Die Finanzierungsplattform Creditshelf rückt näher an den Breakeven. In einem für Finanzierungsplattformen immer noch schwierigen Umfeld haben die Frankfurter einen Meilenstein erreicht: Schon jetzt, Mitte September, übersteigt das in diesem Jahr neu arrangierte Kreditvolumen die Marke von 100 Millionen Euro.
So viel hat Creditshelf selbst auf Ganzjahressicht noch nie geschafft. Im gesamten Jahr 2020 erreichte das Neukreditvolumen 98,9 Millionen Euro. Gegenüber dieser Marke dürfte bei dem Frankfurter Fintech am Jahresende ein deutliches Plus zu Buche stehen, wie CEO Tim Thabe andeutet: „Wir sind sehr stolz, die magische Grenze von 100 Millionen Euro bereits jetzt erreicht zu haben, wo die starken Monate historisch gesehen noch vor uns liegen.“ Im vierten Quartal des vergangenen Jahres arrangierte Creditshelf Neukredite im Wert von 28,6 Millionen Euro.
Credishelf stellt Führungskräfte im Vertrieb ein
Die starken Zuwächse bei Creditshelf haben unterschiedliche Ursachen: Zum einen haben die Frankfurter mehrere Vertriebsallianzen mit Sparkassen und Volksbanken, aber auch mit der Commerzbank geschlossen. Diese Banken empfehlen Firmenkunden mit Finanzierungsbedarf an Creditshelf.
Zum zweiten hat sich die erst im Vorjahr ernsthaft begonnene Finanzierung von so genannten „Scale ups“ bei Creditshelf zu einer sehr dynamischen Säule entwickelt. Nach Aussage von Co-Vorstand Daniel Bartsch wächst bei dieser Kundengruppe – reiferen Start-ups mit Fremdkapitalkapazität – die Kreditnachfrage rasant.
Last but not least hat Creditshelf auch seinen eigenen Vertrieb gestärkt und eine Reihe von Firmenkundenbetreuern anderer Banken eingestellt, die für Neugeschäft sorgen sollen. Erst vor einigen Wochen beförderte die Onlineplattform Richard Heller zum Leiter Firmenkunden und Stefan Hnida zum Leiter Partnermanagement. Heller arbeitete früher bei der HVB, Hnida bei der Commerzbank.
Creditshelf liefert Investoren über 5 Prozent Rendite
Die heutige Meldung könnte für den Markt ein Zeichen sein, dass Creditshelf kurz davor steht, sich in der deutschen Mittelstandsfinanzierung fest zu etablieren. Dieser Umstand hätte auch Signalwirkung für weitere digitale Finanzierungsplattformen. Zu diesen gehört unter anderem auch die Stuttgarter FinMatch, die größere Einzeltickets als Creditshelf vergibt und auf ein noch höheres bisher arrangiertes Kreditvolumen kommt. Allein diese beiden Plattformen könnten im Lauf der nächsten Quartale aufaddiert die Grenze von 1 Milliarde Euro an arrangiertem Kreditvolumen überwinden.
Creditshelf hat nach eigenen Angaben seit der Unternehmensgründung im Jahr 2014 rund 500 Kredite vergeben, die im Durchschnitt eine Ticketgröße von rund 1 Millionen Euro haben und eine Mischung aus annuitätisch und endfällig zu tilgenden Darlehen vorweisen. Die historische jährliche Nettorendite der Investoren, die in diese Kredite investieren, liege zwischen 5 und 6 Prozent.
Anfang des Jahres konnte die Plattform die Amsterdam Trade Bank als Investor gewinnen. Die Holländer haben ihr Commitment bereits erhöht und planen nun, bis zu 60 Millionen Euro in von Creditshelf arrangierte Kredite zu pumpen. Auch der Asset-Management-Arm der BNP Paribas ist als Geldgeber auf der Plattform aktiv, außerdem der Privatinvestor und Creditshelf-Großaktionär Rolf Elgeti.
Creditshelf: Breakeven bei 250 Millionen Euro?
Nach Abschluss des zweiten Quartals hatte Creditshelf im Vorjahresvergleich einen Anstieg des neu arrangierten Kreditvolumens von 45,6 auf 71,8 Millionen Euro berichtet. Daraus machte das Fintech einen Umsatz von 3,4 nach 2,5 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Den operativen Verlust konnten die Frankfurter um rund die Hälfte reduzieren, das Ebit lag Ende Juni bei minus 1,5 Millionen Euro (Vorjahreszeitraum: minus 3 Millionen Euro).
Die Gesamtjahresprognose verspricht einen Umsatz zwischen 6 und 8 Millionen Euro. Den Ebit-Verlust erwartet das Management zwischen 3 bis 4 Millionen Euro, wobei CEO Thabe in einem Investoren-Call andeutete, dass der Verlust dank der positiven Geschäftsentwicklung wohl eher bei 3 als bei 4 Millionen Euro liegen dürfte.
Zum Börsengang im Sommer 2018 hatte die Creditshelf-Führung es für möglich gehalten, ab einem Neugeschäftsvolumen von 500 Millionen Euro im Jahr profitabel werden zu können. Doch weil sich das Geschäft weniger dynamisch entwickelt hat als damals erwartet, traten Thabe und Bartsch auf die Kostenbremse. Aktuell gehen Unternehmensbeobachter daher davon aus, dass Creditshelf schon ab 250 Millionen Euro Neukreditgeschäft pro Jahr den Breakeven schaffen könnte. Dies könnte 2023 der Fall sein.
sarah.backhaus[at]finance-magazin.de
Sarah Backhaus ist Redakteurin bei FINANCE und DerTreasurer. Backhaus ist spezialisiert auf die Themen Restrukturierung, Transformation, Zahlungsverkehr und Cash Management. Sie hat Journalismus an der Hochschule für Medien, Kommunikation und Wirtschaft in Köln studiert. Sarah Backhaus arbeitete während ihres Studiums unter anderem für Onlinemagazine von Gruner + Jahr und schrieb als freie Journalistin für die Handelszeitung, faz.net und Impulse.