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Tom Tailor: Neue Finanzierung und neuer CFO

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Die Zukunft von Tom Tailor liegt nun auch in seiner Hand: Christian Wagner ist neuer CFO des Hamburger Modehauses.
Sabine Skiba/Tom Tailor

Nach nervenaufreibenden Monaten könnte nun endlich wieder etwas Ruhe bei Tom Tailor einkehren: Wie das Modehaus bekanntgab, hat mit seinen acht Konsortialbanken sowie dem Mehrheitsaktionär Fosun die vereinbarte neue Finanzierungsstruktur besiegelt. Um dieses neue Kreditpaket haben die Hamburger seit dem Frühjahr gerungen, als Covenantbrüche wegen der Vollabschreibung der Tochter Bonita den alten Kreditrahmen gesprengt hatten.

Tom Tailor erhält Kredit über 375 Millionen Euro

Kern des neuen Konsortialkreditvertrags, der bis zum 30. September 2022 läuft, ist eine neue Kreditlinie über 375 Millionen Euro. Sie setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen und enthält eine Kontokorrentlinie in Höhe von 145 Millionen Euro, eine Garantielinie über 160 Millionen Euro sowie ein nicht näher spezifiziertes Darlehen über 70 Millionen Euro. Zudem stellt Fosun ein Festdarlehen in Höhe von 28,5 Millionen Euro bereit, das drei Monate länger läuft als die Bankkredite.

Welchen Zwecken die einzelnen Elemente des Kreditvertrags dienen, wollte Tom Tailor auf FINANCE-Nachfrage nicht näher erläutern. Fest steht, dass der neue Kreditrahmen genauso groß ist wie der bisherige, den CFOThomas Dressendörfer erst im April vergangenen Jahres ausgehandelt hatte. Dieser belief sich auf rund 400 Millionen Euro.

Dabei ist Tom Tailor heute deutlich kleiner als damals, da im Zuge der Restrukturierung mehrere hundert Filialen von Tom Tailor und Bonita geschlossen worden sind. 2017 erwirtschaftete der Modekonzern noch Erlöse von 922 Millionen Euro, die 2018 auf 842 Millionen Euro zurückgingen. Im ersten Halbjahr dieses Jahres kam es zu einem weiteren Umsatzrückgang um 15 Millionen Euro. Hauptgrund dafür sind herbe Umsatzeinbußen bei Bonita.

Keine erneute Kapitalerhöhung bei Tom Tailor

Trotz der schwierigen Lage haben die Banken Stand heute offenbar keine weitere Eigenkapitalstärkung durchgesetzt. Einige Beobachter im Umfeld hatten wegen der angespannten Finanzlage und der schwer kalkulierbaren weiteren Entwicklung des Krisenfalls Bonita damit gerechnet, dass Fosun noch weitere Millionen in seine deutsche Beteiligung würde pumpen müssen. Die jüngste Kapitalerhöhung aus dem Februar war mit 8,6 Millionen Euro sehr klein.

Die Aktionäre nahmen dies zunächst mit Erleichterung auf: Im frühen Handel sprang der gebeutelte Aktienkurs von 1,60 auf 1,80 Euro, doch schon in der ersten Handelsstunde ging ein Großteil der Kursgewinne schon wieder verloren. Anfang 2018 hatte die Aktie noch bei fast 12 Euro gelegen.

CFO Thomas Dressendörfer verlässt Tom Tailor

Die Besiegelung der neuen Finanzierungsstruktur nimmt CFO Dressendörfer zum Anlass, um seinen Abschied zu nehmen. Er verlässt das Unternehmen schon heute. Dressendörfer kam 2016 zu Tom Tailor. Schon damals befand sich das Unternehmen in schwierigem Fahrwasser. Die ersten Sanierungsschritte, die Dressendörfer einleitete, griffen zunächst, ehe der Einbruch von Bonita den gesamten Konzern wieder zurück in den Krisenmodus schickte.

Wegen der prekären Finanzierungssituation verlängerte Dressendörfer im Juni seinen auslaufenden Vertrag noch einmal um neun Monate, um die damals sehr zäh laufenden Finanzierungsverhandlungen weiterzuführen. Nun zeigt sich das Unternehmen dankbar für seine Leistungen: Er habe „die wirtschaftlichen Eckpunkte für eine langfristige Finanzierung von Tom Tailor gesetzt und das Unternehmen unter zunehmend herausfordernden Rahmenbedingungen auf ein solides Fundament gestellt“, lobt ihn Aufsichtsratschefin und Fosun-Managerin Jenny Shao.

FINANCE-Köpfe

Thomas Dressendörfer, Tom Tailor Holding AG

Seine Karriere startet Dressendörfer 1984 in der Finanzabteilung des Automatisierungstechnikunternehmens Baumüller in Nürnberg. Vier Jahre später wechselt er in den Finanzbereich des Konsumgüterherstellers Procter & Gamble. Im Jahr 2000 geht Dressendörfer zu dem Analysehaus The Nielsen Company, wo er sieben Jahre tätig ist.

2007 wird Dressendörfer Finanzchef des Personaldienstleisters Randstad Deutschland. Im Jahr darauf wechselt er als CFO in die Schweiz zu Uster Technologies. Dort bleibt er auch, ab Ende 2011 aber bei einem anderen Arbeitgeber, dem Implantatehersteller Straumann, wo er 2012 den CFO-Posten übernimmt.

Im Juni 2015 gibt er bei Straumann das Amt ab und macht sich selbstständig als Berater für Unternehmen, die komplexe Geschäftsprojekte oder Turnarounds umsetzen müssen.

Mitte Juni 2016 übernimmt Dressendörfer, der während seiner beruflichen Tätigkeit auch Auslandsaufenthalte in Spanien, Belgien und Großbritannien absolviert hat, den CFO-Posten bei dem Bekleidungshersteller Tom Tailor. Ende Oktober verlässt Thomas Dressendörfer das Hamburger Modehaus, seine neue Station ist noch nicht bekannt.

zum Profil

Dressendörfers rechte Hand wird Tom-Tailor-CFO

Dressendörfer hinterlässt bei Tom Tailor aber keine Lücke, sein Nachfolger wird seine bisherige rechte Hand: Christian Werner, seit zwei Jahren Vice President Finance und nach FINANCE-Informationen selbst stark in die Refinanzierungsverhandlungen eingebunden, wird neuer Finanzchef. In die Finanzabteilung von Tom Tailor kam der 43-Jährige, der seine Karriere im Corporate Advisory der Deutschen Bank startete, schon im Jahr 2014 als Director Finance.

Mit neuer Finanzierung und neuer Führungsspitze – vor zwei Wochen wurde bekannt, dass Ex-S.Oliver-CEO Gernot Lenz die Nachfolge von Vorstandschef Heiko Schäfer antritt – sieht sich Tom Tailor für die Zukunft gerüstet: „Tom Tailor ist für die nächsten Jahre sehr gut aufgestellt und kann flexibel sowie wachstumsorientiert auf Marktchancen reagieren“, sagt Dressendörfer zum Abschied.

Der passionierte Segler dürfte nun erst einmal eine Auszeit vom Job nehmen. Ganz aus dem Geschäft ausscheiden wird er aber kaum – Dressendörfer sitzt auch noch im Aufsichtsrat weiterer Fosun-Beteiligungen in der Modebranche, allen voran bei dem österreichischen Strumpfhersteller Wolford. Dieser befindet sich in einer noch wesentlich schwierigeren Lage als Tom Tailor. Nach Finanzchefin Brigitte Kurz hat Wolford in dieser Woche auch noch Vorstandschef und Ex-CFO Axel Dreher verloren.

olivia.harder[at]finance-magazin.de

Info

Mehr über den scheidenden Tom-Tailor-CFO erfahren Sie auf dem FINANCE-Köpfe-Profil von Thomas Dressendörfer. Welche Herausforderungen das Hamburger Modehaus in der Vergangenheit meistern musste, können Sie auf unserer Themenseite zu Tom Tailor nachverfolgen.

Wie sich andere deutsche Modeunternehmen, wie etwa Gerry Weber, durch das aktuell schwierige Marktumfeld kämpfen, beleuchtet unsere FINANCE-Titelgeschichte, die Sie hier herunterladen können.

Olivia Harder ist Redakteurin bei FINANCE sowie Chefin vom Dienst bei FINANCE-Online und verfolgt schwerpunktmäßig die aktuellen Entwicklungen im Private-Equity- und M&A-Geschäft. Sie hat Philosophie, Politikwissenschaften, Soziologie und Geographie an der Justus-Liebig-Universität in Gießen studiert, wo sie auch einen Lehrauftrag innehatte. Vor FINANCE arbeitete Olivia Harder in den Redaktionen mehrerer Wochen- und Tageszeitungen, unter anderem beim Gießener Anzeiger.