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US-Wahlen: CFOs droht das Worst-Case-Szenario

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Donald Trump oder Joe Biden: Wer wird der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika?
chrisdorney/stock.adobe.com

Es wäre der Alptraum vieler deutscher CFOs: Donald Trump wird als Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wiedergewählt und im Amt bestätigt. Das endgültige Wahlergebnis steht zwar noch nicht fest, denn die Corona-bedingt hohe Briefwahlbeteiligung verzögert die finale Bekanntgabe. Vielerorts werden noch Stimmen gezählt.

Doch schon jetzt ist klar, dass es einen Durchmarsch der von Joe Biden angeführten Demokraten nicht geben wird. Das Szenario einer sogenannten „blauen Welle“ ist nicht eingetreten, stattdessen gibt es ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Trump und Biden, das möglicherweise gar zu einer juristischen Auseinandersetzung werden könnte.

Donald Trump hat sich selbst nämlich bereits zum Sieger der US-Wahlen erklärt und angekündigt, vor das oberste US-Gericht ziehen zu wollen, um eine weitere Auszählung der Briefwahlstimmen zu stoppen. Dabei müsste er noch gar nicht zu solch drastischen Tönen greifen, denn seine Chancen, den Überraschungs-Coup von 2016 zu wiederholen, stehen nicht schlecht.

Deutsche CFOs wollen Trump nicht

Damit wird ein Wahlergebnis immer wahrscheinlicher, das die meisten CFOs hierzulande ablehnen. In einer anonymen FINANCE-Umfrage unter 80 Finanzchefs im Vorfeld der Wahlen hofften rund 94 Prozent auf einen Machtwechsel in den USA und Joe Biden als Sieger. Für Trump stimmte lediglich ein CFO, den übrigen war der Ausgang der US-Wahlen egal.

Die Finanzchef hoffen, dass eine Machtübernahme Bidens nach Jahren globaler Handelskonflikte und Strafzöllen wieder mehr Perspektiven für den internationalen Handel eröffnen könnten. Deutsche CFOs empfinden Biden zudem in seinen Aktionen vorhersehbarer und damit verlässlicher und stabiler. Finanzchefs geht es dabei vor allem um eines: mehr Planungssicherheit für international tätige Unternehmen. 

Der bisherige Zwischenstand der US-Wahl ist für CFOs so ziemlich das schlechteste aller möglichen Szenarien – vor allem wenn das Ergebnis lange auf sich warten lässt –, denn der aktuelle Stand bedeutet vor allem eines: Unsicherheit. Diese macht sich auch direkt in den Finanzmärkten bemerkbar. 

Finanzmärkte haben „blaue Welle“ erwartet

Diese hatten den Analysten von Berenberg zufolge über die vergangenen zwei Monate in vielen Bereichen einen Biden-Sieg oder gar eine blaue Welle zumindest teilweise eingepreist. Zu sehen sei dies an den höheren Nasdaq-Notierungen und einem stärkeren US-Dollar. Sollte Trump wirklich Präsident bleiben, dürfte die Handelsunsicherheit wieder zunehmen, weshalb US-Aktien entsprechend nachgefragt blieben, schreibt Berenberg.

Auch die Analysten der UBS sind der Meinung, dass sich die Märkte verstärkt auf eine blaue Welle samt den entsprechenden Konsequenzen für die Fiskal- und Handelspolitik eingestellt hätten. Der aktuelle Wahlzwischenstand stelle einen klaren Sieg der Demokraten infrage und belaste darum den Dax zum Börsenauftakt. Dieser war mit rund 12.000 Punkten im Laufe des Vormittags leicht im Minus. Der Leitindex kletterte dann allerdings wieder leicht nach oben – ein Signal dafür, dass sich die Märkte auch auf die nun herrschende Unsicherheit eingestellt haben. 

Nasdaq würde von Trump profitieren

Auch die asiatischen Börsen scheinen auf Turbulenzen eingestellt und trotzen den Unsicherheiten: Der CSI-300-Index, der die 300 wichtigsten Aktien an den chinesischen Festlandsbörsen enthält, stieg um 0,76 Prozent auf 4.813,66 Punkte an. Der Hang-Seng-Index der Sonderverwaltungszone Hongkong drehte aber ins Minus und verlor zuletzt 0,48 Prozent auf 24.819 Punkte. In Tokio, wo am Dienstag feiertagsbedingt kein Handel stattgefunden hatte, schloss der Nikkei 225 mit einem Plus von 1,72 Prozent bei 23.695 Punkten.

Die US-amerikanische Technologiebörse Nasdaq legte dagegen um knapp 2 Prozent auf rund 11.279 Punkte zu. Technologiekonzerne könnten von einer zweiten Amtszeit Trumps eher profitieren, da die Demokraten die Branche in Anhörungen kritisiert hatten und weil höhere Unternehmenssteuern die Unternehmen belasten dürften. Donald Trump verspricht dagegen Steuersenkungen und Fachleute gehen davon aus, dass Trump die Märkte weiter deregulieren würde. 

Langfristfolgen der US-Wahl

Der Konsens der bisherigen Analystenstimmen ist, dass mit einer höheren Volatilität an den Finanzmärkten zu rechnen ist – je länger sich die Entscheidung hinzieht, desto mehr Volatilität. Sollte Trump erneut ein Sieg gelingen, hätten dies aber auch langfristige Folgen für die Finanzmärkte.

Mit Biden als Präsident war vor allem die Hoffnung auf ein neues und großes US-Konjunkturpaket verbunden, aber auch höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung mit Blick auf seine geplante grüne Energiewenden, das Gesundheitssystem und die Infrastruktur. 

Trump würde sich dagegen vermutlich vor allem auf die Außen- und Handelspolitik konzentrieren. Hier besteht für deutsche Unternehmen die Gefahr neuer handelspolitischer Auseinandersetzungen zwischen Europa und den USA, was vor allem exportorientierte Industrieunternehmen belasten würde.

philipp.habdank[at]finance-magazin.de