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Welche Trends die Corporate-Finance-Zukunft bestimmen

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Das erste Future FINANCE Festival war ein Erfolg: Tolle Speaker und Gäste, eine moderne Location und spannende Insights zu Quantencomputing, Digitalisierung und weiteren aktuellen Themen. Fotos: F.A.Z. Business Media GmbH/R. Eckel
Das erste Future FINANCE Festival war ein Erfolg: Tolle Speaker und Gäste, eine moderne Location und spannende Insights zu Quantencomputing, Digitalisierung und weiteren aktuellen Themen. Fotos: F.A.Z. Business Media GmbH/R. Eckel

„Quantencomputing ist die disruptivste Technologie des Jahrhunderts“: Mit diesen Satz eröffnete Markus Pflitsch, Quantenphysiker und Gründer seines Unternehmens Terra Quantum, das allererste Future FINANCE Festival, das FINANCE gemeinsam mit der ING veranstaltet hat. Das Event, das sich an Young Professionals aus der Finanzabteilung richtet, fand am vergangenen Mittwoch in Düsseldorf statt und zog zahlreiche interessierte aufstrebende Finanzmitarbeiter aus Konzernen und mittelständischen Unternehmen an.

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Quantencomputing bietet Finanzern viele Chancen

In seiner Keynote empfahl Pflitsch den Teilnehmern, die Entwicklung im Bereich Quantencomputing dringend im Blick zu behalten. Denn die Technologie ermöglicht es – stark vereinfacht gesagt – extrem große Datenmengen mit einer Geschwindigkeit und Präzision zu bearbeiten, wie es bislang mit klassischen High-Performance-Computern nicht möglich ist.

Eine Herausforderung gibt es aber: Zurzeit hinkt die Hardware dem Fortschritt von Quantencomputing-Software hinterher. Die Technologie lasse sich aber trotzdem schon in hybrider Weise nutzen. Unternehmen wie Volkswagen, Uniper, Thales oder auch Evonik verwenden Quantencomputing bereits in unterschiedlichen Bereichen. Im Finanzbereich sieht Pflitsch Anwendungsmöglichkeiten bei der Asset Allocation, im Fremdwährungs- sowie im Risikomanagement.

Um weitere Fortschritte in der Quantenforschung zu machen, wird allerdings dringend Personal gebraucht. „Quantenexperten werden zum Teil weltweit rekrutiert, weil es so wenige von ihnen gibt“, berichtete Pflitsch.

Wie Young Professionals ihre Stärken erkennen

Recruiting war auch das Thema der anschließenden Diskussionsrunde. Lukas Linnig, Mitgründer und Co-CEO von Akribion Genomics, sowie Paul Taaffe, Gründer und Inhaber von FINANCE People Solutions, sprachen darüber, welche Skills Finanzer heutzutage mitbringen müssen – und wie sich Unternehmen positionieren sollten, um die Young Professionals für sich zu begeistern.

Schnell entfachte eine Debatte um starre Hierarchien, „Red Flags“ bei Bewerbungsgesprächen und den korrekten Umgang mit der Generation Z. Einigkeit gab es am Ende beim Thema Unternehmenskultur: Wenn diese nicht zum Mitarbeiter passt und umgekehrt, sollte man sich vielleicht nach einem anderen Kandidaten oder Unternehmen umsehen. Noch wichtiger als die richtigen Skills ist die (Arbeits-)einstellung des potentiellen Mitarbeiters – und ob er oder sie ins Team passt.

Dann müssen aber auch die geforderten Fähigkeiten entsprechend gefördert werden. Aber wie findet man überhaupt heraus, wo die eigenen Stärken liegen? Dazu gab es ein Mini-Coaching von Jens Alsleben, Business Coach und Gründer seiner Beratung „Stark im Sturm“. Seine Überzeugung: Stärkenorientiertes Führen ist der Schlüssel zum Erfolg. Nur wer seine Mitarbeiter – egal ob jung oder alt – richtig fördert und fordert, holt das Beste aus seinem Team heraus.

Das Future FINANCE Festival endete mit einem tollen Abend auf der Dachterrasse der Design Offices in Düsseldorf. Foto: F.A.Z. Business Media GmbH/R. Eckel

So digitalisiert Siemens Healthineers das Treasury

Parallel berichtete Milan Kalajdzic, Head of Trade Finance bei Siemens Healthineers, von Digitalisierungs- und Automatisierungsprojekten bei den Erlangenern. So hat das Unternehmen unter anderem eine End-to-End-Lösung im Trade-Finance-Bereich entwickelt, mit der Bankgarantien mit der Global Trade Cooperation GTC digital angefordert und abgewickelt werden können, und arbeitet mit Machine Learning für Liquiditäts-Forecasts. Für dieses Projekt wurde die Treasury-Abteilung im vergangenen Jahr mit dem Award „Treasury des Jahres“ ausgezeichnet.

Darüber hinaus nutzt Siemens Healthineers „Robotic Process Automation“, kurz RPA, im Treasury. Mit dieser Technologie können einfache, repetitive Aufgaben – wie etwa die regelmäßige Prüfung, ob einzelne Banken auf einer Sanktionsliste stehen – von einem Roboter erledigt werden. Zurzeit hat Siemens Healthineers fünf dieser Roboter im Einsatz. Im Anschluss diskutierten die Session-Teilnehmer, wo die Herausforderung bei der Implementierung von digitalen Tools und automatisierten Prozessen liegen. Dies wurde im „One-Two-Four-All“-Format, diskutiert: Erst jeder für sich, dann mit einem Gesprächspartner, danach zu viert und zum Schluss in der großen Runde.

ING präsentiert Studie Future Banking Skills

Vor großen Veränderungen steht hingegen das Firmenkundengeschäft der Banken, denn Unternehmen verlangen nach einer immer individuelleren Beratung. Welche Skills und Kompetenzen dafür künftig relevant sind, darüber gibt die neue Studie „Future Banking Skills“ von FINANCE, ING und F.A.Z. Business Media | research Aufschluss. Die ausführlichen Studienergebnisse sowie die Studie zum Download finden Sie hier.

Ein Kernergebnis: Während die Bankberater glauben, Kommunikationsfähigkeit ist einer der wichtigsten Skills für Banker, spielt diese Kompetenz für Corporates nur eine untergeordnete Rolle. Unternehmensentscheider fordern den Studienergebnissen zufolge vor allem Verständnis für die Unternehmensziele.

Sebastian Janus (Nugrow), Thomas Lischka, Sascha Malsy (beide ING) und Jaqueline Preusser (F.A.Z. Business Media | research, von links) diskutierten über „Future Banking Skills“. Foto: F.A.Z. Business Media GmbH/R. Eckel

Banker setzen auf Kommunikation, CFOs wollen Inhalt

Diese Ansicht teilte auch Panel-Teilnehmer Sebastian Janus, CEO und Gründer von Nugrow sowie Interims-CFO für Start-ups: „Wenn Start-ups zum Beispiel einen Kredit brauchen, um Marketing-Maßnahmen zu finanzieren, erwarten diese Verständnis von der Bank.“ Oftmals kämen aber noch (zu) kritische Fragen hinsichtlich der Sinnhaftigkeit von Marketing-Ausgaben angesichts des Reifegrads des Unternehmens.

Sascha Malsy, Head of Strategic Products bei der ING Deutschland, versteht, dass für CFOs am Ende das Ergebnis zählt, und nicht (nur) die kommunikativen Skills. Sein Kollege Thomas Lischka, Analyst im Bereich Capital Structuring & Advisory, ergänzte: „Kommunikationsfähigkeiten gewinnen in schwierigen Zeiten aber wieder an Relevanz. Dann wird auch der persönliche Austausch zwischen Bank und Unternehmen wichtiger.“

Audi und Bosch über digitale Trends in Fishbowl

Innovative Diskussionsformate durften beim Future FINANCE Festivals nicht fehlen. In einer Fishbowl diskutierten Kristin Meisch, Expert Coordinator Risk Management bei Skoda Auto, und Wayne Kern, Vice President Commercial Responsibility bei Bosch, gemeinsam mit Event-Teilnehmern über digitale Trends sowie Hypes in der Finanzabteilung.

Das Fishbowl-Format lud alle Teilnehmer zum Mitdiskutieren ein. Foto: F.A.Z. Business Media GmbH/R. Eckel

Meisch, zurzeit als Expat für Audi bei Skoda, hat an dem E-Payment-Projekt Audipay mitgearbeitet. Dafür hat der Autohersteller den Preis „Treasury des Jahres“ im Jahr 2021 abgeräumt. Kern war Teil des Teams bei Bosch, das eine Brennstoffzellenanlage entwickelt hat, die künftig nur auf Wasserstoff basieren soll. Diese Anlage sollen Unternehmen über Pay per Use nutzen können. Die Fishbowl-Teilnehmer waren sich einig, dass digitale Initiativen wie von Audi und Bosch kein Hype sind. Finanzmitarbeiter müssten daher immer öfter aus ihrem reinen Finanzdenken herauskommen.

Allerdings stellt sich dann die nicht einfach zu beantwortende Frage, wer den Lead bei solchen Projekten übernimmt: Das Treasury, die IT-Abteilung – oder doch ein ganz anderer Bereich? Die Diskutanten waren sich einig, dass letztlich aber der unternehmerische Erfolg im Vordergrund stehen sollte und nicht persönliche Befindlichkeiten einzelner Abteilungen.

Das bringt ChatGPT der Finanzabteilung

Zum Abschluss präsentierte Hamidreza Hosseini, Gründer und CEO von Ecodynamics in einer Live-Demo Einsatzmöglichkeiten von ChatGPT im Finanzbereich. Dem Experten zufolge lassen sich mit dem Tool Cashflow- und Bilanzanalysen erstellen, auch eine Restrukturierung inklusive einer Abspaltung habe er mit ChatGPT schon durchgespielt. Kürzlich hat der Chatbot sogar das Wirtschaftsprüferexamen bestanden. Hosseinis Tipp: Plug-ins wie Noteable einsetzen. Und: „Wenn man keine Ahnung von einer Domäne hat, kann es gefährlich werden, sich auf ChatGPT zu verlassen. Bleibt lieber auf eurem eigenen Terrain.“

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.