der Diskussion. Dass es im Vorfeld dieser Umstellung viel Hin und Her gibt, erstaunt nicht: Die Unternehmen müssen sich einen genauen Überblick darüber verschaffen, welche ERP-Systeme im gesamten Konzern derzeit im Einsatz sind, auf welchem Stand die IT ist und ob alle Daten harmonisiert sind.

Umso erstaunlicher, dass die Umstellung bei Airbus DS Optronics lediglich fünf Monate in Anspruch genommen hat. „Diese fünf Monate waren natürlich sehr arbeitsaufwendig, das möchte ich nicht unterschlagen“, betont Thomas Wolf. „Wir hatten immerhin fünf Testläufe, um sicherzugehen, dass nach der Umstellung alles wieder reibungslos funktioniert“. Wolf, der als Alleingeschäftsführer auch die CFO-Position inne hat, hat den Prozess vor allem mit Blick auf das gesamte Unternehmen gesteuert und Priorisierungskonflikte gelöst. Dabei stand er in regelmäßigem Austausch mit den Leitern der IT- und Finanzabteilungen.

Andere Geschäftsbereiche könnte von den Erkenntnissen profitieren

Dass die Umstellung verhältnismäßig schnell ging, lag nicht zuletzt auch daran, dass das Unternehmen im Vorfeld keine Daten harmonisieren musste und bereits auf dem neuesten Stand von SAP war. Auch damit dürfte Airbus Optronics eher eine Ausnahme darstellen – nicht selten finden sich die unterschiedlichsten Softwaresysteme innerhalb eines Konzerns, oft stark an die individuellen Bedürfnisse angepasst und teilweise veraltet.

Wie lange eine Umstellung dauert, hängt natürlich auch von den Strukturen des Unternehmens ab, betont Wolf. „Wir sind innerhalb der Airbus-Gruppe eine geschlossene Einheit. Die Finanzabteilung ist ein eingespieltes und professionelles, routiniertes Team – das hat uns geholfen“. Airbus DS Optronics, eine ehemalige Tochter der Carl Zeiss AG und seit zwei Jahren Teil des Airbus-Konzerns, hat zwei Standorte in Deutschland sowie einen in Südafrika und setzte zuletzt 200 Millionen Euro mit 800 Mitarbeitern um.

Die Umstellung der kompletten Airbus Gruppe dürfte zwar wesentlich komplexer sein, von den Erkenntnissen der Airbus DS Optronics könnten aber auch weitere Geschäftsbereiche sicherlich profitieren. „Wir stehen in einem guten Austausch mit der Mutter und geben unsere Erfahrungen weiter“, sagt Wolf. Bis wann die Airbus Gruppe umstellen will, ist aber nicht bekannt.

Airbus-Manager Thomas Wolf: „Positives Feedback“

Mit der technischen Umstellung alleine ist es allerdings noch nicht getan. „Allein die Einführung von S/4 Hana macht die Prozesse noch nicht schlanker“, betont Wolf. Im nächsten Schritt will Airbus DS Optronics daher die Arbeitsprozesse von Controlling- und Rechnungslegungsabteilung anpassen und neue Reportingqualitäten aufbauen. Immerhin hat das Unternehmen auf S/4 Hana umgestellt, um von der angepriesenen schnelleren Datenverarbeitung in Echtzeit und der neuen mobilen Benutzeroberfläche Fiori zu profitieren.

Wie genau das in der Praxis aussehen wird, kann Wolf zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht sagen. „Wir sind gerade dabei, die Möglichkeiten des Systems zu erkunden, haben aber konkrete Ziele. Bisher war das Feedback aus den Fachabteilungen durchweg positiv“, so Geschäftsführer Thomas Wolf.

Solche positiven Erfahrungsberichte dürften das ein oder andere Unternehmen zur schnelleren Umstellung animieren. Wie aus der Umfrage von PAC und SNP hervorgeht, fehlen vielen Befragten nämlich bislang die Business Cases, um die erforderlichen Investitionen zu rechtfertigen. Grundsätzlich ist aber auch der Kostenfaktor für viele ein großes Hindernis: Seien es die Software-Lizenzen, die noch erworben werden müssen, oder schlicht die Ungewissheit darüber, wie hoch die Umstellungskosten sind. Wie teuer die Umstellung für Airbus DS Optronics schlussendlich war, wollte Thomas Wolf nicht verraten, nur so viel: „Wir haben unser Budget leicht unterschritten“.

julia.schmitt[at]finance-magazin.de

Info

SAP hat sein neues ERP-System SAP S/4 Hana auf den Markt gebracht – und bewirbt die neuen Möglichkeiten. Für viele Unternehmen ist die erzwungene Umstellung aber erst einmal stressig und teuer. Erfahrungsberichte und Ratgeber finden Sie auf unserer Themenseite zu SAP S/4 Hana.

Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.