Handelsplattform Contour verkündet Aus

Es ist ein weiterer Rückschlag für die Anwendung der Blockchain-Technologie in der Finanzierung: Die Handelsfinanzierungsplattform Contour wird Ende November ihren Betrieb einstellen. Das hatte Contour seinen Mitgliedern am vergangenen Freitag in einem Memo mitgeteilt. Demnach soll der Betrieb der Plattform bis zum 30. November weiterlaufen, was deren Nutzern noch einen kurzen Zeitraum verschafft, laufende Transaktionen abzuschließen und benötigte Daten herunterzuladen. Zuerst hatte das Branchenmagazin „Global Trade Review“ über das Aus der Plattform berichtet. Als Grund für das Ende nennt Contour, dass die am Netzwerk beteiligten Shareholder die Finanzierung nicht fortführen. Contour hatte zuletzt versucht, eine neue Finanzierungsrunde abzuschließen, die der Plattform weiteres Kapital für die kommenden zwei Jahre verschafft hätte. Daraus wurde jedoch nichts. Das schwierige Investitionsklima des vergangenen Jahres habe wie bei vielen anderen Unternehmen auch die Fähigkeit von Contour, Mittel zu beschaffen, beeinträchtigt, heißt es. Zu der Gruppe von Banken, die an der Plattform beteiligt sind, zählen die Bangkok Bank, BNP Paribas, Citi, CTBC, ING, SEB, SMBC, Standard Chartered und die britische HSBC. Letztere hatte als erste Bank im Dezember 2020 eine volle Mitgliedschaft abgeschlossen. Darüber hinaus sind als Nicht-Banken-Aktionäre R3, Bain & Company und CryptoBLK an Contour beteiligt. Alles zum Thema Blockchain In Banken, beim Management von Lieferketten und seit kurzem sogar bei der Begebung von Schuldscheinen oder Commercial Papers: Die Blockchain-Technologie dringt immer tiefer in die Finanzwelt ein – der aktuelle Stand der Dinge. Mehr lesen Contour war im Oktober 2020 gestartet Auf Basis der Blockchain-Technologie wollte Contour Banken und ihren Firmenkunden die digitale Ausstellung, Verwaltung und Bearbeitung von Akkreditiven ermöglichen. Das Ziel war, die Bearbeitungszeit des Letter of Credit (LC) drastisch zu verkürzen. So hatte Contour damit geworben, die Dauer für Transaktionen von den üblichen fünf bis zehn Tagen auf 24 Stunden zu reduzieren. Die Handelsfinanzierungsplattform hatte im Oktober 2020 ihren „kommerziellen Launch“ gefeiert und im Frühjahr 2021 ihren ersten internationalen Live-Deal für eine Stahllieferung von Indien in die Vereinigten Arabischen Emirate abgewickelt. Doch die geschäftlichen Anlaufschwierigkeiten konnte die Plattform offenbar bis zuletzt nicht überwinden. Potentielle Kunden blieben aus Zwar waren seit dem Start zahlreiche weitere Geldhäuser dem Netzwerk beigetreten, darunter auch die Commerzbank, die in diesem Sommer erstmals ein Blockchain-gestütztes Akkreditivgeschäft über die Plattform abgeschlossen hatte, oder zuletzt im August die japanische MUFG. Die Commerzbank hatte sogar im Juli gegenüber unserer Schwesterpublikation DerTreasurer berichtet, dass sie bereits mit deutschen Firmenkunden in Gesprächen sei, um Transaktionen über die Plattform abzuwickeln. Doch CFOs und Treasurer, die die Plattform als Kunden hätten nutzen sollen, blieben offenbar bis zuletzt zurückhaltend. So hatte Joshua Kroeker, Chief Product Officer von Contour, bereits im April des vergangenen Jahres im Gespräch mit FINANCE erläutert: „Das Interesse seitens der Unternehmen ist da, aber viele sind zurückhaltend ein Early Adopter zu sein, also vor ihrer Bank und ihren Gegenparteien beizutreten. Sie wollen noch abwarten, wie sich die Dinge entwickeln.“ Auch Herrmann Purr, Head of Global Trade and Receivable Finance bei HSBC Deutschland, hatte aus den Gesprächen mit seinen Kunden berichtet: „Die klassische Frage ist immer, wer ist auf der Plattform dabei.“ Durch die Reduzierung der Transaktionskosten, die mit der Automatisierung einhergeht, hatte man gehofft, mit Contour neben großen Konzernen auch die KMU-Welt einbinden zu können und das Netzwerk in Fahrt zu bringen. Dass dies nicht gelungen sei, bedauert man bei den Briten. „Uns ist bekannt, dass Contour im November bedauerlicherweise den Betrieb einstellen wird. HSBC wird ihre Kunden unterstützen, um sicherzustellen, dass die Geschäftskontinuität während dieser Zeit nicht beeinträchtigt wird“, teilte die Bank auf FINANCE-Anfrage mit. Mehr zum Thema Trade Finance: Was macht eigentlich Contour? Bei der Handelsfinanzierung ruht viel Hoffnung auf Blockchain-Plattformen wie Contour. Doch eineinhalb Jahre nach deren Start sind deutsche Firmenkunden noch zurückhaltend. Verfangen die Vorteile der Automatisierung nicht? Mehr lesen HSBC hält an Digitalisierung des Handelsgeschäfts fest An der Digitalisierung des Handelsgeschäfts will die Bank jedoch weiterhin festhalten und dazu auch künftig Partnerschaften mit Fintechs eingehen. So sei die Zukunft des Handels weiterhin digital und die Entwicklung schreite schnell voran. „In mehreren Ländern wurden digitale Industriestandards und Gesetze zur Anerkennung digitaler Aufzeichnungen geschaffen und verabschiedet. Damit ist sichergestellt, dass wir über die richtigen Grundlagen für die Branche verfügen, um Lösungen zu entwickeln, die Teile des Handelsökosystems digitalisieren und zu einer breiteren Akzeptanz und Sichtbarkeit führen werden“, teilte die Bank mit. Mit dem nun verkündeten Aus reiht sich Contour in die wachsende Liste von gescheiterten Handelsplattformen ein, denen es nicht gelungen ist, sich am Markt durchzusetzen. Das gleiche Schicksal hat zuvor bereits namhafte Projekte wie We.Trade oder Marco Polo ereilt.

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