Der skandalgeschüttelte Möbelkonzern Steinhoff hat einen wichtigen Schritt für die Sanierung seiner US-Tochter angestoßen: Mattress Firm hat ein dringend notwendiges Sanierungsverfahren eingeleitet. Das Unternehmen hat freiwillig ein sogenanntes Chapter-11-Verfahren angestoßen. Dass es dazu kommen würde, hatten Beobachter schon vermutet, wie FINANCE in seiner aktuellen Printausgabe berichtete.
Während eines solchen Verfahrens kann das Unternehmen nach amerikanischem Insolvenzrecht seine Sanierung vorantreiben und erhält dazu einen zeitlich befristeten Gläubigerschutz. Der amerikanische Matratzenhändler schreibt schon seit langem rote Zahlen und muss restrukturiert und refinanziert werden. Insbesondere die Krise der Mutter Steinhoff – das deutsch-südafrikanische Unternehmen kämpft seit Dezember 2017 mit den verheerenden Folgenden eines Bilanzskandals – setzte Mattress Firm zu.
Steinhoff hat sich mit Mattress Firm spektakulär verhoben
Steinhoff hatte Mattress Firm vor zwei Jahren im Zuge seiner aggressiven Expansionsstrategie für 3,8 Milliarden Dollar gekauft – komplett überteuert, wie schon seit einiger Zeit klar ist. Auch um die eigene Restrukturierung voranzutreiben, muss Steinhoff das Problemkind sanieren, wie das Unternehmen in einer Präsentation an die Gläubiger vom September betonte.
Mattress Firm, zu der rund 3.300 Geschäfte gehören, sei zu stark expandiert, habe ein ineffektives Marketing und sei in Konflikte mit Lieferanten verwickelt, lautet die niederschmetternde Analyse von Steinhoff gut zwei Jahre nach dem Kauf. Das Management prüfe Möglichkeiten, um Mattress Firm zusätzliche Liquidität zuzuführen.
Matress Firm wird refinanziert
Diese soll die US-Firma nun im Rahmen des Chapter-11-Verfahrens erhalten. Zunächst erhält Mattress Firm ein Massedarlehen („DIP Financing“) über 250 Millionen Dollar mit einer Laufzeit von drei Monaten. Zudem bekommt das Unternehmen von Gläubigern der Steinhoff Europe AG einen Asset-Based-Loan von 125 Millionen Dollar sowie einen 400-Millionen-Dollar-Kredit mit einer Laufzeit von vier Jahren („Exit Term Loan“).
Mit dem Geld soll unter anderem das Massedarlehen und ein Kredit von Steinhoff zurückgezahlt werden sowie Standortschließungen finanziert werden. Insgesamt sollen in den kommenden Tagen etwa 200 Geschäfte geschlossen werden. Weitere Schließungen könnten in den folgenden Wochen kommen. Zudem fließen der Firma noch 150 Millionen Dollar über einen Payment-in-Kind-Kredit zu, der nach fünf Jahren zurückgezahlt werden muss.
In diesem Zuge gibt Steinhoff aber mit 49,9 Prozent fast die Hälfte der Anteile an Mattress Firm entgeltlos an die Gläubiger ab. Auch das zeigt das ganze Ausmaß des teuren US-Abenteuers von Steinhoff. Immerhin besteht die Hoffnung, dass der verbleibende 50,1-prozentige Anteil an Mattress Firm bei einer erfolgreichen Restrukturierung wieder an Wert gewinnt.
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Steinhoff musste Kika/Leiner verkaufen
Auch die österreichische Kika/Leiner war einst ein Problemkind von Steinhoff, eine Sanierung konnte Steinhoff aber nicht leisten und verkaufte das Unternehmen stattdessen an den Karstadt-Eigentümer René Benko, auch weil Steinhoff dringend frisches Geld brauchte.
Inzwischen hat sich die Lage bei Steinhoff aber etwas stabilisiert: Im Juli stimmten die Gläubiger nach monatelangen Verhandlungen zu, dem Konzern drei Jahre mehr Zeit für die Restrukturierung seiner Schulden zu geben.
Info
Der südafrikanisch-deutsche Möbelkonzern kämpft nach dem Bilanzskandal an verschiedenen Baustellen. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit der FINANCE-Themenseite zu Steinhoff.
Julia Schmitt ist Redaktionsleiterin von FINANCE-Online und Moderatorin bei FINANCE-TV. Nach ihrem Studium der Volkswirtschaftslehre und Publizistik an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz stieg sie 2014 bei F.A.Z. BUSINESS MEDIA ein. Sie betreut die Themenschwerpunkte Wirtschaftsprüfung und Bilanzierung und ist Trägerin des Karl Theodor Vogel Preises der Deutschen Fachpresse.