Marco Bode: Vom Profi-Fußballer zum Investor

Das Zusammenspiel aus Fußball und Finanzinvestoren ist ein heftig umstrittenes Thema in Deutschland. Dennoch zieht der Sport immer wieder Geldgeber an. Nun versucht sich daran Ex-Fußball-Profi Marco Bode, der Europameister aus dem Jahr 1996. Der langjährige Werder-Bremen-Spieler ist Aufsichtsrat von One Touch Football, einer neu gegründeten Beteiligungsgesellschaft für Fußballvereine. Anschubkapital hat das börsennotierte Unternehmen bereits erhalten, nun sollen bis Ende 2023 insgesamt 100 Millionen Euro eingesammelt werden. Mit dem Kapital will das Unternehmen in verschiedene Vereine investieren. One Touch Football will in Clubs investieren Ex-Profi Bode ist nicht der Gründervater von One Touch Football. „Unser Vorstand Lars Hülsmann hatte die Idee, aber wir kamen zum Kernteam als Erstes dazu“, erklären Bode und Jan Lehmann, CFO von One Touch Football, im Gespräch mit FINANCE. Auch Lehmann ist mit dem Fußballmetier bestens vertraut, er war bis August 2022 Finanzchef des Fußballbundesligisten Mainz 05. Alles zum Thema Fußball-Finanzen Die Finanzen von Fußballvereinen sind ein eigenes kompliziertes Spielfeld, das kaum jemand versteht. FINANCE analysiert regelmäßig die Finanzkapriolen und -manöver diverser Klubs. Mehr lesen Doch warum dieser Schritt? Die Welt des europäischen Fußballs habe sich in den vergangenen Jahren verändert, beobachtet Bode. „Unserer Meinung nach ist es im europäischen Fußball unausweichlich, sich mit neuen Strukturen und Finanzierungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen“, sagt der Ex-Profi, der die Entwicklung als Aufsichtsrat bei Werder Bremen hautnah miterlebt hat. „Es ist im europäischen Fußball unausweichlich, sich mit neuen Strukturen und Finanzierungsmöglichkeiten auseinanderzusetzen.“ Marco Bode Bode und Lehmann sind überzeugt, dass viele Vereine hinter ihren Möglichkeiten bleiben. „Die finanziellen Möglichkeiten haben sich an der Spitze enorm weiterentwickelt, die unteren Ligen bleiben dahinter zurück“, erklärt Lehmann. „Vereine brauchen Kapital und Kompetenz, beides bringen wir mit.“ Die Clubs müssten sich für neue Möglichkeiten öffnen. „Überall auf der Welt werden Clubs an die Börse gebracht, während sich amerikanische und arabische Investoren zunehmend in den europäischen Topligen engagieren“, so Bode. Targets aus unteren Ligen One Touch Football will sich auch als Gegenmodell zu klassischen Finanzinvestoren oder Geldgebern aus dem Nahen Osten positionieren, der Ansatz soll partnerschaftlich und werteorientiert sein. Die Beteiligungsgesellschaft will nicht in die Topclubs investieren, sondern in kleinere Vereine mit Wachstumspotenzial. Seine Targets sucht die Investmentgesellschaft im DACH-Raum, in den Benelux-Staaten und den skandinavischen Ländern. In Deutschland sind die Zweite oder Dritte Bundesliga im Visier, außerhalb Deutschlands könnte es allerdings auch mal ein Erstligist sein. Jan Lehmann, CFO bei One Touch Football. Operativ plant die Beteiligungsgesellschaft, sich eher zurückhaltend zu verhalten. Ansetzen wollen Bode und Lehmann etwa beim Management, dem Kader, den Strukturen sowie Ausbildung und Scouting. Auch Datensysteme können eine Stellschraube sein. „Wir kommen aber nicht mit einem vorgefertigten Konzept, sondern wollen auch von den Clubs lernen“, so Bode. „Wir möchten eher punktuell Input geben, je nach individueller Ausgangssituation des Clubs.“ One Touch Football sucht Vereine Zunächst will One Touch Football in fünf bis sieben Clubs investieren. „Höchstwahrscheinlich wird es pro Land nicht mehr als ein Club sein, auch wegen der Regularien“, sagt der CFO. Denn mehrere Clubs in einer Liga darf ein Investor in der Regel nicht halten, da das zu Wettbewerbsverzerrung führen kann. Eine Begrenzung des Beteiligungsumfangs nach unten oder oben gebe es nicht, aber One Touch Football will keine bestehenden Investoren ablösen. „Der Grund hierfür ist, dass das Geld direkt in den Verein fließen soll“, erklärt Bode. Bei der angestrebten Rendite gibt sich Lehmann bedeckt, konkrete Zahlen wolle man nicht öffentlich nennen. Eine umfangreiche Analyse verschiedener Klubs sei bereits erstellt worden, erklärt CFO Lehmann. „Wir achten darauf, ob die Clubs unsere Kriterien zu Kapital und Struktur erfüllen.“ Zentral seien die Entwicklungsmöglichkeiten. „Es geht um zwei Punkte: das sportliche und das kommerzielle Potential“, so Lehmann. Bei letzterem käme es beispielsweise auf das Stadion, die Fanstruktur und die Markenstärke an. Info Marco Bode war von 1989 bis 2002 Profi-Spieler bei Werder Bremen. Zudem spielte er viele Jahre in der Nationalmannschaft und wurde 1996 Europameister. Später war er von 2014 bis 2021 Aufsichtsrat von Werder Bremen. Jan Lehmann war von 2018 bis 2022 Finanzvorstand bei Mainz 05. Zuvor hatte er verschiedene Managementpositionen inne, unter anderem bei Infront Sports & Media, der Deutschen Fußball Liga und Nielsen Sports. „Aber auch gemeinsame Werte sind uns wichtig“, betont Ex-Profi Bode nicht-finanzielle Aspekte. „Nur weil wir nun als Investoren auftreten, heißt das nicht, dass wir unsere Überzeugungen über Bord werfen. Ich stehe weiterhin für eine gerechtere Verteilung von Fernsehgeldern ein.“ Die Aufteilung der TV-Gelder ist seit langem ein Zankapfel zwischen den großen Clubs und den kleineren Vereinen. Die Beteiligungsgesellschaft verfolgt den „Multi Club Ownership“-Gedanken, erklärt Lehmann, es soll aber keine Hierarchie geben. Das bedeutet: Ein Verein im Portfolio ist nicht wichtiger als der andere. RB Leipzig hat etwa mehrere Schwestervereine, die die Ausbildungsaufgaben für die Sachsen teilweise übernehmen. „Wir wollen gleichberechtige Clubpartner und keine Pyramidenstruktur, bei der ein Verein an der Spitze steht“, sagt der CFO. „Wir wollen gleichberechtige Clubpartner und keine Pyramidenstruktur.“ Jan Lehmann Dahinter stehe auch der Portfoliogedanke, erklärt Lehmann. Ein verunglücktes Investment soll nicht alle anderen in den Abgrund reißen können. Gerade im Fußball kann Erfolg oder Misserfolg von einem Pfostenschuss oder einer umstrittenen Schiedsrichterentscheidung abhängen. „Uns ist klar, dass es nicht in jedem Fall gelingen wird, erfolgreich zu sein, entscheidend ist der Erfolg des Portfolios“, sagt Lehmann. „Aber anders als bei Start-ups ist eben auch nicht mit einem Totalverlust zu rechnen“, ergänzt Marco Bode. Denn ein Verein habe auch im Falle eines Abstiegs einen gewissen Wert. IPOs für Fußballvereine interessant? Wenn sich One Touch Football dann für einen Verein entschieden hat, sollen zwei Verträge aufgesetzt werden. „Zu dem Beteiligungsvertrag wollen wir einen Kooperationsvertrag mit klar abgesteckten Zielen unterzeichnen.“ Der Investor peilt eine Beteiligungsdauer von vier bis sechs Jahren an. „Es kann aber auch mal länger dauern“, so Bode. „Uns ist wichtig, dass wir vor Abschluss der Verträge konkret besprechen, wie eine Trennung erfolgen kann.“ Die Beteiligungsgesellschaft sieht hier einen Vorteil gegenüber Private Equity: „Wir sind flexibler.“ Bei der Exit-Strategie lassen sich Bode und One Touch Football aber gerne von PE-Investoren inspirieren. So seien IPOs neben einem klassischen Verkauf eine realistische Möglichkeit, so Bode. Ein Blick nach Dänemark zeige etwa, dass in dem skandinavischen Land bereits die Hälfte der Vereine in der ersten Liga an der Börse gelistet ist. Und dass, obwohl sie deutlich kleiner sind als die meisten Bundesligavereine. „Für mich spiegelt ein Börsengang sogar die DNA eines Vereins wider.“ Marco Bode „Für mich spiegelt ein Börsengang sogar die DNA eines Vereins wider“, sagt Marco Bode. „Da der entsprechende Club dadurch im Eigentum vieler Menschen ist.“ Auch Fans könnten so Anteile an ihren Vereinen erwerben.

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