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Was der EZB-Entscheid für CFOs bedeutet

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Senkung des Einlagenzinssatzes, Staffelzins und eine Neuauflage des Wertpapierkaufprogramms: Welche Konsequenzen haben die Entscheidungen für das Verhältnis zwischen Bank und CFO?
Witschko/iStock/Thinkstock/Getty Images

Im Euro-Raum rücken positive Zinsen in weite Ferne, die Geldpolitik der Europäische Zentralbank wird wieder expansiver: Die Notenbank senkte in ihrer gestrigen Sitzung den bereits bei minus 0,4 Prozent taxierten Einlagenzins um weitere 10 Basispunkte auf minus 0,5 Prozent.

Gleichzeitig kommen die Währungshüter den Banken mit der Einführung der lange diskutierten Staffelung dieses Zinses entgegen: Mit Wirkung zum 30. Oktober erhalten die Banken einen Freibetrag ihrer übernächtigen Bankeinlagen in Höhe des Sechsfachen ihrer Mindestreserve, also des Betrages, den sie regulatorisch bei der EZB einlagern müssen. Die EZB lässt sich hier aber eine Hintertür offen: Der Faktor ist flexibel gestaltet und kann laufend angepasst werden.

EZB legt Asset Purchase Programme neu auf

Flankiert werden diese Maßnahmen mit dem Neustart ihres Wertpapierkaufprogramms (APP) zum 1. November. Ab diesem Datum wird die EZB wieder monatlich neue Anleihen im Wert von 20 Milliarden Euro erwerben. Zum Vergleich: In der Hochphase des Ankaufsprogramms beliefen sich die monatlichen Neukäufe auf 60 Milliarden.

Die EZB hatte ihr gewaltiges Ankaufprogramm von Staats- und Unternehmensanleihen im vergangenen Dezember vorerst auslaufen lassen. Seit Januar pumpte die EZB kein frisches Geld mehr in den Bondmarkt, die Notenbanken ersetzen allerdings auslaufende Wertpapiere durch neue.

Im Zuge des nun reaktivierten Netto-Ankaufprogramms führt die Bank auch die Möglichkeit ein, auch Corporate Bonds, Asset-backed Securities und Covered Bonds mit Renditen unterhalb ihres Einlagenzinsen zu erwerben. Für Staatsanleihen ist diese Praxis seit Januar 2017 bereits erlaubt. Das Programm soll „so lange wie nötig“ laufen.

Mehr Corporate Bonds mit negativer Rendite?

Die Anpassung des neu gestarteten Anleihekaufprogramms zeigt, dass die Entwicklungen am europäischen Anleihemarkt nicht an der Zentralbank vorbei gegangen sind. Viele Unternehmensanleihen weisen inzwischen negativen Renditen auf. Das zeigte sich zuletzt auch bei einigen Neuemissionen in Deutschland. Einigen Unternehmen gelang es, Bonds mit negativer Rendite zu platzieren – wenn auch nicht unterhalb des neuen EZB-Einlagenzinses von minus 0,5 Prozent.

Erst kürzlich hatte Siemens-CFO Ralf Thomas Grund zu feiern: Die Münchenern mussten für eine zwei- und eine fünfjährige Anleihetranche über insgesamt 1,5 Milliarden Euro keine Zinsen bezahlen. Die Investoren akzeptierten negativen Renditen von minus 0,315 und 0,207 Prozent. Auch dem Energiekonzern E.on gelang es mitten in der Sommerpause einen fünfjährigen Green Bond mit einer negativen Rendite von minus 0,149 Prozent zu platzieren.

Dass die EZB nun wieder neues Geld in die Bondmärkte pumpt, könnte dazu führen, dass sich diese exzellenten Finanzierungskonditionen eine Weile konservieren. Allerdings hatten einige Beobachter im Vorfeld der Entscheidung auch auf eine stärkere Ausweitung des Kaufprogramms spekuliert.

Zuletzt hatte es 2016 ein ähnlich gutes Umfeld für Anleiheemissionen gegeben – damals profitierten unter anderem die Deutsche Bahn und der Konsumgüterhersteller Henkel vom Anlagenotstand der Investoren.

Wie groß ist die Entlastung durch den Staffelzins?

Während CFOs mit Finanzierungsbedarf von der EZB-Entscheidung profitieren könnten – zumindest solche, deren Unternehmen sich über den Anleihemarkt finanzieren ist noch unklar, wie sich die neue Situation für Firmen mit Anlagebedarf auswirken wird.

Einerseits erhöht der negative Einlagesatz den Druck auf die Banken, Strafzinsen an ihre Kunden weiterzureichen. Entlastend wird sich jedoch die Staffelung auswirken. Experten rechnen für die deutschen Banken mit einem leicht positiven Nettoeffekt. Sie könnten rund 900 Millionen Euro pro Jahr einsparen, rechnet das Fachportal Finanz-szene.de vor. Der Bundesverband der Banken sprach auf Nachfrage der Nachrichtenagenturen Bloomberg und Reuters von Einsparungen von rund 520 Millionen Euro pro Jahr.

Damit dürfte der Druck auf die Banken wachsen, diese Entlastung an ihre Firmenkunden weiterzugeben. In den vergangenen Jahren hatten sich einige liquiditätsstarke Firmen damit arrangiert, in gewissem Umfang Strafzinsen zu zahlen. Die zu Beginn noch verfolgte Strategie des Umschichtens zwischen den Banken sei zuletzt an seine Grenzen gekommen, ist von Treasurer zu hören.

Zähe Verhandlungen zwischen Banken und CFOs

Dabei hatte sich folgende Praxis eingebürgert: Die Geldhäuser errechneten dabei für ihre Kunden einen Freibetrag und ließen sich den Rest bezahlen. Die Höhe des Freibetrags hängt dabei vom Umfang des restlichen Geschäfts ab, den das Unternehmen mit der Bank betreibt – und natürlich von der Verhandlungsmacht des jeweiligen Kunden.

Damit wird sich nun die Frage stellen, wie viel von der Entlastung durch den Staffelzins die Banken an ihre Kunden weitergeben werden. Zuletzt war von Transaktionsbanker hinter vorgehaltener Hand ein gewisser Unmut zu hören: Es könne nicht sein, dass Unternehmen Schulden mit negativer Rendite aufnehmen und gleichzeitig von ihren Banken forderten, Cash strafzinsenfrei bei ihnen zu parken. Die jetzige Entscheidung der EZB dürfte die Verhandlungen zwischen Unternehmen und Banken weiter verschärfen.

dominik.ploner[at]finance-magazin.de