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Risikomanagement: »Irgendein externer Schock wird kommen«

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Aus welcher Richtung kommt der nächste Einschlag? Gutes Risikomanagement sollte die Zusammenhänge aufzeigen.
Aus welcher Richtung kommt der nächste Einschlag? Gutes Risikomanagement sollte die Zusammenhänge aufzeigen. Foto: WrightStudio - stock.adobe.com

Wohl kaum ein Unternehmen hatte eine globale Pandemie als Risiko auf dem Radar, dennoch waren die Auswirkungen für viele dramatisch. Hätte man sich auf diesen „Schwarzen Schwan“ besser vorbereiten können?

Die „Black Swan“-Events sind dadurch definiert, dass sie nicht vorhersehbar sind. Das bedeutet aber nicht, dass man sie außer Acht lassen sollte. Man weiß zwar nicht, ob nun eine Naturkatastrophe, ein Terroranschlag oder eine Pandemie kommt – aber irgendein externer Schock wird kommen, das ist über einen längeren Zeitraum gesehen recht sicher. Es ist wie beim Lotto: Die Chance, dass man selbst den Jackpot knackt, ist sehr gering – dass aber irgendein Spieler gewinnt, ist recht wahrscheinlich.

Wie können Unternehmen sich denn vorbereiten?

Björn Maaß ist Head of Pre-Sales and Financial Applications bei dem Plattformanbieter Board in Deutschland. Foto: Board

Das klassische Risikomanagement betrachtete in der Vergangenheit zwei Faktoren: die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Events und seine Auswirkungen auf das Geschäft. War beides hoch, wurde das Risiko genauer unter die Lupe genommen. Ein „Schwarzer Schwan“ würde dabei durchs Raster rutschen, weil die Eintrittswahrscheinlichkeit bei einer stichtagsbezogenen Analyse extrem gering ist. Besser ist es daher, die Risikoentwicklung über einen Zeitverlauf hinweg zu betrachten und Risiken nicht nur isoliert zu sehen.

Risikomanagement soll Zusammenhänge aufzeigen

Was bringt das?

Viele Risiken beeinflussen sich gegenseitig – so kann ein politischer Umsturz Folgen für einen lokalen Standort oder die Lieferketten haben. Ein ganzheitliches Risikomanagement basiert daher heute auf deutlich komplexeren Modellen als früher.

Modelle für Risikomanagement sind heute komplexer als früher. Grafik: Board

Gibt es typische Fehler, die beim Erstellen dieser Modelle passieren?

Ja, in der Praxis fallen Risiken, die sich schwer quantifizieren lassen, leider häufig komplett aus der Betrachtung heraus. Das kommt aus der klassischen Controlling-Denkweise – man versucht, das Risiko zu bepreisen. Wo das nicht gut geht, blendet man es eher aus. Ein Beispiel: Ich kann die Folgen steigender Rohstoffpreisen auf meine Marge recht gut herleiten. Aber wie quantifiziere ich ein Reputationsrisiko, das aus einem Social-Media-Shitstorm entsteht?

Risikofaktor Führungsmannschaft

Wie bekomme ich solche Risiken denn in ein aussagefähiges Modell?

Es ist wenig zielführend, viel Zeit in den Versuch zu investieren, ein solches Risiko ganz genau zu bepreisen. Für ein ganzheitliches Risikomanagement ist es allerdings immer besser, einen Näherungswert in ein Modell einfließen zu lassen oder eine Vielzahl an Szenarien mit unterschiedlichen Werten zu kalkulieren, als ein Risiko komplett herauszulassen. Wenn ich Zusammenhänge nicht quantifizieren kann, sollte ich zumindest festhalten, ob die Risiken positiv oder negativ korrelieren. Man kann auch mit Visualisierungen arbeiten, etwa mit Ampelsystemen, die von grün auf gelb oder rot springen, sobald ein Risiko steigt. Wenn man ein nicht-quantifizierbares Risiko für signifikant hält, sollte man zudem mögliche Gegenmaßnahmen vorbereiten. Dies können bei Reputationsrisiken etwa vorbeugende Schulungen oder klare Richtlinien für die Krisenkommunikation sein.

Gibt es neben den schwer quantifzierbaren Themen und Zusammenhängen noch weitere Aspekte, die beim Risikomanagement gern vernachlässigt werden?

Ein häufig vernachlässigtes Risiko ist tatsächlich die Führungsmannschaft im Unternehmen selbst. Natürlich definiert sich niemand gerne selbst als Risiko, aber das Verhalten der Geschäftsführung und ihre Kompetenz haben nun einmal einen nachhaltigen Einfluss auf das Geschäft. Der CFO und seine Vorstandskollegen sollten ihr Handeln daher immer auch selbstkritisch hinterfragen.

„Niemand definiert sich gerne selbst als Risiko, aber das Verhalten der Geschäftsführung hat Einfluss auf das Geschäft.“

Björn Maaß, Board

Ebenfalls nicht zu vernachlässigen sind Interessenskonflikte zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführung – etwa wenn eine der Parteien auf langfristiges Wachstum setzt, die andere auf kurzfristige Umsatzmaximierung. Grundsätzlich gilt, dass eine solide strategische und finanzielle Planung zum aktiven Risikomanagement beiträgt: Belastbare Liquiditätsreserven, eine hohe Eigenkapitalquote und ein anpassungsfähiges Geschäftsmodell sind der beste Schutz gegen nicht vorhersehbare Risiken.